Finanzexperten: Euro in Tschechien wird erst in vier bis elf Jahren eingeführt

Foto: Europäische Kommission

Euro gleich Teuro? Diese mögliche Erfahrung wollen und werden die Tschechen weder dieses Jahr noch in naher Zukunft machen. Die Finanzexperten sind sich nämlich sicher: Der Euro wird frühestens 2012 kommen oder aber erst im Jahr 2019 in Tschechien eingeführt werden.

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Die Mittelmeer-Länder Malta und Zypern haben mit Jahresbeginn die europäische Gemeinschaftswährung eingeführt. Damit haben nun 15 der 27 EU-Staaten ihr nationales Geld aufgegeben und durch den Euro ersetzt. Von den zehn Ländern, die im Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, wird außer in Malta und Zypern seit einem Jahr lediglich in Slowenien mit dem Euro gezahlt. Die Slowakei verfolgt das ehrgeizige Ziel, der Euro-Zone im Jahr 2009 beizutreten. In der Tschechischen Republik hingegen will man sich mit der Einführung des Euro noch genügend Zeit lassen. Erst im März vorigen Jahres hatte die Prager Regierung dazu ein Konvergenz-Programm verabschiedet. Das dabei für die Euro-Einführung ins Auge gefasste Jahr 2012 sieht Premier Mirek Topolánek inzwischen schon nicht mehr als realistisch an. Die Regierung ist zudem davon abgegangen, einen festen Zeitpunkt für die Einführung des Euro zu nennen. Einer Ende August vorigen Jahres beschlossenen Strategie zufolge wolle sie erst einmal eine mehrfach angekündigte Finanzreform ins Rollen bringen, bevor sie sich auf einen konkreten Termin der Euroeinführung festlegen wird. Eine Strategie, die von der Tschechischen Nationalbank mitgetragen werde, wie der Direktor der Bank, Zdenek Tuma, versicherte:

„Unsere Wirtschaft steht schon jetzt auf gesunden Füßen. Nichtsdestotrotz gibt es noch einige Engpässe abzubauen, zum Beispiel im Bereich der öffentlichen Finanzen und bei der Arbeitsmarktpolitik. Hier gehen wir mit der Regierung konform, die einen flexibleren Arbeitsmarkt anstrebt. Wenn es uns gelingen wird, diese Engpässe zu überwinden, dann kann auch die Entscheidung über den Zeitpunkt des Beitritts zur Eurozone getroffen werden.“

Zu Beginn des Jahres überraschte Tuma in einem Gespräch für die Wochenzeitschrift „Ekonom“ mit der Aussage, dass er erst das Jahr 2019 als den Zeitpunkt ansehe, zu dem eine Euro-Einführung optimal wäre. Bis dahin würde die einheimische Wirtschaft ganz sicher alle Probleme gelöst haben und könnte damit möglichen Einbrüchen vorbeugen, argumentierte Tuma. Außerdem entfalle auf das Jahr 2019 der 100. Jahrestag seit Einführung der tschechischen Währung. Ein doppelter Grund also, so der Zentralbankgouverneur, das Jahr 2019 als Termin für die Einführung des Euro vorzusehen. Das sei ohnehin eine politische Entscheidung, und ein besseres Jahr als 2019 falle ihm nicht ein, ergänzte Tuma.

Die Aussagen von Nationalbankdirektor Tuma stoßen jedoch bei anderen Finanzexperten nicht auf allzu große Zustimmung. Ausgehend von der Tatsache, dass die Übernahme der europäischen Gemeinschaftswährung das Prozedere einer dreijährigen Vorbereitungszeit erforderlich macht, ist die früheste Einführung des Euro in Tschechien erst ab 2012 möglich. Und genau dieses Jahr wird vom nationalen Koordinator für die Euro-Einführung im Prager Finanzministerium, Oldrich Dedek, anvisiert, indem er fordert:

„Man sollte mit dem Prozess beginnen, damit das Jahr 2012 das Jahr sein wird, in dem der Euro in Tschechien eingeführt wird.“

Etwas gelassener sieht der ehemalige Finanzminister und heutige sozialdemokratische Abgeordnete, Bohuslav Sobotka, die Situation. Aber auch er hat eine klare Vorstellung über den optimalen Zeitpunkt der Geldumstellung:

„Ich denke, dass als Termin für die Einführung des Euro der Zeitraum zwischen 2012 und 2015 in Frage kommt. Aus einer ganzen Reihe von Gesichtspunkten erachte ich diese Periode als optimal und wäre auch sehr dafür, wenn die Euro-Einführung in diesem Zeitraum vonstatten gehen würde.“

Ein weiterer ehemaliger Finanzminister, der heutige Chefökonom der Raiffeisenbank in Prag, Pavel Mertlík, wiederum macht eine ganz andere Rechnung auf. Angesichts der zögerlichen Haltung des Kabinetts von Premier Topolánek geht er davon aus, dass man hierzulande erst 2014 mit dem Euro zahlen wird:

