Beginn der Charta 77: Gedenktafel für Zdeněk Urbánek enthüllt

Zdeněk Urbánek (Foto: ČTK)

In Prag wird am Montag die Konferenz Forum 2000 eröffnet. Politiker, Intellektuelle und Geistliche treffen sich in Prag, um auf Wunsch des verstorbenen Ex-Präsidenten Václav Havel über das Thema Medien und Demokratie zu debattieren. Havel gilt als Begründer des Forums 2000, und an ihn wurde indirekt auch bereits am Sonntagnachmittag erinnert: Als Auftakt zum Forum 2000 wurde eine Gedenktafel für Zdeněk Urbánek, einen Autor, Übersetzter, Dissidenten und engen Freund von Václav Havel in Prag enthüllt.

Zdeněk Urbánek  (Foto: ČTK)
Seine früheren Freunde und Mitstreiter sowie heutige Politiker versammelten sich am Sonntagnachmittag vor der Villa in Prag-Střešovice, in der Zdeněk Urbánek gelebt hat. Initiiert wurde das Denkmal vom heutigen Botschafter in London, Michael Žantovský, und zwar anlässlich des 95. Geburtstags des vor vier Jahren verstorbenen Schriftstellers und Kämpfers für die Menschenrechte. Die Gedenkversammlung wurde von Außenminister Karel Schwarzenberg einberufen und moderiert. Zur Bedeutung von Zdeněk Urbánek sagte er gegenüber Radio Prag:

„Er war wirklich jemand Bedeutendes. Er war bekanntermaßen ein großer Freund des Dichters Orten. Er war lebenslang ein Unterstützer von Václav Havel. Hier, bei ihm in der Wohnung, fand das letzte Treffen statt, wovon damals Václav Havel und Pavel Landovský ausgefahren sind, um die Flugblätter der Charta 77 zu verteilen. Er war ein hochgebildeter Mensch. Und nicht zuletzt bekam er den Titel ´Gerechter unter den Völkern´, weil er in der Nazi-Zeit den Juden geholfen hatte. Es war wirklich eine sehr bedeutende Persönlichkeit.“

Charta 77
Urbáneks Haus ist ein zentraler Ort der jüngeren tschechoslowakischen Geschichte. Von dort aus wurde die Charta 77 im Januar 1977 auf ihren Weg geschickt. Die Charta war eine Petition, mit der die politische und staatliche Macht wegen der Verletzung der Menschenrechte in der damaligen Tschechoslowakei kritisiert wurde. Die Unterzeichner und die Sprecher der gleichnamigen Bürgerrechtsbewegung waren daraufhin der Verfolgung durch das kommunistische Regime ausgesetzt. Einer der Begründer der Charta war der Schriftsteller und Dramatiker Pavel Kohout:

„Das war am Dreikönigstag, als die Charta-Unterlagen aus dem Versteck im Palais Schwarzenberg (der Ort ist ein Zufall, damals war es ein ganz normales Mietshaus mit vielen tschechischen Familien und einem Schweizer Botschafter) hierher kamen. Und von hier wurden sie dann von drei tschechischen Intellektuellen verteilt: von dem heute weltberühmten Václav Havel, vom Schriftsteller Ludvík Vaculík und von Pavel Landovský, einem berühmten Schriftsteller, der damals bereits verboten war. Sie sollten die Charta in die Nationalversammlung transportieren. Unterwegs wurden sie von der Staatssicherheit überfallen. Die ganze Ladung wurde konfisziert, und in diesem Moment begann die Verfolgung der Charta 77, aber auch der siegreiche Weg dieser Bewegung.“

Urbáneks Haus war als Zwischenstation nötig gewesen, um das Dokument, das dem Parlament vorgelegt werden sollte, zur Veröffentlichung vorzubereiten:

Gedenktafel an Zdeněk Urbánek  (Foto: Archiv des Außenministeriums der Tschechischen Republik)
„Die Unterlagen befanden sich größtenteils bei uns, aber hier mussten sie vor dem Transport ins Parlament noch einmal begutachtet werden, ob das alles in Ordnung ist, damit kein Fehler passiert. Hier wurde das also komplettiert und als Fertiges weiterbefördert. Und das wurde eben im Haus des Übersetzers und Schriftstellers Zdeněk Urbánek gemacht, der heute 95 Jahre alt geworden wäre.“

Anlässlich des Gedenkaktes erinnerte Pavel Kohout auch an Urbánek als Persönlichkeit:

„Er war ein Mann alter Schule, ein eleganter, eloquenter, aber auch sehr stiller Mensch, der viel älter war, als die meisten von uns. Er spielte eigentlich auch die Rolle des Ersatzvaters von Václav Havel.“