Bridge - Das Spiel der 30er Jahre

0:00
/
0:00

Diesmal haben wir für Sie in den hintersten Ecken unseres Tonarchivs gekramt und sind auf eine Aufnahme gestoßen, die so gar nichts mit Politik oder Geschichte zu tun hat. Es geht vielmehr um ein gesellschaftliches Phänomen – die Bridge-Gesellschaft der 30er Jahre, um genau zu sein. Zu dieser Zeit wurde das Kartenspiel revolutioniert. Das veranlasste 1937 den Tschechoslowakischen Rundfunk, Bridge und seine Eigenarten einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Das Mysterium der Bridge-Stube. Wenn du, lieber Hörer, und du, noch liebere Hörerin, das erste Mal eine Bridge-Stube betrittst, so wirst du von dem brennenden Wunsch erfüllt sein, doch auch in die Sekte der Bridge-Gläubigen aufgenommen zu werden. Vor allem hat Bridge, der neue Gott der Gesellschaft, unseren Damen zu einer erfreulichen Hebung des Selbstbewusstseins und zu einer anregenden Art der Ausfüllung zu viel freier Zeit verholfen.“

1935 fand die erste Bridge-Weltmeisterschaft statt, vorläufiger Höhepunkt des damaligen Booms. Ausgelöst wurde der Boom durch das so genannte „Blue Book“, die Bridge-Bibel des Amerikaners Ely Culbertson. Heute zieht es weltweit knapp 700.000 Mitglieder von Bridge-Vereinen regelmäßig an die grünen Spieltische, Tendenz steigend. In Tschechien gibt es derzeit 30 Vereine. Dort versuchen die Spieler, in Zweierteams, die Gegner durch gekonntes Eröffnen, Forcieren und Kontrieren zu übertrumpfen. Dem Bridge-Spieler wird bei solchen Finten ein großes Ego nachgesagt:

„Es gibt nur einen einzigen Fall, in dem Bridge-Spieler einen, aber auch nur einen einzigen Fehler eingestehen: Wenn sie viel gewonnen haben. Dann macht es sich gut, auch einen Fehler gemacht zu haben, denn die eigene große Spielkunst ist durch die Tatsache des Gewinns ja genug erwiesen worden.“

Der gemeine Bridge-Spieler beherrscht jedoch nicht nur eine Minderheitensprache mit Wendungen wie „Drei Passanten“ oder „tiefe Impässe“, er ist auch ein Feldherr. Dass das gegnerische Team um jeden Preis bezwungen werden muss, ist klar, doch auch zu seinem vermeintlichen Alliierten hat der gemeine Bridge-Spieler nicht immer ein unbelastetes Verhältnis.

„Und glaube ja nicht, dass dein Partner beim Bridge auch unbedingt dein Freund sein muss. Oh nein! Wenn du einen kleinen Fehler gemacht hast, dann wird er dich, wenn er ein guter Spieler ist und dir das zeigen will - und wer will das nicht - auf deinen Fehler festnageln, nur um dir zu beweisen, wie schlecht du spielst. Und du siehst ein, dass das Bridge-Spiel ein Martyrium und ein Krieg ist, und kannst doch nicht von ihm los.“

In einigen Stunden kann man auch dem blutigsten Anfänger das Nötigste an Spieltheorie eintrichtern. Wenn er dann auf die bridgespielende Menschheit losgelassen wird, verrohe er zusehends, so die Meinung unseres Sprechers. Deshalb schließt er mit einen Appell an die Menschlichkeit des Bridge-Spielers.

„Wenn dich aber jemand fragt, ob es auch sympathische Brigde-Spieler geben mag, dann denke sorgfältig nach. Und solltest du - außer dir selbst natürlich - bei noch einem Bridge-Genossen diese Eigenschaft entdecken, na dann ist an dir noch nicht alles verloren, dann ist noch Besserung möglich. Dann wirst du noch in lichten Momenten lächeln, über das Mysterium der Bridge-Stube und vielleicht auch über dich selbst.“