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„Über den Beitritt zur Euro-Zone wird die gegenwärtige Regierung ganz offensichtlich nicht entscheiden. Die nächste Regierung wird erst im Jahr 2010 gebildet, so dass als erster realistischer Termin der Euro-Einführung der 1. Januar 2014 in Frage kommt. Allerdings immer unter der Voraussetzung, dass diese Regierung dann noch im Herbst 2010 pro Euro stimmt.“

Sollte aber auch die nächste Regierung diesen Termin verpassen bzw. erst einen späteren Zeitpunkt für die Übernahme der europäischen Gemeinschaftswährung ins Auge fassen, dann könnte es durchaus teuer werden, findet Mertlík:

„Ich persönlich bin der Meinung, dass das Jahr 2014 das Ende des optimalen Zeitraums zur Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung in Tschechien ist. Wenn das zwei Jahre früher passieren würde, wäre ich auch nicht böse. Die Euro-Einführung bis auf ein Jahr nach 2014 hinauszuziehen, erachte ich jedoch als relativ riskant, denn ich denke, dass dann die Kosten einer weiteren Nichtmitgliedschaft in der Euro-Zone eindeutig die eventuell erhöhten Kosten eines verfrühten Beitritts übersteigen dürften.“

Ein solch verfrühter Zeitpunkt sind für Mertlík das nächste und das übernächste Jahr. Aber egal ob man hierzulande den Euro nun 2012, 2014 oder erst 2019 einführen wird, in diesem Jahr wird jedenfalls weiter mit der Tschechischen Krone gezahlt. Und die wird ihren Aufwärtstrend zum Euro weiter fortsetzen, wenn auch nicht mehr so forsch wie noch im vergangenen Jahr, wie der Analytiker des tschechischen Bankhauses Komercní banka, Jan Vejmelek, prognostizierte:

Markéta Sichtarová
„In diesem Jahr erwarten wir, dass der Aufwärtstrend der Tschechischen Krone nicht so rasant verläuft wie im vergangenen Jahr. Im ersten Halbjahr dieses Jahres muss sogar damit gerechnet werden, dass sich der Kurs der Krone gegenüber dem Euro verschlechtern wird, und zwar bis auf ein Wechselverhältnis von über 27 Kronen je Euro. Zum Ende des Jahres aber sollte die Krone besser dastehen als der aktuelle Kurs. Er sollte sich dann um 26 Kronen je Euro bewegen.“

Die Entwicklung ihrer Währung werden die Tschechen in diesem Jahr jedoch eher beiläufig verfolgen. Weit mehr im Vordergrund steht die Preisentwicklung im Land, die eine Inflation nach sich ziehen wird, wie man sie einige Jahre schon nicht mehr erlebt hat. Markéta Sichtarová, die Ökonomin der Gesellschaft Next Finance, weiß zudem, was die hohe Inflation zur Folge haben wird:

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„Die Inflation erreicht gegenwärtig vermutlich bereits sechs Prozent. Um dem entgegenzuwirken ist es sehr wahrscheinlich, dass die Zentralbank ihre Leitzinsen erhöhen wird. Das wird zwingend dazu führen, dass sämtliche Banken nacheinander ihren Zinssatz für Kredite, die ihre Klienten nehmen, um einen Viertelprozentpunkt erhöhen werden. Damit sollte die Verteuerung von Krediten allmählich abgeschlossen werden. Eine weitere Erhöhung der Zinssätze in diesem Jahr ist eher nicht zu erwarten.“

Wie zur Bestätigung gab das Tschechische Amt für Statistik am Mittwoch bekannt, dass die Inflationsrate im Land zum Ende des vergangenen Jahres um 5,4 Prozent gestiegen ist. Das sei der höchste Anstieg innerhalb eines Jahres seit August 2001, hieß es. Und diese Entwicklung wird sich vermutlich auch im Januar weiter fortsetzen, da nach den Preisen für Lebensmittel, Personenbeförderung und anderem mehr auch die Benzinpreise erneut anziehen werden. Und das aus zwei Gründen: Dem neuen Rekordpreis von Rohöl auf den Weltmärkten sowie der seit Jahresbeginn in Tschechien pflichtigen Beimischung von Rapsölmethylester zum Benzin. Der Analytiker der Gesellschaft Colosseum, Petr Cermák, hat ausgerechnet, um welchen Betrag sich der Treibstoffpreis an den hiesigen Tankstellen erhöhen wird:

„Unseren Berechnungen zufolge sollte die Beimischung des Biokraftstoffs zu einer Verteuerung des Benzins um 20 bis 40 Heller pro Liter führen. Diese Preiserhöhung sollte innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen zu Buche schlagen.“