Beste Beziehungen, schlechte Verkehrsverbindungen: tschechisch-österreichisches Treffen in Krumau
Beide Staaten haben einen direkt gewählten Staatspräsidenten, beide Staaten stehen vor neuen Regierungsbildungen und beide haben gerade eine erfolgreiche, gemeinsame Landesausstellung veranstaltet: Tschechien und Österreich. Zudem sind die Staatsoberhäupter Miloš Zeman und Heinz Fischer miteinander befreundet. Es gab also Gründe genug, sich im malerischen Český Krumlov / Krumau zu treffen.
Zugleich deutete der tschechische Staatspräsident jedoch auf das hin, woran es im tschechisch-österreichischen Verhältnis in den letzten Jahren gemangelt habe:
„Präsident Fischer hat völlig richtig sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass sich während der letzten vier Jahre die Verkehrsminister beider Seiten nicht ein einziges Mal getroffen haben. Wahrscheinlich ist auch das ein Grund, dass es keine guten Autobahnverbindungen gibt zwischen Brno / Brünn und Wien sowie zwischen Český Budějovice / Budweis und Linz.“
Heinz Fischer bestätigte dies, wies aber noch auf ein weiteres Problem hin bei den Verbindungen zwischen den beiden Nachbarn:„Die Verkehrsverbindungen liegen uns sehr am Herzen, und wir müssen den Zustand beenden, dass man von Wien nach Prag mit der Eisenbahn fast doppelt so lang braucht wie von Wien nach Salzburg. Das ist nicht notwendig, mehr noch: Das darf nicht sein und muss überwunden werden. Was wir machen können ist, die zuständigen Mitglieder der Regierungen und alle zuständigen Instanzen anzuspornen. Das werden wir gerne tun.“
Auch der Donau-Oder-Elbe-Kanal sei beim Treffen zur Sprache gekommen, so Miloš Zeman. Hierbei seien sich Österreich, Tschechien, aber auch Polen einig, dass eine solche Wasserstraße zur wirtschaftlichen Entwicklung der beteiligten Länder beitragen könne. Zeman schränkte jedoch ein:„Selbstverständlich ist uns beiden klar, dass dies ein langfristiges Projekt sein wird, und seine Realisierung keine Frage von wenigen Jahren ist.“
Beide Präsidenten berieten sich aber auch über die Außenpolitik. Auf dem Tisch liegt nämlich die Idee, Österreich als weiteres Mitglied in die Visegrád-Gruppe aus Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn aufzunehmen. Dazu Miloš Zeman:
„Österreich selbst hat bereits vor einigen Jahren eine strategische Zusammenarbeit vorgeschlagen und jetzt haben wir über das ähnlich gelagerte Projekt Visegrád-Plus gesprochen. Ich glaube fest, dass eine Ausweitung der Visegrád-Gruppe um ein solch ausgereiftes und inspiratives Land wie Österreich, den bisherigen Visegrád-Staaten neue und starke Impulse bringen würde.“Zemans Amtskollege Fischer wollte zu den Erweiterungsplänen nicht konkret Stellung beziehen. Er betonte aber, dass viele außenpolitische Ziele der Tschechischen Republik mit denen Österreichs konform gehen:
„Auch in der östlichen Partnerschaft der Europäischen Union ziehen wir an einem Strang. Zum Beispiel beurteilen wir das Assoziationsabkommen der Ukraine mit der Europäischen Union gleichartig. Auch unsere Vorstellungen über die Entwicklung auf dem westlichen Balkan sind ähnlich, und das wird sich bemerkbar machen, wenn unsere beiden Staaten hier gemeinsame Ziele verfolgen.“
Ein politisches tschechisch-österreichisches Treffen kommt aber nicht ohne das große Konfliktthema zwischen den beiden Staaten aus: Das südböhmisches Atomkraftwerk Temelín ist in Österreich weiter umstritten. Präsident Fischer findet jedoch diplomatische Worte:„Das Thema Temelín haben wir besprochen, ich habe es angeschnitten und die österreichische Position dargestellt. Aber wir machen das in einer rationalen und sachlichen Art, denn wir vertrauen auf sachliche Argumente und Zusammenarbeit. Wir wissen, dass die Tschechische Republik die Kernkraft in ihr Energieprogramm einbezogen hat, und die tschechischen Freunde wissen, dass Österreich ganz intensiv ersucht, das Thema Sicherheit in den Vordergrund zu rücken.“
Zeman erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass es bereits Abkommen Tschechiens sowohl mit Österreich als auch innerhalb der EU zu einer außergewöhnlich breiten Zusammenarbeit im Bereich der Kraftwerksicherheit gebe. Fischer betonte noch einmal seine Position:„Es ist ja nicht so, dass entweder die Tschechen oder die Österreicher hier gewinnen und der jeweils andere verliert, sondern es ist wichtig, dass die Vernunft gewinnt. Es kommt daher nicht darauf an, alle Staaten zur österreichischen Position zu bekehren. Das können wir nicht. Aber es kommt darauf an, in allen Staaten Sensibilität für die Wichtigkeit der Sicherheitsfragen zu wecken.“
Die vieldiskutierte Temelín-Problematik ist aber für Fischer kein Grund, an den guten Beziehungen zwischen den beiden Nachbarn zu zweifeln. Und er glaubt, dass sich diese in Zukunft sogar noch verbessern werden:„Es kommt noch hinzu, dass vor wenigen Tagen in Österreich Parlamentswahlen stattgefunden haben und in wenigen Tagen in der Tschechischen Republik Parlamentswahlen stattfinden werden. Wenn dann aufgrund der Wahlergebnisse neue Regierungen gebildet sind, wird es mit Beginn des Jahres 2014 zusätzliche Möglichkeiten und Impulse geben, unsere sehr gut entwickelten Beziehungen noch zu verstärken.“
Beide Präsidenten lobten zum Schluss noch die herausragende Arbeit der Landesausstellung. Die Teams auf beiden Seiten der Grenze hätten gezeigt, dass die Zusammenarbeit und Freundschaft beider Nationen aus den Wurzeln eines gemeinsamen Baums entspringe.