Biathlon-WM: Hoffnungen ruhen auf Nachwuchs-Star Davidová

Markéta Davidová (Foto: ČT Sport)

Am Mittwoch beginnt die Biathlon-Weltmeisterschaft im schwedischen Östersund. Die Tschechen gelten dabei als Außenseiter, zumal Gabriela Koukalová nicht mehr dabei ist. Seit Ende Januar aber ist die Hoffnung zurück, denn mit Markéta Davidová ist ein neuer Stern aufgegangen.

Markéta Davidová  (Foto: ČT Sport)
Markéta Davidová ist zweifache Junioren-Europameisterin des Jahres 2017 sowie die Junioren-Weltmeisterin in der Verfolgung im Jahr 2018. Der Cheftrainer der tschechischen Nationalmannschaft, Ondřej Rybář, erkannte ihr Potenzial und ließ sie daher schon im Dezember 2016 beim Weltcup starten. Vor heimischen Publikum in Nové Město na Moravě / Neustadt in Mähren belegte sie im Sprint den 69. Platz. Heute bestätigt die 22-Jährige, dass ihr früher Einstand eine gute Entscheidung war:

„Ich bekam schon als Juniorin die Möglichkeit, bei den Erwachsenen zu starten. Das hat mir sehr geholfen, Erfahrungen zu sammeln und die Angst vor den großen Kontrahentinnen zu verlieren. Zudem habe ich mit meinem Coach sehr viel trainiert, so dass der Sprung vom Nachwuchs zur Elite für mich nicht so schwer war.“

Markéta Davidová: „Ich bekam schon als Juniorin die Möglichkeit, bei den Erwachsenen zu starten. Das hat mir sehr geholfen, Erfahrungen zu sammeln und die Angst vor den großen Kontrahentinnen zu verlieren.“

Im Wettstreit mit den weltbesten Biathletinnen musste Davidová jedoch auch viel Lehrgeld zahlen. An ihre tiefste Enttäuschung erinnert sie sich so:

„Das war im vergangenen Jahr beim Verfolgungsrennen in Frankreich, als ich als Sechzigste von 60 Starterinnen ins Ziel kam. Ich habe sehr schlecht geschossen, und auf der nicht enden wollenden Schlussrunde kamen mir fast die Tränen.“

In Wirklichkeit landete die Tschechin auf dem 58. Rang, doch mit zehn Schießfehlern war sie für sich gefühlt die Allerletzte. Umso größer war ihr Jubel nach dem Auftaktrennen der laufenden Saison im slowenischen Pokljuka. In der Einzelkonkurrenz über 15 Kilometer wurde sie Dritte und bestieg so erstmals das Siegerpodest im Weltcup:

Markéta Davidová  (Foto: ČT24)
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Im Wettkampf habe ich von Anfang an versucht, beim Schießen alle Eventualitäten auszublenden und mein eigenes Rennen zu laufen. Am Ende hatte ich wieder feuchte Augen, doch diesmal waren es Freudentränen.“

Das sportliche Talent wurde Markéta Davidová quasi in die Wiege gelegt: ihre Mutter spielte aktiv Volleyball, ihr Vater Basketball. Doch weshalb ist sie keine Ballsportlerin geworden, sondern über den Skisport zum Biathlon gekommen?

„Ich komme aus dem Gebirge. Das bedeutet, dass ich schon auf den Skiern stand, bevor ich richtig laufen konnte. Das war ganz sicher der Hauptgrund.“

Martin Fourcade  (Foto: Christian Bier,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
In ihrer Kindheit gewann das Mädchen aus dem Isergebirge dann auch wiederholt Nachwuchsrennen im Skilanglauf. Zum Biathlon kam sie erst als 15-Jährige. Und drei Jahre später wurde sie von dieser Sportart förmlich gefesselt, als sie mit ihren Freundinnen die Weltcup-Veranstaltung in Nové Město na Moravě besuchte:

„Ich erinnere mich noch genau. Uns hat es dort riesigen Spaß gemacht. Wir hatten uns kleine Fahnen ins Gesicht gemalt, waren begeisterte Fans dieses Sports und haben zahlreiche Stars fotografiert, die am Start waren. Ich weiß noch, dass der Franzose Simone Fourcade und sein Bruder Martin sehr gut unterwegs waren. Wir haben ihnen zugejubelt und die Rennen genossen.“

Von da an wusste Davidová genau, was auch sie erreichen will: Sie wollte eine feste Größe im Weltcup-Zirkus des Biathlon werden:

Davidová: „Ich komme aus dem Gebirge. Das bedeutet, dass ich schon auf den Skiern stand, bevor ich richtig laufen konnte. Es war mein Traum und mein Wunsch, dass ich eines Tages auch in der Weltelite mitlaufen werde.“

„Ich habe es damals gehofft. Es war mein Traum und mein Wunsch, dass ich eines Tages auch in der Weltelite mitlaufen werde.“

In der laufenden Saison ist Markéta Davidová nun der Durchbruch gelungen. Dem dritten Rang in Pokljuka folgten bis zur Weltmeisterschaft noch vier weitere Podiumsplätze, davon einer mit der Frauen-Staffel. Doch bis es so weit war, kam im Spätherbst erst einmal noch ein ordentlicher Dämpfer:

„Der Beginn der Saison war gar nicht so lustig wie es jetzt aussieht. In den ersten drei Rennen der Saison habe ich zwar einmal auf dem Podest gestanden, doch danach habe ich zweimal die Verfolgung verpasst, weil ich mich im Sprint nicht dafür qualifizieren konnte. Vor allem beim Heimrennen in Nové Město war ich darüber sehr betrübt.“

Laura Dahlmeier  (Foto: Christian Bier,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
Doch im neuen Jahr läuft es prächtig für die tschechische Nachwuchshoffnung. Dem dritten Platz mit der Staffel beim Weltcup in Oberhof folgte Ende Januar ihr großer Auftritt in Südtirol. In einem packenden Sprintrennen setzte sie sich in Antholz gegen die komplette Weltelite durch und feierte ihren ersten Weltcupsieg. Hatte sie mit einem solchen Triumph zumindest geliebäugelt?

„Ganz sicher nicht, denn ich hatte eine sehr niedrige Startnummer und nach mir kamen noch rund 90 Läuferinnen. Von daher konnte also noch viel passieren. Und es blieb auch spannend bis zum Schluss, denn mit der höchsten Startnummer ging Laura Dahlmeier ins Rennen. Und es sah lange auch so aus, dass sie gewinnt.“

Zuvor war aber erst einmal das lange Warten angesagt. Deshalb wollte Davidová nach ihrem Zieleinlauf zunächst gar nichts wissen:

Kaisa Mäkäräinen  (Foto: Christian Bier,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
„Ich habe mich zunächst verkrümelt. Denn ich wollte mir keine übertriebenen Hoffnungen machen, um am Ende nicht enttäuscht zu sein. Und zum Schluss habe ich nur noch aus dem Augenwinkel heraus versucht, Laura ein bisschen zu hypnotisieren und so zu bremsen – und es hat irgendwie geklappt.“

Markétas pure Freude über ihren ersten Weltcupsieg war berechtigt, zumal die Abstände zur Zweitplatzierten Finnin Kaisa Mäkäräinen und zur Dritten Olsbu Róiseland denkbar knapp waren. Im abschließenden Massenstartlauf wurde Davidová zudem Zweite hinter Olympiasiegerin Dahlmeier aus Deutschland. In der Verfolgung aber büßte sie ihre gute Ausgangsposition aufgrund zweier Schießfehler noch ein und wurde nur Vierzehnte. Das zeigte ihr erneut, wo ihre Schwächen liegen:

Markéta Davidová  (Foto: ČT Sport)
„Ich denke, dass ich beim Schießen immer noch zu schusselig bin. Ich muss weiter daran arbeiten, und es braucht wohl noch etwas Zeit, bis ich das in den Griff bekomme.“

Nach diesen Erfolgen und einem weiteren dritten Platz beim Einzelrennen im kanadischen Canmore wird Markéta Davidová von den Medien nun bereits als Nachfolgerin von Sprint-Weltmeisterin Gabriela Koukalová angesehen. Doch die Biathletin aus Janov nad Nisou sieht das anders:

„Ich versuche, mich nicht unter Druck zu setzen und keine Nervosität an mich ranzulassen. Gewiss bekomme ich mit, dass man jetzt auch über mich schreibt, doch ich versuche das auszublenden. Ich denke zum Beispiel, dass der Vergleich, den die Medien zwischen Gabriela Koukalová und mir ziehen, völlig unangebracht ist. Sie hat so viel erreicht, davon bin ich noch sehr weit entfernt.“

Davidová: „Ich denke, dass ich beim Schießen immer noch zu schusselig bin. Ich muss weiter daran arbeiten, und es braucht wohl noch etwas Zeit, bis ich das in den Griff bekomme.“

An den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang hatte Landsfrau Koukalová wegen Verletzungsproblemen nicht starten können. Danach war sie aus Enttäuschung, auch über einige Verantwortliche und Teamkollegen, aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Markéta Davidová hat sie daher auch noch nicht näher kennengelernt:

„Ich selbst habe Gabi nicht im Team erlebt. Von daher weiß ich nicht, wie das Ganze mit ihr funktioniert hat, was war oder was nicht war, wo die Wahrheit liegt. Doch ich denke, es ist ganz normal, dass es in einer Gruppe nicht immer reibungslos läuft. Wenn man mit jemandem ständig auf Tour ist, zahlreiche Wettkämpfe bestreitet, und so viel voneinander erfährt, dann stimmt die Chemie zwischen einigen mehr und bei anderen weniger.“

Markéta Davidová  (Foto: Kristýna Hladíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Davidová selbst schmiedet keine allzu großen Pläne. Ihr großes Ziel ist die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking. Danach sehe sie weiter, erklärte sie einmal in einem Gespräch. Aber an eine Karriere von mindestens noch zehn Jahren denke sie im Moment nicht, erwidert sie auf die Frage einer Rundfunkmoderatorin. Dann aber fügt sie noch hinzu:

„Man sollte aber niemals nie sagen, also wird man sehen. Vielleicht ändert sich ja alles und ich werde noch 20 Jahre Biathlon machen. Aber ganz im Ernst: Ich freue mich auch auf das Leben nach dem Sport, besonders auf eine Arbeit mit Tieren.“

Markéta Davidová studiert zurzeit an der Agraruniversität in Prag das Fachgebiet Rehabilitation und helfende Aktivitäten mit Tieren.

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen