Bestürzung, aber auch Vorwürfe: Tschechien diskutiert über den Terror
Der Anschlag in Berlin schlägt weiter Wellen – und das auch in Tschechien. Unter den Politikern ist eine Diskussion entbrannt, wie sicher das Land ist. Vor allem geht es darum, welchen Einfluss die Migrationskrise hat. Dabei sind auch schwere Vorwürfe in Richtung Berlin zu hören.
In großen Teilen ist man sich in Tschechien jedoch einig, dass insbesondere die Migrationskrise verantwortlich sei für die erhöhte Terrorgefahr in Europa. Verkehrsminister Dan Ťok (Partei Ano) beriet konkrete Maßnahmen auch mit seinen EU-Amtskollegen. Laut Ťok ist ein besserer Schutz der Schengen-Außengrenzen nötig, Stichwort: australische Asylpolitik. Denn der Terror spielt sich nicht nur im Irak, in Syrien oder Nigeria ab:
„Das in Berlin war eine schreckliche und abscheuliche Tat. Und es ist wahr, der Terror kommt uns immer näher. Auch wenn Tschechien zurzeit kein direktes Ziel der Extremisten ist, muss man sich eines bewusst machen: Wir sind in einer Art Krieg mit den Terroristen, die unsere Art zu leben zerstören wollen. Das dürfen wir aber nicht zulassen.“Ähnliches ließ auch Präsident Miloš Zeman von sich hören, als er seinem deutschen Amtskollegen Joachim Gauck sein Bedauern ausdrückte. Der Angriff in Berlin sei ein Angriff auf unsere Kultur, die tief in uns verwurzelt sei und die wir liebten, so der Präsident.
Während Miloš Zeman, der als Hardliner in der Migrationsfrage gilt, sich geradezu diplomatisch äußerte, übte Vizepremier und Finanzminister Andrej Babiš (Partei Ano) scharfe Kritik. Und das an der Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auf seinem Facebook-Profil ließ Babiš verlauten:„Für diese schreckliche Tat ist auch die Migrationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel verantwortlich. Gerade sie hat es zugelassen, dass die Migranten in unkontrollierten Wellen nach Deutschland und Europa kommen. Ohne Dokumente und ohne dass irgendjemand weiß, wer sie sind.“
Man müsse eine ehrlichere Politik in Europa fahren und sich von der politischen Korrektheit verabschieden, fordert Babiš weiter im Text.Scharfe Kritik an den Vorwürfen von Andrej Babiš kam bereits von Premier Bohuslav Sobotka. Anstatt herumzubrüllen sollte der Minister helfen, wirklich realistische Lösungen zu finden, so der Premier.
Laut Innenminister Milan Chovanec war Babiš bei seiner Aussage nicht im Bilde über den Stand der Ermittlungen. Der zunächst verhaftete pakistanische Flüchtling sei ja falsch verdächtigt worden. Zudem müsse man sich bezüglich der Migration und der Muslime in Tschechien keine Sorgen machen, so Chovanec:
„Die Lage in Tschechien ist anders als in Deutschland, wenn man von einem Angriff des Islamischen Staates ausgeht, wie ja immer wahrscheinlicher wird. Hierzulande ist es nicht so wahrscheinlich, dass sich Terroristen aus den hier lebenden Muslimen rekrutieren. Die islamische Community bei uns ist sehr klein und sehr gut integriert. Es herrschen also ganz andere Grundvoraussetzungen als in Deutschland oder beispielsweise Österreich.“