Schloss Nový Hrad in Jimlín

Schloss Nový Hrad (Foto: Martina Schneibergová)
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Das Schloss Nový Hrad / Neuschloss liegt auf einem Hügel unweit der Stadt Louny / Laun. Die ursprünglich gotische Burg begannen ihre Besitzer im 16. Jahrhundert im Renaissancestil umzugestalten. In ein prunkvolles Barockschloss wurde die Residenz Ende des 17. Jahrhunderts umgebaut. Am Freitag, dem 1. April, wird das Schloss nach einer Winterpause wieder für die Öffentlichkeit geöffnet.

Schloss Nový Hrad  (Foto: Martina Schneibergová)
Etwa sechs Kilometer südwestlich der Stadt Louny liegt die Gemeinde Jimlín / Imling. Mit dem Bus ist sie aus Louny einfach zu erreichen. Außerdem gibt es auch einige Busse, die von Prag direkt nach Jimlín fahren. Auf einem Hügel zwischen den Ortschaften Zeměchy / Semiech und Jimlín steht das Schloss Nový Hrad. Von der Bushaltestelle bis zum Schloss sind es knapp 15 Minuten zu Fuß. Seine tschechische Bezeichnung Nový Hrad kann etwas verwirrend wirken – denn sie bedeutet wortwörtlich übersetzt „neue Burg“. Dazu Vít Pávek von der Schlossverwaltung.

„Man kann schon sagen, dass es sowohl eine Burg als auch ein Schloss ist. Mit dem Bau der Burg wurde 1465 begonnen. Die Erlaubnis zum Bau erhielt Albrecht Bezdružický von Kolowrat vom böhmischen König Georg von Podiebrad. Die Bauarbeiten dauerten neun Jahre. In dieser Zeit hat sich Albrecht in ´Novohradský von Kolowrat´ umbenannt. Er gründete damit einen neuen Familienzweig, und die Burg bekam den Namen Nový Hrad. Die Burg wurde später im Renaissance- und Barockstil umgestaltet. Heute sieht das Schloss so aus, wie es Graf von Varrenbach in den Jahren von 1670 bis 1677 umbauen ließ. In den Interieurs sind aber gotische Fresken erhalten geblieben, die an die Zeiten der Kolowrats erinnern.“

Vít Pávek  (Foto: Martina Schneibergová)
In Jimlín gab es schon einen Herrensitz, noch bevor die Burg erbaut wurde. Die Festung gehörte den Rittern von Jimlín. Die älteste Erwähnung der Ritter von Jimlín stammt aus dem Jahr 1267.

„Einer der Ritter von Jimlín war im Dienst des böhmischen Königs Johann von Luxemburg und kämpfte gemeinsam mit ihm und dessen Sohn Karl IV. in der Schlacht bei Crécy.“

Barboras Büße

Nový Hrad wechselte einige Mal den Besitzer. Die Burg gehörte eine Zeit lang dem Prämonstratenserkloster Strahov. 1670 erwarb Graf Adolf von Varrensbach Nový Hrad, der dessen Umbau im Barockstil initiierte. 1715 kaufte Anna Barbora von Löwenegg die Herrschaft. Sie sei eine interessante Persönlichkeit in der Geschichte der Burg, erzählt der Kastellan des Schlosses Josef Kabát:

Johannes-Nepomuk-Statue  (Foto: Martina Schneibergová)
„Ihr Mann, der im Dienst des Kaisers stand, hielt sich die meiste Zeit in Wien auf. Barbora war jung und attraktiv und hatte hier Langeweile. Sie veranstaltete im Schloss ausgelassene Feste. Über ihr Leben wurden viele Gerüchte verbreitet. Angeblich hatte sie eine sehr enge Beziehung zu zwei Brüdern – den Herren Michna von Vacínov. Auch ihr Mann in Wien hörte von den Gerüchten. Er bat den Saazer Hauptmann um Hilfe. Der ließ die junge Dame festnehmen und ins Ursulinenkloster in Prag bringen. Dort sollte sie Buße tun. Die Brüder Michna wurden mit Hausarrest bestraft. Der eine verbüßte die Strafe, der andere aber begab sich nach Nový Hrad, um mehr über die Situation zu erfahren. Hier wurde er verhaftet, sein Pferd und sein Hund wurden beschlagnahmt und er ins Gefängnis in Prag gesperrt. Frau Barbora hat sich bald darauf mit ihrem Ehemann versöhnt, kehrte zurück und als ein Zeichen der Buße ließ sie eine Johannes-Nepomuk-Statue errichten. Diese steht noch heute vor dem Eingang der Burg. Auf der Statue ist das Wappen der Löwenegg abgebildet.“

Anna Barbora von Löwenegg  (Foto: Martina Schneibergová)
Barbora von Löwenegg war allerdings gezwungen, die Herrschaft an ihren Sohn Leopold zu übertragen. Die Familie war damals stark verschuldet, weil die vielen Feste sehr teuer waren. Zudem wurde das Schloss während des Siebenjährigen Kriegs einige Mal geplündert. Nach Leopolds Tod verkaufte seine Frau das Schloss an Fürst Josef Adam von Schwarzenberg. Die Familie Schwarzenberg besaß das Schloss bis 1947. Dann wurde es nach dem sogenannten „Lex Schwarzenberg“ widerrechtlich vom Staat konfisziert. Unter den Schwarzenbergs hatte Nový Hrad verschiedene Funktionen, weiß Josef Kabát:

„Sie haben das Schloss zuerst in Stand gebracht. Es wurde als Jagdschloss genutzt, in der Umgebung wurden Jagden organisiert und im Schloss Jagdbälle. Später hatte die Verwaltung des Herrschaftsgebiets ihren Sitz in Nový Hrad. Die Säle im östlichen Flügel wurden in Büroräume umgewandelt. Aus der Residenz ist sozusagen ein Beamtenschloss geworden. Doch dann begannen die Napoleon-Kriege. Nach der Schlacht bei Kulm 1813 wurde in Nový Hrad ein Feldlazarett eingerichtet. Nur drei Jahre diente das Schloss als Lazarett. Es brachen Epidemien, wie Typhus und Cholera aus. Nach den drei Jahren war das Schloss sehr heruntergekommen. Im ersten Burghof, wo heute Eintrittskarten und Souvenirs verkauft werden, befand sich damals die Leichenhalle. Die verstorbenen wurden in Massengräbern in der Umgebung bestattet. Auf dem Weg nach Citoliby steht bis heute ein Kreuz mit der Inschrift: ´Hier liegen 138 Soldaten, die im Lazarett von Nový Hrad gestorben sind. ´“

Sozialistische Planer im Schloss

Brunnen im ersten Burghof  (Foto: Martina Schneibergová)
Die nächsten 20 Jahre traute sich kaum ein Mensch das Schloss zu betreten, weil die Angst vor Infektionen groß war. Später war die kaiserliche Kavallerie im Schloss untergebracht. Die Soldaten errichteten Mitte des 19. Jahrhunderts einen Brunnen im ersten Burghof, der von einer vier Kilometer entfernten Quelle gespeist wurde. Denn der bestehende Schlossbrunnen war für die Soldaten und ihre Pferde nicht ergiebig genug. Nach 20 Jahren musste das Schloss wieder in Stand gesetzt werden. Nový Hrad wurde anschließend als Großgrund genutzt. Während des Kommunismus nutzte eine landwirtschaftliche Genossenschaft das Schloss, so Josef Kabát:

Josef Kabát  (Foto: Martina Schneibergová)
„Anfang der 1970er Jahre gab es verschiedene Vorschläge, das Schloss der damaligen Zeit entsprechend umzufunktionieren. Aus den Dokumenten wissen wir, dass hier beispielsweise ein Bildungszentrum für hohe Funktionäre der Nationalausschüsse errichtet werden sollte. Die Vorstellungen über die Umgestaltung waren recht bizarr. Aus den historischen Sälen sollten kleine Zimmer entstehen, aus der Schwarzküche ein Speisesaal und eine Disko, in den gotischen Kellern sollte die Küche für das ganze Areal eingerichtet werden. Ein Fahrstuhl sollte auch nicht fehlen.“

Die sozialistischen Planer schafften es glücklicherweise nicht mehr, die Pläne zur Verunstaltung der historischen Sehenswürdigkeit umzusetzen.

