Begräbnis mit staatlichen Ehren: Tschechien nimmt Abschied von Karel Schwarzenberg
Tschechien hat am Samstag Abschied von Karel Schwarzenberg genommen. Der frühere tschechische Außenminister und Vizepremier hat ein Begräbnis mit staatlichen Ehren im Veitsdom auf der Prager Burg erhalten.
Eine große Persönlichkeit der modernen Geschichte gehe von uns, sagte Präsident Petr Pavel in seiner Trauerrede im Veitsdom. Den Tod Karel Schwarzenbergs bezeichnete er als Ende einer Ära, in der die Unfreiheit durch einen neuen Staat ersetzt worden sei, den der ehemalige Außenminister mitgeprägt habe. Ein außergewöhnlicher Intellektueller, ein geschickter Diplomat und Förster, wie er sich selbst gerne überspitzt beschrieben habe, ein großzügiger, gütiger und weiser Mann sei von uns gegangen, so Präsident Pavel. „Karel Schwarzenberg wird in diesem Land vermisst werden“, schloss er seine Rede.
Der Prager Erzbischof und böhmische Primas Jan Graubner leitete die Totenmesse. Der Theologe Tomáš Halík hielt die Predigt, er bezeichnete darin Schwarzenberg als den Erzieher des tschechischen Volkes und Veredler des öffentlichen Lebens. Der ehemalige Außenminister und Angehörige einer der ältesten Adelsfamilien Europas sei kein hochmütiger Mentor gewesen, sondern habe durch sein persönliches Beispiel erzogen, hob Halík hervor.
Mehrere Tausend von geladenen Gästen nahmen an der Totenfeier teil, darunter die tschechische politische Vertretung, der ehemalige Staatspräsident Miloš Zeman, die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová, Vertreter des tschechischen und europäischen Adels, Diplomaten, Kulturschaffende und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Auch Vertreter von drei regierenden Adelsfamilien aus Monaco, Liechtenstein und Luxemburg waren angereist.
Die Zeremonie richtete sich nach den Wünschen des Verstorbenen. In der Kathedrale wurden unter anderem die tschechoslowakische Staatshymne, das Kirchenlied Hospodine, pomiluj ny, der lateinische Hymnus Dies Irae und das Weihnachtslied Narodil se Kristus Pán gesungen. Der Sarg war in die blau-weiße Schwarzenberg-Fahne gehüllt, die Orden des Weißen Löwen und des Goldenen Vlieses sowie das Familienwappen waren vor dem Altar angebracht. Nach der Trauermesse hielt der Zug mit dem Sarg an der Schwarzenberg-Kapelle im Veitsdom Halt, die 34 Schläge der Sigismund-Glocke erklangen als Erinnerung an die 34 Jahre der freien Republik.
Nach der Messe wurden die sterblichen Überreste Karel Schwarzenbergs ins Schloss Orlík in Südböhmen überführt. Dort werden sei am Sonntag in der Familiengruft beigesetzt.
Karel Schwarzenberg oder Karl von Schwarzenberg wurde 1937 in Prag geboren. Er stammte aus der Orlík-Linie seines Adelsgeschlechts. Nach dem kommunistischen Umsturz emigrierte seine Familie 1948 nach Österreich. Schwarzenberg studierte Jura und Forstwirtschaft in Wien, Graz und München. In den 1980er Jahren wurde er der erste Vorsitzende der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte. Nach der Wende in der Tschechoslowakei 1989 kehrte er in seine Heimat zurück und wurde
Kanzleichef von Präsident Václav Havel. In den Jahren 2007 bis 2009 sowie erneut 2010 bis 2013 war Schwarzenberg tschechischer Außenminister. 2009 gründete er gemeinsam mit Miroslav Kalousek die liberal-konservative Partei Top 09 und war bis 2015 ihr Vorsitzender. In den ersten direkten Präsidentschaftswahlen 2013 gelangte er in die zweite Runde. Karel Schwarzenberg verstarb am 12. November 2023 im Alter von 85 Jahren in Wien.