"Per aspera ad astra": Hohe Anerkennung für tschechische Astronomie

Vertrag über den ESO-Beitritt Tschechiens wurde am 22. Dezember 2006 unterzeichnet (Foto: CTK)

Im Hinblick auf ihre Größe oder die Einwohnerzahl ist die Tschechische Republik sicherlich kein Riese. Es gibt aber einige Bereiche, in denen man sie zu den Weltmächten zählen kann. Zum Beispiel in der Fachwelt der Wissenschaft, namentlich auf dem Gebiet der Astronomie und Astrophysik. Dass dem so ist, hat auch in der jüngsten Zeit in einem für Tschechien bedeutenden Ereignis seinen Ausdruck gefunden. Mehr erfahren Sie in der nun folgenden neuen Ausgabe der Sendereihe Forum Gesellschaft. Am Mikrophon ist Jitka Mladkova:

Vertrag über den ESO-Beitritt Tschechiens wurde am 22. Dezember 2006 unterzeichnet  (Foto: CTK)
"We warmly welcome the Czech Republic in ESO as the thirteenth member of ESO". So Catherine Cesarsky, Generaldirektorin von European Southern Observatory, kurz ESO. Mit diesen Worten begrüßte sie den Beitritt Tschechiens in das europäische Forschungsinstitut, das Teleskope in Süsamerika betreibt. Einen Vertrag über die Mitgliedschaft haben am 22. Dezember 2006 führende Vertreter der erwähnten Elitegesellschaft für Astronomie und der Tschechischen Akademie der Wissenschaften bzw. ihres Astronomischen Instituts in Prag unterzeichnet.

Die Europäische Südsternwarte, wie die wenig gebräuchliche Übersetzung ihres englischen Namens lautet, wurde 1962 von Frankreich, Deutschland, Belgien. den Niederlanden und Schweden gegründet. Später traten noch weitere Länder bei, um gemeinsam ein mit Spitzengeräten ausgestattetes Observatorium zu errichten und der bisherigen Dominanz der USA im Bereich der Astrophysik Stand zu halten. Der frühere Hauptsitz der Organisation wurde 1980 aus Genf nach Garching bei München verlegt. Als Standort des weltweit größten Observatoriums wurde aber eine weit entfernte Lokalität gewählt. Vor allem das Klima und hohe Luftreinheit galten als die Hauptgründe für seine Situierung auf dem Berg Cerro Paranal im nördlichen Teil Chiles. Der tschechische ESO-Beitritt muss zwar noch von beiden Parlamentskammern bewilligt werden, doch aufgrund des im Dezember unterzeichneten Vertrags ist es Wirklichkeit geworden, dass Tschechien als erstes Land des ehemaligen Ostblocks am 1. Januar dieses Jahres offiziell 13. Mitglied des astronomischen Prestigeklubs geworden ist. Warum hat es so lange, genau 44 Jahre, gedauert? Eine Frage an Professor Jan Palous:

Petr Heinzel  (Foto: Zdenek Valis)
"ESO existiert seit über 40 Jahren. Zum Zeitpunkt ihrer Gründung 1962 war es für unser Land bezüglich seiner allgemeinen Orientierung in die diametral unterschiedliche Richtung gegenüber jener der Begründerstaaten überhaupt nicht möglich. Auch wenn es damals in der Tat für uns am einfachsten gewesen wäre, so kam unser Beitritt leider aus politischen Gründen leider überhaupt nicht in Frage."

Außerdem kam noch ein anderer Grund hinzu, der die tschechische Mitgliedschaft hinauszögerte. Petr Heinzel, Direktor des Astronomischen Instituts in Prag erläutert:

"Die ESO-Eintrittskarte ist eine sehr teure Angelegenheit! Früher war eine Mitgliedschaft für uns auch in dieser Hinsicht absolut nicht möglich. Erst in den letzten Jahren haben wir uns, das heißt die Tschechische Republik, intensiv dafür einsetzen können. Neben unserem Institut waren es auch andere wissenschaftliche Arbeitsstätten hierzulande, die sich unter der Schirmherrschaft des Nationalen Astronomischen Komitees mit Prof. Palous an der Spitze mithilfe von Experten aus verschiedenen Instituten des ganzen Landes darum verdient gemacht haben."

Erforderlich waren auch Verhandlungen auf Regierungsebene. Nun stehen die tschechischen Astronomen aber bereits vor einem neuen Gebot der Stunde, meint Heinzel:

"Wir müssen unter Beweis stellen, dass wir Partner sind, die für diese Organisation einen Beitrag leisten."

Jan Palous  (Foto: Zdenek Valis)
An Betätigungsfeldern mangelt es offenbar nicht, wie der Direktor des Prager astronomischen Instituts im gleichen Atemzug beteuert:

"Uns im astronomischen Institut interessiert eine ganze Reihe von Fachbereichen, von angefangen der Erkundung der Galaxien, über "schwarze Löcher", Kerne der Galaxien und Sternen bis hin zu Planetensystemen. In diesen und anderen Gebieten wollen unsere Wissenschaftler in ganz Tschechien verschiedene Projekte realisieren bzw. fortführen - sowohl im Rahmen der Tschechischen Republik als auch in einer internationalen Kooperation."

In Prag hat man Konkretes im Visier. Noch einmal Petr Heinzel:

"Uns eröffnet sich damit eine ganze Reihe von Möglichkeiten für unsere Beteiligung am so genannten Projekt ELT, das heißt "european very large telescop". In diesem Zusammenhang wollen wir auch Gelder aus den europäischen Strukturfonds nutzen, um eine entsprechende technologische Basis in unserem Observatorium in Ondrejov bei Prag aufzubauen."

Am 1. Januar gab es für einheimische Astronomen also einen guten Grund, auf ein neues Kapitel der tschechischen Astronomie anzustoßen, denn mit der ESO-Mitgliedschaft erschließen sich für sie viele neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Für diese gibt es rationale Gründe. Prof. Palous:

"Immer wieder kann ich mich davon überzeugen, dass es eine gute Entscheidung war, der ESO beizutreten. Heutzutage gibt es natürlich nicht mehr die Vorstellung, dass man dasselbe wiederholen kann, was zum Beispiel in den 60-er Jahren gelungen ist. Nämlich ein zwei Meter großes Fernrohr zu bauen, das seinerzeit zu den zehn weltbesten Fernrohren zählte.

Kein Staat, nicht einmal in Europa, ist heutzutage so gut dran, mit eigenen Fachkräfte- und Finanzkapazitäten eine entsprechende Spitzeninfrastruktur in diesem Bereich zu schaffen. Dessen waren sich die großen Persönlichkeiten der europäischen Astronomie schon in den 60-er Jahren bewusst und gründeten daher die Europäische Südsternwarte. In Tschechien sind wir vor etwa fünf Jahren zu demselben Schluss gekommen."