Bummeln aus Berechnung: Tschechien hat weiterhin kein Datum für den Euro

Foto: Europäische Kommission

Geringerer Lebensstandard, höhere Arbeitslosigkeit und eine schwächere Währung: Die Slowakei stand immer im Schatten von Tschechien in wirtschaftlichen Belangen. Ab dem kommenden Jahr werden die Slowaken aber den Tschechen etwas voraushaben: den Euro. Die Europäische Kommission wird Bratislava am Mittwoch grünes Licht für die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung geben. Dies war bereits vorab bekannt geworden. Was ist aber mit der Euroeinführung in Tschechien? Ein Update.

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„Dem Mutigen winkt das Glück“ – so lautet das Motto in Bratislava. In Prag hingegen heißt es: „Vorsicht ist die Mutter aller Porzellankisten.“ In zwei unterschiedlichen Wirtschaftswelten leben mittlerweile die einstigen Brüder. Es geht ums liebe Geld. Und da hat jeder sein eigenes Rezept. Als Wirtschaftswissenschaftler, so hatte der tschechische Staatspräsident Václav Klaus Anfang des Jahres bei einem Besuch in der Slowakei gesagt, halte er die Einführung des Euro in der Slowakei zum kommenden Jahr für einen wagemutigen Schritt. In Tschechien selbst sind andere Daten im Gespräch: Am häufigsten genannt werden 2012 oder 2014.

„Der Schlüsselfaktor, der beeinflusst, ob wir den Euro 2012 oder 2014 einführen, sind die öffentlichen Finanzen. Sie sind das einzige Problem der Tschechischen Republik, das bisher noch nicht gelöst worden ist. Und das werden sie wahrscheinlich noch einige Jahre bleiben“, sagt Vladimír Pikora vom Finanzberatungsunternehmen Next Finance.

Tschechien war 2007 erneut aus Brüssel für die mangelnde Haushaltsdisziplin gerügt worden. Der in den Maastricht-Kriterien zur Euro-Einführung geforderte Wert von drei Prozent wurde wieder einmal verfehlt.

Auf Regierungsseite stellt sich die Lage deswegen so dar: Erst wenn es gelingt, mit den begonnenen Reformen den Staatshaushalt zu sanieren, wird weiter gedacht. Dies ist die Quintessenz der Aussagen von Premier Mirek Topolánek. Das ist allerdings nicht die ganze Wahrheit. Augenscheinlich bummelt die derzeitige konservative Regierungskoalition aus Berechnung: Im Kabinett haben eben die Euroskeptiker das Sagen. Und an den entscheidenden Stellen im Finanzsektor sieht es ähnlich aus - etwa im Rat der tschechischen Nationalbank, der über die Euro-Einführung berät. Die Ratsmitglieder werden vom Staatspräsidenten ernannt und damit dem skeptischsten aller Euroskeptiker, Václav Klaus. Aus dieser Stimmung heraus glaubt der Chefökonom der tschechischen Raiffeisenbank, Pavel Mertlík, auch nicht an eine plötzliche Beschleunigung:

„Über den Beitritt zur Euro-Zone wird die gegenwärtige Regierung ganz offensichtlich nicht entscheiden. Die nächste Regierung wird erst 2010 gebildet, so dass als realistischer Termin für die Euro-Einführung der 1. Januar 2014 in Frage kommt.“

Der Vorsitzende der tschechischen Nationalbank, Zdeněk Tůma, hat sogar das Jahr 2019 als Stichdatum vorgeschlagen. Es ist symbolisch gemeint, denn dann feiert die tschechische beziehungsweise die frühere tschechoslowakische Währung ihren 100. Geburtstag. Nur wenige Entscheidungsträger brechen also derzeit eine Lanze für den Euro. Dabei fordern den Euro vehement die exportorientierten Unternehmen, unter ihnen auch der größte Arbeitgeber im Land, der Autohersteller Skoda. Diese Unternehmen leiden unter der starken Krone, die von Rekordwert zu Rekordwert eilt. Die Bewohner des Landes hängen jedoch an ihrem traditionellen Zahlungsmittel. Die Umfrage einer Wirtschaftszeitung hat ergeben, dass nur eine Minderheit von einem Fünftel der Tschechen den Euro möglichst schnell haben will.