Auf den Spuren der Johanniter und der Dudelsackpfeifer: Die Burg von Strakonice

Burg Strakonice (Foto: Martina Schneibergová)

Die südböhmische Stadt Strakonice verbindet jeder Tscheche vor allem mit dem Dudelsackspiel. Denn Josef Kajetán Tyls Volksstück über Schwanda, den Dudelsackpfeifer aus Strakonice, gehörte hierzulande schon immer zur Schul-Pflichtlektüre. Die 110 Kilometer südlich von Prag gelegene Stadt ist nicht nur der Gastgeber internationaler Dudelsackfestivals. Sie hat eine historische Dominante, die zweifelsohne einen Besuch wert ist: eine mittelalterliche Burg. Sie ist bei der Fahrt durch Strakonice schon von der Hauptstraße aus zu sehen, wenn auch ein wenig versteckt.

Burg Strakonice  (Foto: Martina Schneibergová)
Am Zusammenfluss von Otava und Volyňka erhebt sich die Burg, die den Besucher erst aus der unmittelbaren Nähe durch ihre Größe überrascht. Die Burg war schon immer die Dominante der Stadt. Nach den höchst unglücklichen urbanistischen Änderungen in den 1970er Jahren ist die Burg im Stadtbild ein wenig nach hinten gerückt. Denn vor etwa 40 Jahren wurde ein Teil des historischen Stadtkerns abgerissen. An seiner Stelle entstand eine neue Fernstraße mit einer Brücke, die heute das Zentrum von Strakonice zerschneidet, sagt Miroslav Špecián. Er leitet das Museum des mittleren Otavagebiets, das in der Burg von Strakonice untergebracht ist. Der Museumsleiter vermisst das verschwundene historische Stadtzentrum, denn der Burgkomplex sei somit praktisch das Einzige, was von der ursprünglichen Architektur erhalten geblieben ist.

Stadt Strakonice mit der Kirche der Hl. Margarethe  (Foto: Martina Schneibergová)
„Die Bauentwicklung der Burg seit dem Mittelalter bis in die 1940er Jahre ist vom westlichen Tor aus gut zu erkennen. Die Aufmerksamkeit wird dabei auf das westliche Tor gelenkt, es trägt den Namen ´rumpál´, was zu Deutsch ´Winde´ bedeutet. Vom Burghof aus sind wiederum die Burgpaläste gut zu sehen, die im 16. Jahrhundert unter Johann von Rosenberg erbaut wurden, dem damaligen Großprior des Johanniterordens. Die ältesten Räumlichkeiten auf dem Burggelände sind der Kapitelsaal und die Prokop-Kirche. Gegenüber befinden sich Gebäude mit Büros und einer Bibliothek. Einst gab es dort auch eine Brauerei. Die Burg verlassen die Besucher durch den Ausgang über dem Zusammenfluss von Otava und Volyňka. Dort steht das Schloss, das Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut wurde. An dem Burggelände lässt sich die ganze Bauentwicklung gut erkennen – von der Burg als mittelalterlichem Rittersitz bis in die Gegenwart. Eine Zeit lang diente die Burg auch als ein Wirtschaftsgebäude für das neue Schloss und den anliegenden Gutshof.“

Burg Strakonice mit der Kirche des Hl. Prokop  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Burg wurde im 13. Jahrhundert an einem strategisch wichtigen Ort erbaut, damals befand sich in der Nähe nur eine kleine Ansiedlung Namens Žabokrty. Miroslav Špecián zufolge stand am Ort der Burg jedoch zuvor wahrscheinlich schon eine Kirche. Das wisse man, da es dort schon im 11. Jahrhundert einen Friedhof gab, sagt der Museumsleiter.

