Architektur, Musik und Spektakel: Das Barockfestival in Westböhmen
Der Sommer wird barock – zumindest rund um die Kulturhauptstadt Plzeň / Pilsen. Das Festival „9 Wochen Barock“ richtet sich an Musikliebhaber genauso wie an Kenner der Architektur. Kirchen, Schlösser und Klöster in Westböhmen werden zur Bühne. Bis Ende August stehen über einhundert Konzerte, Feste und Vorträge auf dem Programm.
„Wir präsentieren den westböhmischen Barock als europäische Kulturentdeckung. Die Denkmäler in dieser Gegend haben Weltrang. Doch sie sind ein wenig in Vergessenheit geraten, aus tschechischer Perspektive – von der europäischen gar nicht zu sprechen.“
Das Großprojekt „Kulturhauptstadt“ soll nun auch die Barocklandschaft rund um Pilsen wieder zum Leben erwecken. Jeweils eine Woche lang gastiert das Festival in neun Bezirken der Böhmerwaldregion – von Sušice / Schüttenhofen im Süden über Tachov / Tachau bis nach Manětín / Manetin im Norden.
„Wir haben 60 Orte ausgesucht, die man eigentlich gesehen haben sollte. Darunter sind zum Beispiel ganz einzigartige Barockkleinode des genialen Baumeisters Jan Blažej Santini-Aichl, vor allem das Kloster Kladruby, das Kloster Plasy und die Wallfahrtskirche Mariánská Týnice.“Auch die Familie Dientzenhofer hat in der Region ihre Spuren hinterlassen, neben vielen weniger berühmten Barockbaumeistern. Und das Festival rückt die Landschaft selbst ins Blickfeld, mitsamt ihrer Städte und Dörfer.
„Wir stellen auch bedeutende landschaftliche Elemente vor. Denn Böhmen war zur Zeit des Barocks nach dem Dreißigjährigen Krieg gewissermaßen ausgeplündert. Die Erneuerung, die der Barock mit sich brachte, hat das Gesicht der tschechischen Landschaft enorm geprägt. Daher ist unser Ziel, dieses Programm vor dieser Landschaft und in den Baudenkmälern zu verwirklichen.“
120 Veranstaltungen sind es nun insgesamt: Jahrmärkte, kunsthistorische Führungen, Straßentheater oder Workshops zur Parfümherstellung sind darunter. Doch auch Kenner der Alten Musik sollen auf ihre Kosten kommen. Zum Beispiel bei der Aufführung der Barock-Oper „Costanza e fortezza“ von Johann Joseph Fux.„Sie wurde bislang nur einmal aufgeführt, die Premiere war 1723 in Prag, während der Krönung von Karl VI. zum tschechischen König. Das ist auf jeden Fall ein Höhepunkt unseres Festivals. Die Vorstellung zeigen wir zweimal, und zwar in einem einzigartigen Raum, in der historischen Reithalle des General Windischgrätz in Světce bei Tachov. Das ist nur ein kleines Stück entfernt von der Grenze, und ich würde diese Aufführung den deutschen Zuschauern auf jeden Fall empfehlen.“
Zur Premiere der Vier-Stunden-Oper bringt das Ensemble „Florea Theatrum“ ihre eigene monumentale Bühne mit. Sie ist den Barockbühnen von Český Krumlov / Böhmisch Krummau oder dem schwedischen Schloss Drottningholm nachempfunden. Ein weiteres Highlight im Programm ist das Konzert der Sängerin und Geigerin Iva Bittová.„Sie hat momentan ein festes Engagement an der Metropolitan Opera in New York. Iva Bittová ist eine tschechische Künstlerin, die sich in verschiedenen Genres bewegt. Zu ihrem Konzert im Kloster Kladruby hat sie zwei Gäste eingeladen, nämlich den Schlagzeuger Hamid Drake und den Tänzer David Zambrano.“
Auf viele Gäste hofft auch „9 Wochen Barock“. Nach einer Reise durch neun Bezirke und 63 Orte geht das Festival am 30. August mit einer großen Feier samt Barockfeuerwerk in Sušice zu Ende.
Iva Bittová und die Gruppe Čikori singen und spielen am 2. August um 19 Uhr in der Klosterkirche Kladruby. Die Oper „Constanza e Fortezza“ wird am 31. Juli und 1. August um 19:30 in Světce bei Tachov aufgeführt. Das komplette Programm mit ausführlichen Informationen sowie Eintrittspreisen findet sich im Internet unter www.baroko2015.cz– auch in deutscher Sprache.