Bringt Tschechien politisches Know-How nach Jugoslawien ?
Nach der Wahl des neuen jugoslawischen Präsidenten Kostunica, hatte man sich auch in Tschechien sehr schnell bemüht, die seit mehreren Jahren unterbrochenen diplomatischen Beziehungen wieder herzustellen. So setzte man auch im Parlament die Aufhebung der bisher geltenden Wirtschaftsanktionen durch, um als eines der ersten Länder mit Finanz und Wirtschaftshilfe vor Ort präsent zu sein. Doch jetzt jedoch soll Tschechien auch die Rolle eines Vermittlers bei der Auswahl neuer politischer Führungskräfte in Jugoslawien sein. Hintergründe von unserem freien Mitarbeiter Armin Sandmann:
Kaum war der neue jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica in seinem Amt vereidigt, da begannen auch schon die diplomatischen Aktivitäten von tschechischer Seite. Nach Aussagen des stellvertretenden Martin Palous sei Tschechien gerade zu von seinen Verbündeten aus der NATO zu diesen aktiven Verhandlungen mit Jugoslawien gedrängt worden. Konkrete Namen jedoch wollte Palous nicht nennen. Doch gegen diese Aussage wehrte sich der Chef der tschechischen Diplomatie, Jan Kavan. Seinen Worten zufolge habe kein Mitgliedsstaat aus den Reihen der NATO Tschechien gezwungen, eine Vermittlerrolle auszuüben. Zudem könne er sich nicht vorstellen, dass sich ein souveräner Staat, wie es Jugoslawien sei, von irgendjemandem in seine innenpolitische Angelegenheit reden lasse. Doch noch vor dem Machtwechsel in Belgrad setzte sich der tschechische Präsident Vaclav Havel für die Unterstützung der damaligen Opposition ein, indem er ihre Vertreter als Gäste der tschechischen Delegation an der Istanbuler Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa teilnehmen ließ. Einer der ersten tschechischen Gäste nach den Präsidentenwahlen in Belgrad war gerade der stellvertretende Außenminister Martin Palous.
Dieser verhandelte nicht nur mit Präsident Vojislav Kostunica, aber auch mit Vertretern der politischen Führung in der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro. Unterdessen war auch schon der wirtschaftliche Berater des montenegrinischen Präsidenten Djukanovic zu Konsultationen in Prag. Zu Beginn dieser Woche reiste dann der tschechische Außenminister Jan Kavan nach Belgrad, um dort mit Experten der G17 Gruppe Verhandlungen zu Wirtschaftfragen mit Präsident Kostunica aufzunehmen. Weitere Stationen seiner Reise waren ein Besuch eines belgrader Krankenhauses und ein Gespräch mit dem montenegrinischen Präsidenten Djukanovic selbst über eine eventuelle Unabhängigkeit der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro. Den Vorteil, warum gerade Tschechien als neuerlicher Vermittler auf dem Balkan wirken könnte, sieht der stellvertretende Verteidigungsminister Jaromir Novotny darin, dass die Tschechische Republik niemals nur eine Konfliktpartei während der verschiedenen Krisen auf dem Balkan unterstützt habe und daher sein diplomatisches Ansehen in Belgrad nicht verloren habe.