Böhmerwald-Kelten laden ein: Archäopark in Prášily
Die Böhmerwald-Gemeinde Prášily / Stubenbach liegt etwa 11 Kilometer südöstlich von der Grenzstadt Železná Ruda / Markt Eisenstein entfernt. Prášily hat zwar nur etwa 140 Einwohner, aber in der Sommersaison wimmelt es in Prášily von Touristen, die zu Fuß oder auch mit dem Rad durch den Nationalpark Böhmerwald wandern. In der letzten Zeit ist der Ort auch zum beliebten Ziel aller derjenigen geworden, die sich für die Keltengeschichte interessieren. Am Rande der Gemeinde entstand vor kurzem ein authentisches Keltendorf.
Die Idee, einen Archäopark – also einen archäologischen Erlebnispark - in Prášily zu errichten, ist von der Gemeinde ausgegangen, sagt Václav Horák von der Bürgervereinigung „Keltoi“. Denn die Leute in Prášily wollten einen etwas ungewöhnlichen Anziehungspunkt für die Böhmerwald-Besucher einrichten.
„Die hiesigen Unternehmer waren daran interessiert, hier einen Archäopark zu gründen, obwohl hier direkt keine Kelten gelebt hatten. Aber in der Umgebung gab es einige Keltensiedlungen – beispielsweise bei Velhartice. Bekannt ist auch die keltische Burgstätte Obří hrad (Riesenburg) bei Kašperské Hory / Bergreichenstein. Die archäologischen Funde von dort belegen die Anwesenheit der Kelten im Böhmerwald. In Prášily begannen die Keltoi-Mitglieder eine keltische Ursiedlung nachzubauen, dabei stützten sie sich auf Funde, die auf dem Gebiet Tschechiens gemacht wurden.“ Václav Horák ist von Beruf Computerexperte und die Keltenforschung war für ihn Jahre lang ein Hobby, das mit der Zeit, wie er sagt, zur Verpflichtung geworden ist. Der Bau einer möglichst originalgetreu aussehenden keltischen Siedlung hängt mit der Experimentalarchäologie stark zusammen.„Wir haben beim Bau der verschiedenen Objekte fast nie die Motorsäge benutzt. Alle Balken wurden von Hand bearbeitet. Die Balken wurden mit Holznägeln miteinander verbunden. Das beim Bau benutzte Schilfrohr wurde mit Lederstücken zusammengebunden. Wir bemühten uns, den Anweisungen der Archäologen zu folgen, damit alles wirklich möglichst original aussieht. Unsere Vereinigung arbeitet seit 15 Jahren mit Archäologen zusammen. Wir haben unsere ´Hofberater´ so zu sagen. Alles wurde einem Originalvorbild nachgebildet.“
Am Bau der Keltensiedlung in Prášily arbeiten die passionierten Keltenfreunde seit drei Jahren.„Jedes Jahr bauen wir ein größeres Haus. Zuerst haben wir das Wohnhaus errichtet, dann kam das große Herrenhaus hinzu. Jetzt arbeiteten wir am Eingangstor mit der Befestigung. Das Herrenhaus wurde nach einem Fund von Mšecké Žehrovice gebaut. Es diente höchstwahrscheinlich irgendwelchen rituellen Festen, an denen mehrere Leute teilnahmen. Das Haus hat eine Fläche von etwa 140 Quadratmetern. In diesem großen Haus konnten 100 – 150 Menschen bei Festmählern zusammentreffen.“
Das Wohnhaus, das die Keltoi-Mitglieder als erste gebaut hatten, hat ein unbekannter Täter im Frühjahr in Brand gesetzt, und es sind nur Reste davon erhalten geblieben.„Das abgebrannte Haus wurde natürlich auch nach einer Vorlage gebaut, die von den archäologischen Funden ausging. Leider müssen wir jetzt versuchen, Gelder für die Renovierung des Wohnhauses zu sammeln. Das Eingangstor wurde ähnlich wie das Tor im Oppidum in Nevězice erbaut.
Dort handelte es sich um das hintere Tor, das mit einer 2 Kilometer langen Befestigung aus Stein umsäumt war. Wir haben hier eine 40 Meter lange Befestigung errichtet. In der Keltensiedlung gibt es zudem überdachte Ecken, wo die verschiedenen Handwerke präsentiert werden. Es gibt hier Öfen zum Brotbacken sowie für die Schmiedearbeit. Die Besucher können sich hier eine Vorstellung davon machen, wie die Kelten vor etwa 2000 Jahren auf unserem Gebiet gelebt haben.“ Die Keltoi-Mitglieder bereiten in ihrem Keltendorf während des Jahres verschiedene Feste vor, die sich eines großen Interesses der Besucher erfreuen. So wurde Ende Juli beispielsweise das Fest des Sonnengottes - das so genannte Lughnasad – gefeiert. Am 25. Oktober laden die Keltenfreunde zu den Feierlichkeiten zum keltischen Neujahr ein. Unter den Besuchern des Keltendorfes sind während des Jahres auch viele Schulklassen.„Wir bereiten auch spezielle Programme für Schüler vor, die hier Geschichtsunterricht haben. Auf Bestellung können wir auch die Handwerkstätigkeiten vorführen. Sonst sind die Requisiten hier immer ausgestellt, aber die Handwerker, die die konkrete Tätigkeit vorführen, können nicht ständig hier sein. Dies wäre zu teuer, aber nächstes Jahr rechnen wir schon mit der ständigen Besetzung der einzelnen Werkstätten.“Während des Lughnasad-Festes konnten die Besucher beispielsweise erfahren, wie die keltischen Münzen geprägt wurden. Wie die Münzen ausgehen hatten, davon haben die Experten eine genaue Vorstellung, denn aus der Keltenzeit sind viele Münzen erhalten geblieben.
„Die Kelten haben diese Münzen eher als Sold für ihre Soldaten oder beim Handel mit dem Ausland benutzt. Mit den Geldstücken konnte man in Italien oder Frankreich bezahlen. Damit bezahlten sie Waren, die für sie besonders wertvoll waren und die sie dann hierher mitbrachten. Die Münzen waren eigentlich ein Zeichen der Macht. Wir haben hier eine komplette Werkstatt, in der auch die Prägeeisen nicht fehlen.“ Kopien von keltischen Münzen sowie von Keltenschmuck oder andere Keltensouvenirs kann man in einem kleinen Laden beim Archäopark kaufen. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Gegenstände wird für den Ausbau des Keltendorfs genutzt. Bislang kostete der Bau der Keltensiedlung in Prášily etwa 1,5 Millionen Kronen (ca. 60.000 Euro). Die Keltoi-Leute arbeiten auch weiterhin an der Erweiterung des Keltendorfs. Mehr über den Archäopark erfahren Sie unter www.archeoparkprasily.czFotos: Autorin