Ausstellung „Prag –Literaturstadt zweier Sprachen, vieler Mittler“ wird in Prag gezeigt

Foto: Martina Schneibergová

„Praha - Prag 1900-1945. Literaturstadt zweier Sprachen, vieler Mittler“ heißt die Ausstellung, die die 50 Jahre der Parallelexistenz tschechischer und deutscher Literatur in Prag zeigt. Im Vordergrund stehen Männer und Frauen, die als Mittler und Übersetzer tätig waren. Die Wanderausstellung, die vom Münchener Adalbert Stifter Verein zusammengestellt wurde, wird nun im Museum für tschechische Literatur in Prag gezeigt. Während der Vernissage sprach Radio Prag mit dem Geschäftsführer des Adalbert Stifter Vereins, Peter Becher.

Peter Becher
Herr Becher, wie wurde die Auswahl der Mittler zwischen den beiden Sprachen getroffen? Es gibt hier einige sehr bekannte Namen wie Max Brod oder Milena Jesenská, aber auch einige Namen, die unter der Öffentlichkeit fast unbekannt sind.

„Genau das war die Absicht. Wir wollten eine Mischung herbeiführen, dass wir einerseits mit einigen bekannten Namen die Besucher in die Ausstellung locken und dass wir sie dann über die bekannten Namen auch mit anderen Mittlern bekannt machen, die man nicht so kennt. Diese Personen stellen nur eine ganz kleine Auswahl von viel mehr dar. Am Anfang - am Eingang in die Ausstellung - steht ein Schreibmaschinenmodell mit einem Blatt Papier, auf dem 60 weitere Namen stehen. Und wenn man den Katalog aufschlägt, wird man noch mehr Namen finden. Das soll deutlich machen, dass die acht Personen, die wir hier in der Ausstellung zeigen, nur einen Querschnitt darstellen.“

Milena Jesenská  (Foto: Martina Schneibergová)
Wie nahe standen sich die tschechische und die deutsche Literaturnation vor dem Krieg?

„Ich glaube, dass man das nicht statisch beschreiben kann, denn das war ein dynamischer Prozess, der sich ständig verändert hat. Es gab Zeiten, in denen es große Gegensätze gab und es gab wieder Zeiten, in denen die Gegensätze ganz stark heruntergefahren wurden. Nehmen Sie zum Beispiel die Zwischenkriegszeit der Ersten Republik: Am Anfang waren ganz starke Konfrontationen zu sehen und im Laufe der ersten zehn Jahre – bis zum Republikjubiläum im Jahre 1928 – sind diese Konflikte stark heruntergefahren worden. Man kann es beispielsweise auch daran sehen, dass ab dem Jahr 1928 auch deutschsprachige Schriftsteller einen tschechoslowakischen Staatspreis für Literatur bekommen haben. Und im Laufe der 1930er Jahre ist die Konfrontation wieder angewachsen. Solche Veränderungen kann man die ganze Zeit hin feststellen.

Foto: Martina Schneibergová
Die Ausstellung entstand vor zwei Jahren und wurde als eine Wanderausstellung konzipiert. Inzwischen wurde sie an vielen Orten, darunter auch in den Tschechischen Zentren im Ausland, gezeigt. Jetzt ist sie endlich in Prag zu sehen. Was wird mit der Ausstellung danach passieren und denken Sie daran, eventuell auch Übersetzer der Gegenwart mal in einer Ausstellung vorzustellen?

„Ursprünglich hatten wir die Idee, die Ausstellung an drei oder vier Orten zu zeigen und zum Schluss- und Höhepunkt in Prag selber. Diese Idee ist vollkommen zu Bruch gegangen, weil wir von vielen anderen Orten Einladungen hatten. Und wir sind jetzt sozusagen im Zick Zack gewandert, auch nach Prag wird die Ausstellung an anderen Orten zu sehen sein, in Dresden, in Ústí nad Labem / Aussig. Wir haben eine Anfrage von Linz bekommen und es hat sich sogar das Goetheinstitut in Amsterdam gemeldet, wobei wir nicht wissen ob das denkbar ist, denn dann müsste man ja alle Texte übersetzen. Wir freuen uns über solche Anfragen und es wäre schön, wenn die Ausstellung ganz am Schluss, wenn sie nicht mehr wandert, dann endgültig in Prag bleiben könnte. Wo wir das machen können, darüber müsste man reden. Wir haben im Augenblick keine weitere Ausstellung vor. Wir beschäftigen uns auch auf anderen Ebenen mit der Literatur, haben Almanache herausgegeben, organisieren Schriftstellertreffen und gerade da beziehen wir uns natürlich auf die jüngeren lebenden Autoren.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Ausstellung „Praha - Prag 1900-1945. Literaturstadt zweier Sprachen, vieler Mittler“ ist im Literaturmuseum in Prag bis 16. September zu sehen. Geöffnet ist sie täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr.