Blasmusik und die Geschichte des Pilsner Vorkriegsbürgermeisters
Wieder sind zwei Wochen um, und die Zeit für Ihre Sendung, liebe Hörerinnen und Hörer, ist gekommen. Mit Ihren Briefen, E-Mails und Postkarten werden wir die nächsten Minuten gestalten.
Unsere Postmappe war gut gefüllt. Das freut uns und besonders froh sind wir, dass Sie auch an Ihren Urlaubsorten an uns denken und unser Programm einschalten. Und damit sind wir bei den Empfangsberichten. Diesmal wollen wir uns bedanken bei Joachim Verhees aus Krefeld, der uns im lettischen Riga gehört hat, bei Harald Süss, der uns in seinem österreichischen Heimatort Strass-Silberwald empfangen hat, des Weiteren bei Michael Barawanski aus Annaberg-Buchholz und Wittich Oehmichen aus Dresden, das sind sozusagen unsere unmittelbaren geographischen Nachbarn, sowie Reiner Peuthert aus Stendal, der aber auch ein bisschen fremdgeht und zusätzlich zum deutschen Programm noch die russischen Sendungen hört. Schau an! Allen jedenfalls vielen Dank für Ihre Sendeberichte und das eine oder andere Wort dazu, aber selbstverständlich auch Dank an alle, die dieses Mal nicht erwähnt wurden.
Wie wir Ihren Empfangsberichten entnehmen konnten, ist die Qualität unserer Kurzwellenausstrahlung durchaus unterschiedlich. Es gibt viele Faktoren, die dies beeinflussen. Achim Kissel aus Duisburg hat deswegen im Juli zum ersten Mal unsere Satellitenausstrahlung im WRN-Modus getestet. Er schreibt:
„Bei eventuellen Störungen des Kurzwellenempfangs eine gute Alternative. Vielleicht hilft WRN den beteiligten Radiostationen, neue Hörer zu gewinnen. Ich bleibe aber, solange es geht, der guten alten Kurzwelle treu.“
Na, das ist ein Wort, uns ist auf jeden Fall beides recht. Trotzdem nenne ich Ihnen noch einmal die Möglichkeiten, uns per Satellit zu empfangen. Und zwar sind das unsere Sendungen am Freitag und Samstag um 14 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf 9850 Kilohertz.
Einige von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, haben uns auch längere Briefe geschrieben. Klaus Nindel aus Dresden hat beispielsweise unser MusikCzech vom 29. Juli besonders gut gefallen, wie er an meinen Kollegen Lothar Martin schreibt:
„Danke für Ihre Sendung über die Blaskapelle Šohajka. Ich höre immer wieder diese ´urige Musik´gern. Leider war die Sendung zu kurz, um die Stücke in voller Länge ausspielen zu lassen. Aber hier in Dresden haben wir ja die Möglichkeit, Ihr Inlandsprogramm zu hören. Da höre ich mir manchmal über das zweite Programm des Tschechischen Rundfunks eine Blasmusiksendung aus einem ihrer Landesstudios an.“
Neben unserer Sendereihe MusikCzech hat Sie auch erneut unser „Tonarchiv“ angesprochen. Dort sind wir ja in einer unserer letzten Sendungen in die Geschichte des Radsports gegangen und haben etwas zur Friedensfahrt vorbereitet. Die Friedensfahrt galt damals als Antwort des Ostblocks auf die Tour de France und soll die härteste Amateurrundfahrt gewesen sein. Bei unserem Hörer Ulrich Stühmke aus Essen hat dies Erinnerungen wach gerufen, wie er schreibt:
„Dieses Radrennen hat mich damals auch immer interessiert. Einmal konnte ich das Rennen sogar live beobachten. Die Strecke führte zu dem Zeitpunkt durch Teltow bei Berlin. Ich stand am Straßenrand und war wie alle anderen Zuschauer begeistert. Da das Etappenziel Berlin war, also Ostberlin, ging die Tour um Westberlin herum. Ich fand es dann erstaunlich, als über Lautsprecher die Ankunft der ersten Teilnehmer am Berliner Ziel verkündet wurde, während noch am laufenden Band andere Rennfahrer durch Teltow radelten. Die Entfernung bis zum Ziel betrug mindestens 30 bis 40 Kilometer. So dauerte es noch sehr lange, bis auch der letzte Fahrer das Ziel erreichte. Dies konnte ich dann noch am Radio verfolgen.“
