Bemalte Balkendecken und Kräutergarten: Schloss Nový Hrad (II)
Nový Hrad wurde als eine der letzten gotischen Burgen in Böhmen erbaut. Im 16. Jahrhundert wurde sie zu einem Renaissanceschloss umgebaut. Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Residenz schließlich im Barockstil umgestaltet. In der vergangenen Ausgabe von „Reiseland Tschechien“ führten wir sie durch die ältesten Räumlichkeiten von Nový Hrad und versprachen, die Führung fortzusetzen.
„Es handelt sich um eine Aufschrift, die im Nebenraum gefunden wurde. Es wurde darüber diskutiert, was sie bedeutet, ob es nicht vielleicht ein Zauberspruch sein könnte. Schließlich gelang es, die Zeichen zu entziffern: zu erkennen ist die Jahreszahl 1652. Die Aufschrift ist in tschechischer Sprache geschrieben und lautet ungefähr so: „Am Allerheiligentag haben wir einen Balg roten Weines ausgetrunken und zum Mittagessen gab es Knödel. Gezeichnet: Matěj.“
Leider keine Magie und keine Alchemie. In der geräumigen Schwarzküche ist ein Rauchfang erhalten geblieben, der bis heute funktioniert. Aus der Küche führt eine Tür in den Garten.„Wir haben hier einen Kräutergarten wieder aufgebaut. Er befindet sich zwischen der Wand des südlichen Burgflügels und der Burgmauer. Im Osten ist er durch die Wand der Burgkapelle geschützt. Wir züchten hier Heilkräuter und Gewürze, es gibt hier aber auch Zwergobstbäume und Hopfen. Ganz hinten gibt es einen Meditations-Garten mit einer Bank, der dem Marienkult gewidmet ist. Dort wachsen Pflanzen, die mit dem Marienkult verbunden sind.“
Graf Varrensbach und Kirche von Čížkovice
Im ersten Stock über dem Tafelsaal und der Küche befindet sich der Barocksaal, der früher als Speisesaal genutzt wurde. Die Fresken an der Decke stammen aus der Zeit, als Graf Varrensbach seine Residenz Ende des 17. Jahrhunderts im Barockstil umbauen ließ. In einem der Salons ist das einzige erhaltene Porträt Varrensbachs zu sehen, erklärt Josef Kabát:„Er kniet auf dem Gemälde neben seiner zweiten Frau Marie Sidonie, geborene Šlik. Sie hält ein Modell der Jakobskirche in der Hand, das sie dem heiligen Jakob reicht. Es handelt sich um eine Kopie des Gemäldes aus der Jakobskirche in der Gemeinde Čížkovice. Varrensbach und seine Frau ließen die Kirche dort errichten.“
Das Paar hatte nämlich eine komplizierte Beziehung zur Kirche, die ihnen mit Exkommunikation drohte. Darum ließen sie diese Kirche errichten. Der Kastellan:
„Es wird erzählt, dass Varrensbach Marie Sidonie öfter besuchte, als sie noch mit ihrem ersten Mann Otto Truchsess von Waldburg-Freiberg in Ploskovice lebte. Varrensbach soll nicht nur zu Marie Sidonie, sondern auch zu ihrem Kammermädchen eine Liebesbeziehung gehabt haben. Mit dem Kammermädchen hatte Varrensbach ein uneheliches Kind. Otto Truchsess hatte Angst um sein Leben und befürchtete, dass ihn seine Frau und Varrensbach vergiften werden. Die Ehe wurde schließlich geschieden und Varrensbach konnte Marie Sidonie heiraten.“Bemalte Balkendecken im Rittersaal
Der größte Schatz von Nový Hrad befindet sich noch eine Etage höher. Nämlich die bemalten Balkendecken. In Nový Hrad ist ein ganzer Komplex von 13 bemalten Balkendecken erhalten geblieben. Sie wurden alle repariert und restauriert. Die Besucher können sie beispielsweise im Rittersaal bewundern.„Wir befinden uns über dem Barocksaal. Ursprünglich gab es hier drei Räume, die zum den Rittersaal umgewandelt wurden. Die ursprünglich drei Balkendecken unterscheiden sich durch ihre Farbe voneinander. In dieser höchsten Etage befanden sich die Luxusräume. Der Rittersaal ist 30 Meter lang und 10 Meter breit. Heute werden hier Konzerte und Ausstellungen veranstaltet. Zurzeit wird hier eine Ausstellung über Milešov im Mittelalter und in der frühen Neuzeit gezeigt.“
