Auszeichnung für einen überzeugten Mitteleuropäer: Karel Schwarzenberg in Wien geehrt
Langjähriger Präsident der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte, Leiter der Präsidentschaftskanzlei und enger Mitarbeiter von Václav Havel, Außenminister der Tschechischen Republik, Senator. Die Liste der Funktionen von Karl Schwarzenberg ist lang, ebenso jene der Auszeichnungen und Orden, die er erhalten hat. Am Dienstag ist der Mann, der in Prag Karel, in Berlin und München Karl und in seiner zweiten Heimat Wien liebevoll Kari genannt wird, in der österreichischen Hauptstadt mit dem diesjährigen Mitteleuropa-Preis ausgezeichnet worden.
Die Verleihung des vom österreichischen Wissenschaftsministerium getragenen und vom Institut für den Donauraum und Mitteleuropa verliehenen Preises nahm der Präsident des Institutes, der ehemalige österreichische Vizekanzler Erhard Busek, vor. In seiner Begrüßung versuchte er zunächst, den Begriff Mitteleuropa zu definieren:
„Ich verdanke einem polnischen Kunsthistoriker die folgende entzückende Definition: Mitteleuropa ist überall dort, wo man ‚Kaspar, Melchior und Balthasar’ auf Türbalken schreibt, wo man unter Tuchenten schläft – in Deutschland muss ich immer Federbetten dazu sagen – und wo man einer Frau eine ungerade Anzahl von Rosen schenkt.“
Karel Schwarzenberg, der 1948 im Alter von elf Jahren als Adeliger die Tschechoslowakei verlassen musste und bis 1989 einen Großteil seines Lebens in Wien verbrachte, der während der Zeit der kommunistischen „Normalisierung“ aktiv die Dissidenten in der Tschechoslowakei unterstützte, der fließend Tschechisch, Deutsch und Englisch spricht, sei jedenfalls der Prototyp des Mitteleuropäers, so Busek. Dem stimmte auch Festredner Jiří Gruša zu, der bekannte Autor und langjährige tschechische Botschafter in Deutschland und Österreich.
„Die Europäer haben erst nach zwei Katastrophen, zumindest westwärts, die Zusammenarbeit gesucht. Nachdem das bipolare System als dumme Zweiwertigkeit zusammengebrochen war, wollten sie endlich auch die Polyvalenz und die europäische Mitte zurückhaben. Daran arbeiten wir bis heute. Und darum ist der heute verliehene Preis so wichtig und so zukunftsträchtig. Die Integration hat es mit uns nicht leicht: Sie muss das Integral entdecken. Und dieses wird immer noch als ‚Numerus Clausus‘ missverstanden. Nur so kann ein Land, das 1989 Europa bejubelte, heute als ‚res publica clausura’ agieren und soviel Stuss reden.“
Soweit Jiří Grušas ebenso rhetorisch brillante wie eindeutige Kritik an seinem Heimatland und dessen Staatsoberhaupt Václav Klaus. Karel Schwarzenberg meint, man sei in Mitteleuropa schon ein gutes Stück vorangekommen in Sachen Integration, aber noch lange nicht am Ziel:
„Bei allen unseren emsigen Bemühungen um das Gemeinsame in Mitteleuropa und in Europa müssen wir uns zugestehen, dass das Ganze daran leidet, dass wir alle miteinander über uns viel zu wenig wissen. Und das ist doch heute, 20 Jahre nach dem Verschwinden des Eisernen Vorhanges, eigentlich ein Albtraum.“
Ein Exklusiv-Interview mit dem Träger des Mitteleuropa-Preises 2009 Karel Schwarzenberg bringen wir am kommenden Montag (30.11.) in unserer Sendereihe „Schauplatz“.