Blumen und Bierdeckel für Pilsen – bayerische Beiträge zur Europäischen Kulturhauptstadt
Wer „Pilsen“ hört, denkt als erstes an das berühmteste Exportprodukt der westböhmischen Stadt. Doch spätestens im Jahr 2015 wollen die Pilsner zeigen, dass sie noch mehr zu bieten haben als Bier: Dann wird Plzeň / Pilsen nämlich Kulturhauptstadt Europas. Einer der Partner des Projekts ist das „Centrum Bavaria Bohemia“ in Schönsee. Unter dem Titel „regio2015“ hat das Zentrum Fördergelder von der EU beantragt, um das Pilsner Programm mit bayerischen Beiträgen zu ergänzen. Im Juni wurden die Gelder nun definitiv zugesprochen; sie stammen aus dem Ziel-3-Programm zur Förderung grenzübergreifender Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Bayern und der Tschechischen Republik. Ein Interview mit Hans Eibauer, dem Leiter des „Centrum Bavaria Bohemia“, über die bayerische Beteiligung.
„Wir sind schon seit 2011 dabei, Beiträge der bayerischen Seite für das Programm von Pilsen 2015 zu suchen. Mit dem Projekt ‚Impuls 2015’ ist uns das inzwischen auch gelungen. Über 100 Projekte von bayerischer Seite sind eingereicht worden. Alle werden sicher nicht realisiert, aber es zeichnet sich ab, dass einige auf jeden Fall umgesetzt werden. Etwa 15 Projekte werden in das sogenannte Top-Projekte-Programm von Pilsen 2015 aufgenommen. Das Begleitprogramm besteht vor allem aus Veranstaltungen, die in der Region stattfinden, sei es auf der tschechischen oder der bayerischen Seite. Zu den interessanten Projekten, die 2015 umgesetzt werden, gehört zum Beispiel der ‚Zug zur Kultur’. Es fährt ja mehrmals täglich von München über Regensburg und Pilsen ein Zug nach Prag. Geplant ist, dass 2015 an den Wochenenden zwischen Regensburg und Pilsen ein Waggon an diesen Zug angehängt wird. In diesem Waggon ist Platz, um ein Kulturprogramm zur Einstimmung der Gäste durchzuführen, zum Beispiel mit Musikern oder anderen Künstlern. Das ist eines der spektakulären Projekte. Des Weiteren gibt es einen Schriftsteller, der einen Bierdeckelkrimi verfassen; das ist ein Krimi auf neun Bierdeckeln. Da muss er sich natürlich sehr kurz halten, aber offensichtlich funktioniert das. Das wird bestimmt eine spannende Geschichte. Im Jahr 2015 kann man dann also versuchen, alle neun Bierdeckel zu sammeln und sie so zusammenzusetzen, dass der Krimi vollständig ist.“
Das klingt sehr interessant – da dürfte Ihnen die Auswahl nicht leicht gefallen sein...„Ja, wir haben das sehr intensiv vorbereitet. Im Frühjahr 2012 fanden thematische Workshops statt. Wir haben die eingereichten Ideen in Themen eingeteilt und dann in Gruppen intensiv diskutiert: Sind die Ideen umsetz- und vor allem auch finanzierbar? An einigen wurde dann auch sehr viel verändert. Es hat sich aber doch eine Menge von Beiträgen herauskristallisiert, die jetzt auf das Jahr 2015 umgesetzt werden. Die Veranstalter in Pilsen haben entschieden, 15 oder 16 der bayerischen Beiträge als Top-Projekte zu verwenden. Da steht auch bei den meisten schon die Finanzierung. Die Stadt Regensburg ist ebenfalls als Partnerin beteiligt, die kümmert sich als Partnerin des Projektes um die Regensburger Beiträge. Das Centrum Bavaria Bohemia ist aber sozusagen der organisatorische Mittelpunkt der Beiträge der bayerischen Seite. Und die Organisationsgesellschaft von Pilsen 2015 ist natürlich auch mit im Boot.“