Wieder gefundene Plastiken
In der Schlosskapelle, die im Barockstil gestaltet ist, finden heute keine Gottesdienste mehr. Sie wird aber als Hochzeitssaal genutzt. Die Kapelle kann man sich am besten von oben vom Chor aus anschauen. Neu zugänglich ist das mit der Kapelle verbundene Oratorium. Aus diesem Raum verfolgten die Schlossherren einst die Gottesdienste.„Der Raum wurde noch nicht in Stand gesetzt. Wir denken, dass oben noch weitere Balkendecke versteckt ist. Hoffentlich werden nächstes Jahr entsprechende Forschungen durchgeführt. Hier zeigen wir eine Neuentdeckung: Es sind zwei Plastiken – der heilige Florian und der heilige Johannes Nepomuk. Sie stammen aus der Schlosskapelle. Nach 50 Jahren hat sie mein Kollege wiedergefunden. Sie wurden in einem Depositar in Louny aufbewahrt. Zum Glück waren sie mit einem Zettel gekennzeichnet, auf dem stand, dass sie aus Nový Hrad stammen. Vor ein paar Wochen wurden die beiden Kunstwerke wieder hierhergebracht. Sie müssen noch restauriert werden, weil sie stark beschädigt sind.“
Turm mit Barockkuppel
In den früheren Privatzimmern in der zweiten Etage sind auch gemalte Balkendecken erhalten geblieben. Nach einer Besichtigung der Schlossräume geht es noch auf den Turm:„Ursprünglich stand hier ein gotischer Turm. Als Graf Varrensbach das Schloss umbauen ließ, wurde auf dem Turm eine Barockkuppel errichtet. Diese wurde jedoch beschädigt. Als Familie Schwarzenberg das Schloss kaufte, ließ sie den Turm überdachen. Das konische Dach fiel aber einem Brand zu Opfer. Als der Turm in Stand gesetzt wurde, wurde beschlossen, die Barockkuppel wieder zu errichten.“
Vom Turm aus bietet sich ein schöner Blick nicht nur auf die unmittelbare Umgebung, sondern auch auf das Erzgebirge und das Böhmische Mittelgebirge. Wie Josef Kabát bemerkt, ist es auch vermutlich der einzige Schlossturm, von dem aus sogar drei Wärmekraftwerke auf einmal zu sehen sind: Tušimice, Počerady und Prunéřov.
Das Schloss ist von April bis Oktober täglich außer Montag geöffnet. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 700. Jubiläum von Karl IV. wird am 14. und 15. Mai ein Fest in Nový Hrad veranstaltet. Dabei wird an die Rückkehr des Ritters Záviš von Jimlín aus der Schlacht bei Crécy erinnert. Der Ritter war im Dienst des böhmischen Königs Johann von Luxemburg.
Der Turm war dem Kastellan zufolge früher sehr feucht, der innere Schacht war voll von Schüttmaterial.
„Wir haben alles hinausgebracht. Es waren sieben Müllcontainer voll von Asche. Denn oben haben früher Menschen gewohnt. Sie waren zu bequem und schütteten die Asche aus dem Ofen direkt in den Schacht. In den oberen Schichten fanden wir eine Zeitung aus dem Juni 1943, in der auch das Programm des hiesigen Kinos veröffentlicht war: gespielt wurde damals eine Komödie mit dem Titel ´Der kleine Grenzverkehr´. Zudem fanden wir dort Bierflaschen mit dem Logo der Schwarzenbergschen Bierbrauerei. An den Wänden des Schachtes fanden wir in den Putz eingeritzte Figuren und Pferde. Es sieht so aus, dass sie in der Zeit entstanden sind, als der Turm gebaut wurde. Einer der Maurer langweilte sich und bevor weiteres Baumaterial geliefert wurde, ritzte er diese Bilder in den Putz.“