Auszüge aus der Neujahrsrede 2001 von Präsident Vaclav Havel

Vaclav Havel

In seiner Neujahrsrede hinterfragte der tschechische Präsident Vaclav Havel mehrfach das moralische Bewusstsein innerhalb der tschechischen Gesellschaft. Havel sieht das moralische Bewusstsein als ein elementares Grundelement unseres täglichen Denkens und Handelns an und - so der Präsident wörtlich - "als etwas sehr natürliches und völlig grundlegendes, etwas, was sowohl der Rechtsordnung als auch allen marktwirtschaftlichen Gesetzen vorangeht."

In seiner Neujahrsrede hinterfragte der tschechische Präsident Vaclav Havel mehrfach das moralische Bewusstsein innerhalb der tschechischen Gesellschaft. Havel sieht das moralische Bewusstsein als ein elementares Grundelement unseres täglichen Denkens und Handelns an und - so der Präsident wörtlich - "als etwas sehr natürliches und völlig grundlegendes, etwas, was sowohl der Rechtsordnung als auch allen marktwirtschaftlichen Gesetzen vorangeht."

Des weiteren sagte Havel: "Wenn unsere Gesellschaft aus vielen historischen Gründen heraus auch weiterhin noch beträchtlich demoralisiert ist, so bedeutet das ganz sicher nicht, dass wir in einer Gesellschaft ohne Moral leben. Sehr wohl wissen wir alle, was wir tun sollen und was nicht, was sich gehört und was nicht, was gut und was schlecht ist. Jeder Mensch hat ein Gewissen, die Unterschiede bestehen nur darin, wie wer unter uns auf dessen Stimme achtet oder aber wie geschickt er imstande ist sein Gewissen zu belügen."

In seiner kurzen Bewertung der hiesigen Gesellschaft hebt Havel sowohl positive als auch negative Beispiele hervor. Zu den positiven äußerte er: "Ein sehr wichtiger Ausdruck eines lebendigen moralischen Bewusstseins und Empfindens, eines Sinns für menschliche Gemeinschaft und Solidarität sowie auch für den Reichtum der menschlichen Interessen ist das Leben in Vereinen, Stiftungen, in verschiedenen Bürgervereinigungen und -initiativen, kurz allem, was freiwillig und von unten entstanden ist als eine Form der selbständigen Strukturierung in einer modernen Gesellschaft. Man spricht hierbei von dem nicht auf Gewinn orientierten Sektor, ohne diesen Zweig der Bürgergesellschaft sich eine funktionierende und stabile Demokratie nicht vorstellen lässt."

Zu einer der negativsten Erscheinungen in der tschechischen Gesellschaft, den mafiösen Praktiken einiger unter den zwei Millionen einheimischen Unternehmern, sagte das Staatsoberhaupt u.a.: "Diese gefährliche Gruppierung der berüchtigsten Untertunneler, von falschen Unternehmern, Mafiosi, gaukelnden Bänkern oder letzten Endes Verbrechern, die durchweg zu ihrem persönlichen Vorteil die historisch noch nie dagewesene Möglichkeit, die die Privatisierung eröffnete, missbraucht hat, darf nicht die erwähnten zwei Millionen der unternehmerischen Subjekte bzw. der übergroßen Mehrheit von ihnen überschatten. Denn eine völlig grundlegende Bedingung für den dauerhaften Erfolg und den allgemeinen Nutzen des Unternehmertums sind nämlich ein engherziger Respekt zu den geschriebenen und ungeschriebenen Spielregeln und eine bestimmte Unternehmerkultur."

Zum Abschluss seiner Neujahrsrede hob Vaclav Havel die Tatsache, dass er die tschechischen Bürger schon zum zehnten Mal zu einem Jahresanfang und zudem zu Beginn des neuen Jahrtausends als deren Präsident begrüßen darf, als ein wertvolles Geschenk des Schicksals hervor.

Soweit Auszüge aus der Neujahrsrede des tschechischen Präsidenten Vaclav Havel. In unserem Programm geht es nun weiter mit einem Rückblick auf die Erfolge und Misserfolge der tschechischen Wirtschaft im Jahr 2000.