Bis auf FPÖ verknüpft Österreich kein EU-Veto an Temelín-Frage

AKW Temelin

Der tschechische Ministerpräsident Milos Zeman und der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wollen sich überraschend an diesem Donnerstag in Brüssel treffen, um über das umstrittene Kernkraftwerk Temelín zu beraten. Die tschechische Regierung wollte für dieses Treffen am Mittwoch eine Kompromissvariante eines Dokumentes ausarbeiten, um den Melker Prozess nach Möglichkeit zu einem für beide Seiten annehmbaren Ende zu führen. Es herrscht eine rege Betriebsamkeit zwischen Prag und Wien zu dem die bilateralen Beziehungen alles überlastenden Thema, das endlich vom Tisch soll. Aus diesem Grunde war am Dienstag auch eine Delegation des Außenpolitischen Ausschusses des Österreichischen Nationalrates zu Gesprächen in der tschechischen Hauptstadt. Lothar Martin berichtet.

Die Gespräche der vier österreichischen Abgeordneten mit ihren tschechischen Amtskollegen haben einmal mehr gezeigt, dass auf der österreichischen Seite kein Konsens vorhanden ist in der Frage, in welcher Form man den Streitfall Temelín zu lösen gedenkt. Während nämlich die Vertreter von ÖVP, SPÖ und Grünen die Frage Temelín nicht mit dem beabsichtigten EU-Beitritt der Tschechischen Republik verknüpfen wollen, hielt Karl Schweitzer, der Abgeordnete der FPÖ, diese Möglichkeit nach wie vor aufrecht. Seiner Meinung nach darf das österreichische Parlament aufgrund eines einstimmig gefassten Beschlusses die Zustimmung zum EU-Beitritt Tschechiens nicht geben, solange nicht alle Sicherheitsfragen um das AKW Temelín gelöst seien. Seiner Auffassung nach würden diese Mängel aber noch bestehen: "Tatsache ist, dass es nach wie vor 21 offene Punkte gibt, was die Umweltverträglichkeitsprüfung bei Temelín betrifft, und dass es laut Austrian Technical Position Papers sieben offene Sicherheitsfragen gibt, auf die noch Antworten ausständig sind."

Dieser Aussage hielt der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des tschechischen Abgeordnetenhauses, Lubomír Zaorálek, u.a. folgendes entgegen:

"Wir sind davon überzeugt, dass Temelín heutzutage zu den sichersten Kernkraftwerken überhaupt gehört. Bei unseren Verhandlungen haben wir hingegen darüber gesprochen, zu wissen, dass es 12 Kernkraftwerke gibt, die man für nicht ganz sicher halten kann. Einige von ihnen befinden sich in der Nachbarschaft Österreichs. Deshalb halten wir das Problem von Temelín für ein falsches Problem. Und deshalb sagen wir: wenn, dann sollten wir über alle diese Kernkraftwerke sprechen und über die Fragen ihrer Sicherheit, insbesondere hinsichtlich der internationalen Bekämpfung des Terrorismus."

Tschechien, so Zaorálek weiter, wünsche eine generelle Konferenz auf europäischer Ebene, die sich allgemein mit den Fragen der Energiegewinnung, mit der Nutzung der Kernenergie und der Suche nach neuen Energiequellen befasst, und keine einseitig auf den Atomausstieg zugeschnittene Konferenz.

Dass die tschechisch-österreichischen Beziehungen nicht unter Temelín leiden sollten, da man mit den durchaus vorhandenen gemeinsamen Interessen in der EU auch mehr bewegen könne, dazu sagte der ÖVP-Abgeordnete Reinhold Lexer: