Trotz steigender Arbeitslosigkeit: Tschechische Unternehmen suchen ausländische Kräfte

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Der Corona-Shutdown hat in Tschechien ein Problem verstärkt: Es fehlen die ausländischen Arbeitskräfte. Erst jetzt läuft das entsprechende Regierungsprogramm zur Anwerbung von Ausländern wieder an. Denn die Firmen hierzulande setzen weiterhin auf Beschäftigte vor allem aus der Ukraine.

FIA ProTeam  (Foto: Google Street View)

Die Firma FIA ProTeam stellt Malerzubehör her. Das mittelständische Unternehmen aus Pelhřimov / Pilgrams hat noch vor der Coronakrise ausländische Arbeitskräfte angeworben. Und zwar aus der Ukraine. Doch die konnten dann nicht alle kommen, weil die Grenzen dicht gemacht und die tschechischen Konsulate geschlossen wurden.

„Elf Leute blieben in der Ukraine, weil sie noch auf die Bearbeitung der letzten Dokumente gewartet haben. Manche hatten sogar bereits einen Termin für ihre Übersiedlung nach Tschechien. Jetzt läuft die Sache wieder an, aber bisher ist nur eine Arbeiterin hier angekommen“, so die Personalchefin von FIA ProTeam, Marika Nováková.

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Das Unternehmen hat Probleme, auf dem tschechischen Arbeitsmarkt ausreichend Fachkräfte zu finden. Deswegen beschäftigt es Ukrainerinnen und Ukrainer. Dazu nutzt es ein spezielles Programm der tschechischen Regierung. So vereinfacht sich die Bearbeitung der Arbeitspapiere. Und weiter erläuterte die Personalchefin in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Wir suchen nicht selbst nach den Leuten, sondern hören auf die Empfehlungen derer, die wir bereits angestellt haben. Das sind fleißige Menschen. Uns erstaunt dabei, dass sie teils einen Hochschulabschluss haben und bei uns trotzdem in niedrigeren Positionen arbeiten.“

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Auch in Tschechien ist wegen der Coronakrise die Konjunktur eingebrochen. Dennoch kann die hiesige Wirtschaft nicht auf die ausländischen Kräfte verzichten. Dies betonen die Unternehmerverbände. Die Handelskammer prüft, ob eine Firma in das Regierungsprogramm für die Arbeitsmigration aufgenommen wird. Miroslav Diro ist Sprecher der Kammer:

„Obwohl ein leichter Anstieg der Arbeitslosenzahlen erwartet wird, werden in vielen Branchen weiterhin bestimmte Fachkräfte und Arbeiter fehlen. Das betrifft zum Beispiel das Bauwesen. Ebenso wenig nimmt die Nachfrage ab nach Lagerarbeitern, Gabelstaplerfahrern und ähnlichen Beschäftigungsbereichen.“

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Auch Köche und Frisöre werden gesucht. Zunächst muss jedoch ausgeschlossen werden, dass sich eine entsprechende Kraft auf dem tschechischen Arbeitsmarkt findet.

„Wenn eine Firma einen ausländischen Arbeitnehmer anwerben oder anmelden will, muss sie die entsprechende Stelle zunächst beim Arbeitsamt als frei melden. Denn es haben diejenigen Bewerber Vorrang, die bereits als arbeitssuchend beim Amt registriert sind. Erst wenn sich nach einer gewissen Zeit niemand findet, kann ein Antrag für die Anwerbung einer ausländischen Arbeitskraft gestellt werden“, erläutert Miroslav Somol. Er ist Wirtschaftsanalyst beim Verband der kleinen und mittelständischen Unternehmen.

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Die Anträge werden dann von den tschechischen Konsulaten in jenen Staaten bearbeitet, die in das Regierungsprogramm eingebunden sind. Bei Arbeitern mit grundlegender fachlicher Qualifikation sind dies neben der Ukraine noch Serbien, Montenegro, Moldawien, Weißrussland, Kasachstan, die Mongolei, die Philippinen sowie Indien. Mitte März wurden jedoch wegen der Corona-Pandemie die tschechischen Auslandsvertretungen geschlossen. Und seit Mai haben sie erst in der Hälfte der genannten Länder wieder aufgemacht. Štěpánka Filipová ist Sprecherin des Ministeriums für Industrie und Handel:

„Das Programm für Arbeitsmigration läuft derzeit nur in jenen Ländern, in denen die epidemiologische Lage ein Aufenthaltsrecht in Tschechien zulässt. Dazu gehört etwa die Ukraine, die am meisten nachgefragt wird.“

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Des Weiteren sind dies alle genannten europäischen Länder außer Weißrussland. Aber auch die Mongolei gilt als vergleichsweise risikoarm. Und an den Arbeitern aus dem zentralasiatischen Land hätten vor allem Fleischfirmen großes Interesse, sagt Miroslav Diro. Denn viele Mongolen seien Hirten und würden sich daher mit der Fleischverarbeitung auskennen, so der Sprecher der Handelskammer.

In diesem Jahr hat die tschechische Regierung übrigens die Aufnahme von bis zu 47.000 ausländischen Arbeitskräften erlaubt. Allein 40.000 von ihnen könnten aus der Ukraine kommen. Bisher wurde die Quote jedoch nur zu etwa 20 Prozent ausgeschöpft.