Ausstellung im Kaiserlichen Stall präsentiert wertvolle synagogale Textilien

Thora-Mantel, Brno 1765-6

Wer sich bei einem Frühlingsspaziergang hinauf auf die Prager Burg begibt, der kann dort eine ungewöhnliche Ausstellung besichtigen: kostbare Textilien aus 153 tschechischen und mährischen Synagogen. Die bis jetzt weltweit einzige Ausstellung besuchte für uns unsere freie Mitarbeiterin Lucie Drahonovska. Ihren Bericht liest Gerald Schubert.

Der Kaiserliche Stall der Prager Burg hütet bis Ende Juni kostbare Schätze: einzigartige Textilien aus 153 tschechischen und mährischen Synagogen. Sie entstammen einer umfangreichen, über 11.500 Objekte umfassenden Textil-Sammlung des Jüdischen Museums in Prag. Dabei handelt es sich gleichzeitig um die größte Sammlung synagogaler Stoffe, die jemals präsentiert wurde.

Die Autorin der Ausstellung und Mitarbeiterin des Jüdischen Museums, Ludmila Kybalova, hat sich bereits als junge Kunststudentin für jüdische historische Textilien begeistert. Schon damals hatte sie den Wunsch gehabt, eine umfangreiche Exposition der wertvollsten und interessantesten synagogalen Textilien zusammenzustellen. Nun hat sie ihren Traum verwirklicht: Unter dem Titel "Zum Ruhm und zur Zierde" versammelte Ludmila Kybalova an die 138 kostbare Thora-Mäntel, Thoravorhänge und -überhänge, Gebetsschalen, synagogale Decken und rituelle Draperien. Wie Ludmila Kybalova gegenüber Radio Prag einräumte, ist ihr die Auswahl dabei keinesfalls leicht gefallen:

"Man ist selbstverständlich dazu geneigt, vor allem die ältesten und kostbarsten Gegenstände der Sammlung zu präsentieren. Dadurch wäre jedoch die Sammlung nicht so plastisch, wie dies der Zeit vom 16. bis zum 20. Jahrhundert tatsächlich entspricht. Es war daher notwendig, bemerkenswerte Stücke aus jedem Jahrhundert auszuwählen."

Die synagogalen Textilien wurden nicht nur aus wertvollen orientalischen Stoffen - aus Brokat, Seide, Damast oder Samt - verfertigt, sondern auch außerordentlich reich verziert. Ausführlicher zu den einzelnen Motiven nochmals die Ausstellungs-Autorin Ludmila Kybalova:

"Es sind zum einen Motive, die für die jeweilige Epoche kennzeichnend sind. Und darüber hinaus sind es auch symbolische Motive, die mit dem Judentum zusammenhängen: der David-Stern, die Leviten-Garnituren- Kanne und Waschbecken- oder segnende Kohanim-Hände. Häufig sind es auch Tiernamen, wie Löwe, Bär, Wolf, Hirsch samt biblischen Symbolen und gleichzeitig oft auch die Namen der Spender, die dort aufgeführt sind.

Vom handwerklichen Geschick der jüdischen Künstler zeugen auch die aufwendigen Techniken, mit denen die Textilien verziert wurden: Stickereien mit Silber- und Goldfäden sowie Flussperlen, phantasievolle Applikationen, Spitzen und Drucktechniken. Zu den historisch sowie künstlerisch wertvollsten Textilien gehört der älteste synagogale Vorhang, den der berühmte Prager Stickmeister Selomo Perlsticker für die Altneue Synagoge im Jahre 1592 verfertigt hatte.

Zur Ausstellung hat das Jüdische Museum in Prag einen umfangreichen Katalog in englischer Sprache sowie eine mehrsprachige CD-ROM herausgegeben. Die Ausstellung "Zum Ruhm und zur Zierde" ist noch bis zum 23. Juni 2003 täglich außer Montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Weitere Informationen unter www.hrad.cz oder www.jewishmuseum.cz