Aufstand russischer Häftlinge

Haftanstalt

Am 22. Oktober traten in der Haftanstalt im ostböhmischen Valdice 60 Russisch sprechende Häftlinge in einen Hungerstreik, der sich innerhalb von wenigen Tagen auf verschiedene Gefängnisse im ganzen Land ausdehnte. Mehr als 170 Russisch sprechende Inhaftierte protestierten auf diese Weise gegen die ihrer Meinung nach zu harten Bedingungen für Strafgefangene aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Innerhalb der folgenden zehn Tage endete der allgemeine Nahrungsverzicht genauso schnell wie er begonnen hatte. Doch die tschechische Polizei sowie die Strafvollzugsbehörde waren aufmerksam geworden. Olaf Barth berichtet.

Am Sonntag kurz vor Mitternacht wurden sie im Schlaf überrascht, die vermeintlichen Organisatoren eines geplanten republikweiten Gefängnisaufstandes. Neunzehn sogenannte Köpfe der Russenmafia wurden aus ihren angestammten Zellen geholt und an bisher geheimgehaltenen Orten in Isolationshaft genommen. Justizminister Jaroslav Bures erklärte auf einer Pressekonferenz am Montag:

"Dieser Eingriff erfolgte wenige Tage vor einer geplanten Aktion, die nach unseren Informationen Mitte der Woche stattfinden sollte. Ziel dieser Aktion sollte es sein, einen Häftlingsaufstand auszulösen und damit die Bedingungen für eine Flucht einiger bedeutender Insassen zu schaffen."

An der Razzia, die gleichzeitig in elf tschechischen Strafvollzugsanstalten durchgeführt wurde, waren 400 Polizisten und 800 Gefängnisaufseher beteiligt. Auch Hubschrauber kamen zum Einsatz. Die Polizeiaktion kam derart überraschend, dass den Überrumpelten keine Zeit zum Reagieren blieb. Niemand wurde verletzt. Innenminister Stanislav Gross betonte jedoch, dass man auf alle Eventualitäten vorbereitet gewesen wäre:

"Sondereinsatzkommandos und Einheiten der schnellen Eingreiftruppen haben sich für den Fall in Bereitschaft gehalten, dass sich die Häftlingsaktion früher als geplant ereignet hätte."

Die Polizei beschlagnahmte in den Zellen zahlreiche Handys, Messer und detailgenaue Pläne der Haftanstalten. Gegen sechs der neunzehn vermeintlichen Organisatoren wurden bereits Ermittlungen eingeleitet. Außerdem werden sechs Gefängnisaufseher beschuldigt, von den Vorbereitungen des Aufstandes zumindest gewusst zu haben. Eingehendere Untersuchungen des Personals der Haftanstalten wurden angekündigt.

Derzeit sitzen rund 1200 Personen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion in tschechischen Strafvollzugsanstalten ein. Laut den Worten von Justizminister Bures sei die sog. Russenmafia auch in den Gefängnissen gut organisiert. Bures sprach in diesem Zusammenhang von einer Bedrohung der nationalen Sicherheit:

"Es hat sich gezeigt, dass die Unterbringung ausländischer Häftlinge, vor allem solcher aus der ehemaligen Sowjetunion, in unseren Haftanstalten ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt."

Der Justizminister beabsichtigt diesbezügliche Gesetzentwürfe auszuarbeiten.

Die Direktorin der tschechischen Strafvollzugsbehörde, Kamila Meclova, kündigte bereits härtere Haftbedingungen für Strafgefangene aus der ehemaligen Sowjetunion an.

Autor: Olaf Barth
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