Durch ein Tor kommt man in den zweiten Burghof. Dahinter liegt der ursprüngliche Burggraben. Graf Varrensbach ließ ihn erweitern, aber auch teilweise zuschütten und überdachen. Unter dem zweiten Burghof wurden anstelle der Burggräben Pferdeställe errichtet, erzählt Josef Kabát. Vom Burghof geht es einige Treppen hinunter in die Kellerräume, wo der Kastellan mit der Führung beginnt.

Weinkeller  (Foto: Martina Schneibergová)
„Wir stehen jetzt im oberen Stock der Burgkeller, direkt unter der Schwarzküche im ältesten Teil der Festung. In den Kellern wurden früher Getränke gelagert, es gab hier auch Weinkeller. Bis zum Dreißigjährigen Krieg wurde auf dem südlichen Abhang Wein angebaut. Während des Kriegs wurden die Weinberge zerstört und nie mehr neu aufgebaut. Wir haben vor, dort einen kleinen Teil des Weinbergs wieder zu errichten. In diesem Keller wurden früher Lebensmittel, wie Fleisch, Gemüse oder Obst gelagert. Die Temperaturen waren hier immer sehr niedrig.“

Während des vergangenen Winters wurde einer der Kellerräume restauriert. Er ist jetzt auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Die dort platzierte historische Weinpresse erinnert an die Zeiten, als unterhalb der Burg noch Weintrauben geerntet wurden.

Gotische Fresken

Das Schloss wird seit etwa 20 Jahren restauriert. Die größten Arbeiten wurden in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt. Von den gotischen Kellern geht es ins Erdgeschoss des Palastes. Als erstes betritt man einen Raum, der als historisches Bad eingerichtet ist, wie Josef Kabát erläutert:

„Vor der Instandsetzung wurden in diesem Zimmer lauter alte Bretter gelagert. Der Rauchfang ist nicht erhalten geblieben, aber wurde nach einem Abdruck in der Decke restauriert. Bei den Arbeiten wurde hier ein Kanal entdeckt, durch den das Wasser vom Burghof in den Burgraben geleitet wurde. Außerdem wurden hier Fragmente von Renaissancekacheln gefunden. Diese werden in einer Vitrine im Schloss ausgestellt.“

Die Führung durch das Schloss Nový Hrad werden wir in der nächsten Ausgabe des Reiselands fortsetzen. Das Schloss ist vom April bis Oktober täglich außer Montag geöffnet.

In einem weiteren Saal hat die landwirtschaftliche Genossenschaft einst chemische Dünger gelagert. Noch vor drei Jahren war er vollgestellt mit altem Baumaterial. Die Restauratoren fanden an den Wänden Fresken, die aus den Jahren 1510 und 1511 stammen. Noch ältere Fresken wurden an den Wänden eines weiteren Saals gefunden.

„Hier befinden wir uns im ältesten Teil der Burg. In diesem Raum waren früher Toiletten. Bei der Reparatur ritzte ein Arbeiter etwas tiefer unter den Putz und stieß auf die ältesten Fresken, die es in Nový Hrad gibt. Sie stammen aus den Jahren 1465 bis 1474, als die Burg gebaut wurde. Eine der Fresken zeigt ein Ritterturnier. Die Ritter auf den Pferden sind noch gut zu erkennen. Die Kunsthistoriker werden sich nicht darüber einig, was auf der anderen Freske abgebildet ist, von der die obere Hälfte nicht erhalten ist. Entweder handelt es sich um einen Faustkampf oder aber um Tanzende. Ich bin der Meinung, dass eher ein Faustkampf zu sehen ist. Denn ähnliche Fresken, jedoch komplett erhalten, sind in der Burg Švihov gefunden worden.“

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