Autobahn D8: Umweltschützer beharren auf Bau zumindest eines Tunnels

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Als Ende Oktober vergangenen Jahres ein kleineres Teilstück der deutschen Autobahn A17 feierlich eröffnet wurde, da sprach der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt die Hoffnung aus, dass man bei der südlichen Fortsetzung der A17, der tschechischen Autobahn D8, ebenso planmäßig vorankommen möge. Denn die Autobahnverbindung zwischen der Moldaumetropole Prag und der Elbperle Dresden wird sowohl in Tschechien als auch in Sachsen aus mehreren Gründen als eine zukünftige Hauptverkehrsader zwischen dem Norden und Süden Mitteleuropas angesehen. Doch auf der tschechischen Seite erhärten sich die Befürchtungen, dass die D8 wegen rechtlicher Auseinandersetzungen erst in den Jahren 2010 oder 2011 komplett fertig gestellt sein wird. Lothar Martin nennt die Hintergründe.

Das Projekt der tschechischen Autobahn D8, die auf einer Länge von 92 Kilometern eines Tages von Prag bis zur böhmisch-sächsischen Grenze führen soll, involviert seit Jahr und Tag ein strittiges Problem - das 16 Kilometer lange Teilstück durch das Böhmische Mittelgebirge. Die seit der Wende in Tschechien an Profil und Stärke hinzugewonnenen Umweltschützer haben sich von Anfang an dafür eingesetzt, die Autobahnstrecke am Mittelgebirge vorbei zu leiten oder es zumindest mit langen Tunnels unterführen zu lassen. Warum ihnen an der Bewahrung dieser Naturschönheit so gelegen ist, dazu sagte Miroslav Patrik von der Umweltschutzorganisation Deti zeme (Kinder der Erde):

"Das Böhmische Mittelgebirge ist 1976 gerade wegen seiner Naturschönheit zum Landschaftsschutzgebiet erklärt worden. Denn es handelt sich hier um ein vulkanisches Gebirge, wie man es nur noch in Frankreich antreffen kann. Das heißt, diese Landschaft mit ihren Zuckerhut ähnlichen Vulkankegeln ist einzigartig. Eine über dieses Gebirge führende Autobahn würde es schon rein optisch abwerten, von den Umweltschäden ganz zu schweigen. Ich will nur darauf verweisen, dass seinerzeit schon der bekannte Weltreisende Alexander von Humboldt beim Ausblick vom Milleschauer verkündete: Das Böhmische Mittelgebirge ist der drittschönste Platz der Welt!"

Ombudsman Otakar Motejl
Die von den Umweltinitiativen auch mit Expertengutachten versehenen Streckenvarianten wurden jedoch von den Auftraggebern des Projekts, dem tschechischen Verkehrsministerium und der hiesigen Straßen- und Autobahn-Direktion (RSD), nie so richtig ernst genommen. Mit der dabei offenbarten Arroganz, ihre bevorzugte kostengünstige Streckenführung ohne Varianten vergleichende Prüfungen der Umweltbelastung durchzudrücken, haben sie folglich gegen ein hierfür geltendes Gesetz verstoßen. Auf ihre daraufhin eingereichten Klagen haben die Umweltschützer nun bei Otakar Motejl, dem tschechischen Ombudsman, Recht erhalten, erklärt mir Patrik:

"Im vergangenen Jahr, kurz vor Weihnachten, hat der tschechische Hüter der Rechtsordnung seine abschließende Stellungnahme zum Bau der D8 über das Böhmische Mittelgebirge veröffentlicht. Und in dieser Stellungnahme hat er der Öko-Organisation Deti zeme Recht gegeben, die schon seit zehn Jahren den Bau der Autobahn ohne die Berücksichtung von langen Tunneln kritisiert."

Otakar Motejl begründete seinen Rechtsspruch so:

"Der Geist des Gesetzes wurde nicht respektiert. Die Auftraggeber haben das Gesetz entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder aber sie haben es in der Art und Weise ausgelegt, wie es ihrem ursprünglichem Vorsatz entsprach: Der direkte Weg ist der richtige Weg."

Auf die Umweltinitiativen, die man zehn Jahre lang mehr oder weniger hat links liegen gelassen, ist man erst im Oktober letzten Jahres zugegangen, als diese den Baustopp eines Tunnels auf dem Autobahnteilstück von Trmice zur Staatsgrenze erwirkt hatten. Die Umweltschützer haben inzwischen all ihre Klagen betreffs des Autobahnbaues im Gebiet des Erzgebirges zurückgezogen, und sie sind bereit, alle sechs Klagen auch für die Region des Böhmischen Mittelgebirges fallen zu lassen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, wenn mit einem knapp dreieinhalb Kilometer langen Tunnel wenigstens der zentrale Teil dieser Naturschönheit geschont werde. Da aber bauliche und territoriale Veränderungen auch neue Genehmigungsverfahren nach sich ziehen, so Miroslav Patrik, rechne er mit der Fertigstellung des umstrittenen Autobahnabschnitts erst um das Jahr 2011 herum. Den "Schwarzen Peter" in dieser leidigen Geschichte zu spielen, das aber wollen die Umweltschützer nicht akzeptieren. Ihr Rechtsexperte Pavel Doucha äußerte dazu: "Den Bau verzögert der, der sich gesetzwidrig verhalten hat".