Bundespräsident Fischer kritisiert Beneš-Dekrete - tschechische Politiker reagieren umgehend
Es reichten ein paar Worte von Bundespräsident Heinz Fischer und schon war das Schreckgespenst in den tschechisch-österreichischen Beziehungen wieder aufgetaucht: der Streit um die so genannten Beneš-Dekrete. Diese Erlässe des tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Beneš aus der unmittelbaren Nachkriegszeit bildeten die Grundlage zur Enteignung und Vertreibung von Millionen Sudetendeutscher aus ihrer Heimat. Sie sind bis heute Teil des tschechischen Rechtssystems.
Durch diese Aussagen seines österreichischen Amtskollegen Fischer fühlt sich Klaus jedoch gerade bestätigt. Ein Sprecher übermittelte die Meinung des tschechischen Präsidenten, der auf Arbeitsreise in den Vereinigten Staaten ist:
„Präsident Klaus hat daran erinnert, wie weitsichtig und nützlich es war, dass die Tschechische Republik vor der Ratifizierung des Lissabon-Vertrags eine Ausnahme von der Grundrechtecharta ausgehandelt hat.“Klaus fordert zudem, dass diese Ausnahme nun so schnell wie möglich rechtliche Verbindlichkeit erhalten solle. Hintergrund sind Befürchtungen des tschechischen Staatspräsidenten, dass Vertriebene mit Verweis auf die Grundrechte die Rückgabe ihres früheren Eigentums oder das ihrer Vorfahren einklagen könnten.
Aber nicht nur der im Grußwort bedachte Klaus, sondern tschechische Politiker jeglicher Couleur – außer den Grünen – reagierten innerhalb weniger Stunden reflexartig. Alle wiesen kategorisch jegliche Zweifel an der Gültigkeit der Beneš-Dekrete zurück - auch wenn die Dekrete ja nicht mehr rechtswirksam seien, wie der bürgerdemokratische Senatsvorsitzende Sobotka ergänzte. Sozialdemokraten-Chef Paroubek schränkte zwar ein, dass er nicht wisse, ob Fischer die Beneš-Dekrete tatsächlich in Zweifel ziehe. Doch dann lehnte er sich noch weiter aus dem Fenster und nannte solche Zweifel einen „bedauernswürdigen Exzess, der die tschechisch-österreichischen Beziehungen unnötigerweise beschädigen könne“.Außenminister Jan Kohout sagte gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:
„Unsere Gesetzgebung inklusive der Nachkriegsgesetze ist beim EU-Beitritt genau durchleuchtet worden. Dabei wurde klar festgestellt, dass sie im Einklang mit europäischem Recht steht.“