„Unter den Bavors hat sich die Burg dann zu einem mächtigen Herrensitz entwickelt, der der damaligen Bedeutung des Adeligengeschlechts entsprach. Interessant ist die Tatsache, dass die Familie Bavor schon um 1235 einen Teil ihrer Burg dem Ritterorden der Johanniter schenkte. Den Johannitern gehörten seit dem 15. Jahrhundert auch einige umliegende Gemeinden. Dem Malteserorden, wie der Johanniterorden später genannt wurde, gehörte dann die Burg bis 1925. Dann verkaufte der Orden den Großteil des Areals und behielt nur den Teil, der zu kirchlichen Zwecken genutzt wurde. Vor zwei Jahren konnte der Malteserorden in diese Räumlichkeiten wieder zurückkehren.“

Fesen  (Foto: Martina Schneibergová)
Heutzutage hat die Burg infolge der verschiedenen historischen Änderungen und Übertragungen des Eigentums drei Besitzer: die Stadt Strakonice, den Landkreis Südböhmen und den Malteserorden. Miroslav Špecián sagt, die Beziehungen zwischen den Besitzern seien gut.

Die Burgpaläste sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Besichtigen kann man auch die ältesten Räumlichkeiten – den Kapitelsaal sowie den Kreuzgang. Das Museum des mittleren Otavagebiets ist in den Räumlichkeiten der Burgpaläste untergebracht. Das Museum wurde 1894 gegründet – der Anlass für die Gründung des Regionalmuseums war die große Tschechisch-Slawische Ethnographische Ausstellung, die 1895 in Prag veranstaltet wurde. In die Burg siedelte das Museum 1937 um. Dem Museumsleiter zufolge begann man zu der Zeit, Exponate zu sammeln, die vor allem das Spezifische der Region Strakonice dokumentieren.

Foto: Martina Schneibergová
„Erstens gehört dazu die Produktion von Fesen, also der einst im Orient verbreiteten Kopfbedeckung. Strakonice ist auch durch die Herstellung von Motorrädern der Marke ČEZ berühmt geworden. Und drittens wird in unserem Museum die Tradition des Dudelsackspiels in der Region beschrieben. Jedes zweite Jahr findet in Strakonice ein internationales Dudelsackfestival statt. Im Museum sind Dudelsäcke verschiedener Art zu sehen, die aus der ganzen Welt zusammengetragen wurden – von den einfachen Varianten bis zu den schottischen Dudelsäcken. Wir haben auch Kostproben dokumentiert, wie diese Musikinstrumente in den Folkloreensembles verschiedener Länder klingen.“

Für die meisten Tschechen ist die Stadt Strakonice mit dem Dudelsackpfeifer Schwanda verbunden. Die Volkssage inspirierte den Dramatiker Josef Kajetán Tyl zu seinem Stück „Der Dudelsackpfeifer von Strakonice“. International bekannt geworden ist die Geschichte dank Jaromír Weinbergers Oper „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“. Diese Oper ist im Ausland viel populärer als in Tschechien und es ist nach Smetanas „Verkaufter Braut“ die am häufigsten aufgeführte tschechische Oper überhaupt. Die Geschichte über Schwanda habe reale Wurzel, glaubt Miroslav Špecián:



„Die Volkssage über den Dudelsackpfeifer Namens Schwanda war hier in der Region bekannt. Man versucht heutzutage zu erforschen, ob er wirklich gelebt hat. Es wird behauptet, dass er neben einer Kapelle in Strakonice bestattet wurde, die mittlerweile nicht mehr genutzt wird. In unserer Gegend war das Dudelsackspiel bereits früher verbreitet. Aus den regelmäßigen Treffen der südböhmischen Dudelsackpfeifer ist mit der Zeit ein internationales Festival geworden. Seit 1967 treffen jedes zweite Jahr Dudelsackspieler und Ensembles aus der ganzen Welt in Strakonice zusammen. In diesem Jahr wird es Ende August sein. Auf dem Burghof wird dann von Donnerstag bis Sonntag musiziert und getanzt. Ganz Strakonice steht dann im Zeichen des Dudelsacks.“

Miroslav Špecián  (Foto: http://strakonicky.denik.cz)
Die Führung auf den Spuren der Johanniter und der Bavors durch die Burg von Strakonice werden wir in der nächsten Ausgabe des Reiselands fortsetzen. Dann verraten wir Ihnen auch mehr über die Geschichte der Fesproduktion in Strakonice.

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