Ausstellung über Zwangsarbeit in Prag eröffnet

Foto: Martina Schneibergová

Mehr als 20 Millionen Männer, Frauen und Kinder haben während des NS-Regimes Zwangsarbeit geleistet, unter ihnen waren auch 500.000 Tschechinnen und Tschechen. Eine Ausstellung, die die Geschehnisse beschreibt, wurde am Dienstag im Belvedere auf der Prager Burg eröffnet.

Foto: Martina Schneibergová
Anhand von 60 Fallgeschichten zeigt sie die Bandbreite der Zwangsarbeit. Zu sehen sind über 450 Fotos und 500 Dokumente. Die Ausstellung wurde von der Stiftung der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora zusammengestellt. Initiiert wurde sie von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds ist Partnerorganisation der beiden Stiftungen. Er hat sich dafür eingesetzt, dass die Wanderausstellung nach den Stationen Berlin, Moskau und Warschau nun in Prag zu sehen ist. Radio Prag sprach bei der Vernissage mit dem Geschäftsführer des Zukunftsfonds, Tomáš Jelínek.

Tomáš Jelínek  (Foto: Martina Schneibergová)
Herr Jelínek, aus welchem Grund hat der Zukunftsfonds die Ausstellung nach Prag gebracht?

„Es gibt mehrere Gründe dafür. Vor allem geht es darum, dass die Ausstellung eine Anerkennung des schweren Schicksals der Zwangsarbeiter ist. Die ehemaligen Zwangsarbeiter leben unter uns, und es ist notwendig, an ihr Schicksal zu erinnern, die Bedürfnisse der Opfer wahrzunehmen und sie auch zu unterstützen. Aber die Ausstellung ist auch für uns all jene wichtig, die die NS-Zeit nicht erlebt haben. Durch diese historische Reflexion schafft sie eine Grundlage für den Umgang mit der heutigen Welt, mit der Demokratie, mit den Menschenrechten, mit dem Dialog zwischen den Völkern.“

Foto: Martina Schneibergová
Es handelt sich um eine Wanderausstellung. Wurde sie für die Prager Station durch etwas Spezielles ergänzt?

„Ja, schon. Als Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds haben wir mit den deutschen Kuratoren eng zusammengearbeitet, weil wir auch über eine einzigartige Sammlung von Dokumenten verfügen. Aus diesem Bestand sowie aus dem Nationalarchiv, mit dem wir auch zusammenarbeiten, wurden Dokumente ausgesucht, die die Ausstellung um verschiedene Themen bereichern können.“

Bestandteil der Ausstellung ist auch ein umfangreiches Begleitprogramm. Für wen ist er vor allem bestimmt? Wird dabei mit Schulklassen gerechnet?

Foto: Martina Schneibergová
„Das Begleitprogramm ist in der Tat sehr reichhaltig. Es besteht aus zwei Teilen. Vormittags richtet sich das Programm an Schüler – mit Sonderführungen und Arbeitsblättern macht es den Besuch attraktiver. Am Nachmittag werden Veranstaltungen zu verschiedenen Themen angeboten, die die Ausstellung vertiefen, in Bereichen, die für das tschechische Publikum besonders interessant sind. Es werden Themen behandelt, die die Realität des Zwangsarbeitereinsatzes unter der tschechischen Bevölkerung betreffen. Wir haben zudem vor, die vom Zukunftsfonds vor ein paar Jahren initiierte Ausstellung ´Im Totaleinsatz´ hier noch einmal zu zeigen.“

Foto: Martina Schneibergová
Der Begriff ´Totaleinsatz´ ist hierzulande bekannt. Wie steht es mit dem Begriff Zwangsarbeit?

„Darin besteht auch der Beitrag der Ausstellung, dass sie den Totaleinsatz, der für die tschechische Öffentlichkeit ein Begriff ist, im Kontext zeigt. Sie zeigt, dass die Zwangsarbeit ein Massenphänomen war, das Millionen Menschen aus ganz Europa betraf. Sie zeigt, wie verbreitet das Phänomen damals in der deutschen Gesellschaft war, und dass es verschiedene Opfergruppen gab – von den zivilen Zwangsarbeitern bis zu den KZ-Häftlingen.“

Die Ausstellung „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“ ist im Belvedere auf der Prager Burg täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen und läuft bis 31. Oktober.