Gibt es ein Projekt, das für Sie persönlich heraussticht?„Man muss unterscheiden zwischen den Veranstaltungen, die in Pilsen stattfinden, und jenen, die in der Region stattfinden. Von denen, die in Pilsen stattfinden, ist der Beitrag unter dem Titel ‚Blumen für Pilsen’ eine ganz besondere Herausforderung. Die Idee ist, an einem Sonntag im Frühjahr 2015 eine Welle von bayerischen Kulturakteuren und Kulturinteressierten nach Pilsen zu bringen. Sie haben einen Lastwagen voll Blumen dabei, und diese Blumen werden auf dem Stadtplatz an die Pilsner verschenkt. Im Zusammenhang mit dieser Aktion werden auch viele bayerische Künstler auftreten. Rund um den Stadtplatz wird eine lange Reihe von Tischen aufgebaut, so dass sich dann alle zusammen hinsetzen und Pilsner oder möglicherweise auch bayerisches Bier trinken können.“
Ein weiteres solches Großprojekt sollte ja der so genannte „Highway of Arts“ sein. Was ist damit geschehen?„Der ‚Highway of Arts’ ist leider gestorben, das muss man fast so sagen. Das Projekt hat uns wirklich sehr gefallen, und wir wollten es unbedingt umsetzen. Aber letztlich ist es an der Finanzierung gescheitert. Ursprünglich war die Idee, dass insgesamt zehn große Kunstwerke entlang der Autobahn zwischen der Oberpfalz und Pilsen aufgestellt werden; je fünf auf der bayerischen Seite, geschaffen von tschechischen Künstlern, und je fünf auf der tschechischen Seite von bayerischen Künstlern. Wir haben dann intensiv diskutiert und natürlich auch die Kosten ermittelt. Dabei mussten wir feststellen, dass wir das Budget für diese Kunstwerke nicht auftreiben können. Eine Förderung hat nicht im Raum gestanden, und den Sponsoren war es dann einfach zu teuer. Deswegen mussten wir diese Idee leider aufgeben, was wir sehr bedauert haben. Aber gut, manchmal lässt sich halt nicht alles realisieren.“
Die Finanzierung ist bestimmt ein großer Aufgabenbereich. Welche weiteren Schritte müssen Sie bis 2015 unternehmen, damit alles nach Plan klappt?„Jetzt geht es darum, dass wir bis zum Jahresende endgültig definieren, was alles ins Programm von Pilsen 2015 aufgenommen wird, wann die Termine sind und an welchen Orten in Pilsen und Umgebung die Veranstaltungen stattfinden. Dann bedarf es natürlich noch der entsprechenden organisatorischen Vorbereitungen. Das werden wir also nächstes Jahr vom Centrum Bavaria Bohemia, von Regensburg und von Pilsen aus machen; da werden sich alle Mitarbeiter intensiv darum kümmern. Man muss sich vorstellen, dass wir zum Beispiel beim ‚Zug zur Kultur’ für jedes Wochenende Künstler engagieren und mit ihnen Verträge machen müssen. Das alles in trockene Tücher zu bringen ist eine riesige Arbeit. Ganz wichtig ist natürlich auch das Marketing für Pilsen 2015. Wir wollen dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen von der bayerischen Seite das Kulturhauptstadt-Jahr nützen, um nach Pilsen oder in die Region zu fahren. Uns und auch der Pilsner Seite ist es sehr wichtig, dass sich nicht alles auf Pilsen konzentriert, sondern dass die Nachbarregionen miteinbezogen werden. Das heißt, es gibt im Kreis Pilsen und auch auf der bayerischen Seite ein Programm, das thematisch in das Kulturhauptstadt-Jahr eingeordnet ist: zum Beispiel westböhmischer Barock oder Industrie und industrielles Erbe. Da ist also eine ganze Menge an Vorarbeit zu leisten, und das werden wir im Rahmen dieses Projekts dann auch tun.“