Als großer Fan unseres „Tonarchivs“ hat sich auch Ulrich Wicke aus Felsberg zu erkennen gegeben. Er sagt, es zähle zu den Höhepunkten unseres Programms. Das freut uns natürlich, zumal es nicht leicht ist, immer wieder interessante alte Aufnahmen in unserem Archiv zu finden. Jedenfalls schreibt Herr Wicke:
„In der heutigen Sendung wurde die bittere Ironie von Geschichte besonders deutlich: Ein Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkriegs war die Beseitigung der Spuren des Ersten Weltkriegs in Pilsen Thema einer Ansprache des damaligen Bürgermeisters. Ich vermute einmal, dass es diesem als Tschechen und Sozialdemokraten unter der deutschen Besatzung, die ja nur wenige Monate nach der Rede begann, nicht sonderlich gut erging.“
Da haben Sie recht, Herr Wicke, Bürgermeister Luděk Pik wurde von den Nazis verfolgt. Am meisten Informationen über Pik bieten die Internetseiten der tschechischen Sozialdemokraten im Kreis Pilsen. Dort erfährt man, dass für den sozialdemokratischen Stadtherrn nicht erst der Einmarsch Hitlers am 15. März 1939 schicksalsträchtig wurde, sondern bereits die Abtrennung der Sudetengebiete Ende September 1938. Pilsen wurde damit nämlich zur Grenzstadt, Pik war dort nicht mehr sicher, wurde mehrfach überfallen und letztlich im Dezember zum Rücktritt von seinem Bürgermeisteramt gezwungen. Nur rund einen Monat nach dem Einmarsch der Nazis in den Rest Böhmens und Mährens kam dann die Verhaftung durch die Gestapo. Pik konnte dann aber doch freikommen, sollte sich aber jeden Tag bei der Polizei melden. Ab diesem Moment im Mai 1939 hielt sich der Ex-Bürgermeister lieber versteckt. Erst im August 1944 griff ihn die Gestapo erneut auf. Vor dem Transport ins Konzentrationslager bewahrte ihn der Arzt, der die Gefahr einer Herzattacke sah.
Nach der Befreiung der Tschechoslowakei von den Nazis kehrte Luděk Pik nicht in die Politik zurück. Oder besser gesagt: Er wurde nicht gelassen. Die Kommunisten hatten eine starke Position in seiner Heimatstadt Pilsen und verhinderten die Rückkehr des Sozialdemokraten. Mit 71 Jahren starb Pik kurz nach der Machtergreifung der Kommunisten am 19. April 1948 an Herzversagen in einem Pilsner Krankenhaus. Soweit zur Ergänzung unseres Tonarchivs vom 4. August.
Langsam nähern wir uns dem Ende unseres heutigen Hörerforums. Vorher möchte ich aber erwähnen, dass zwei unserer Hörer angekündigt haben, Tschechien einen Besuch abzustatten: Dieter Kraus aus Neumünster fährt dieses Jahr nach Jáchymov / Joachimsthal und will dort eine Kur machen. Gerhard Schreier aus Kirchhundem wiederum schreibt uns, dass er im September Trutnov / Trautenau besuchen werde. Dort wolle er Fremdenführer spielen für seine alte Schulklasse aus Heidelberg. Wir jeden Fall aus dem Radio-Prag-Team freuen uns natürlich, wenn Sie das Land besuchen, über das Sie jeden Tag von uns hören. Und vielleicht schreiben Sie uns ja auch ein paar Zeilen über das, was Sie hier erlebt haben. Viel Spaß auf jeden Fall in Tschechien!
So, und nun bleibt nur noch der übliche Hinweis, dass Sie uns selbstverständlich auch weiterhin unter den bekannten Adressen erreichen können. Und zwar per Post unter: Radio Prag, Vinohradska 12, 12099 Praha 2, Tschechische Republik. Und per E-Mail unter: [email protected]. Machen Sie es gut und bis zum nächsten Mal!