Minister Schwarzenberg in Wien: „Offenheit gegenüber Österreich macht sich bezahlt“
Seit zehn Tagen ist die neue tschechische Regierung im Amt. Nach einer kurzen Einarbeitungsphase begannen die neu gewählten Politiker mit ihren traditionellen Antrittsreisen. Während Premierminister Petr Nečas traditionsgemäß in die Slowakei fuhr, absolvierte der in sein Amt zurückgekehrte Außenminister Karel Schwarzenberg seine Antrittsbesuche zunächst in Berlin und am Donnerstag in Wien.
Kein Wunder, dass es schon Tage vor Karel Schwarzenbergs Besuch in Wien schlechte Presse gab. Die gleichnamige österreichische Tageszeitung verglich Schwarzenberg etwa mit dem „Braven Soldaten Schwejk“, zu dem der ehemalige „altösterreichische Menschenrechtler“ verkommen sei:
„Jener Mann, der einst von einem gemeinsamen österreichisch-tschechischen Volk sprach, das sich den Luxus zweier Sprachen leistete, arbeitet heute für die bewusst trennende nationalistische und antieuropäische Politik Tschechiens.“ ,schreibt Peter Josika in einem Gastkommentar für „Die Presse“.Ungeachtet solch aggressiver Worte bezeichnete Österreichs Außenminister Michael Spindelegger die Beziehungen zum Nachbarland Tschechien als sehr gut. Im Gespräch mit Radio Prag unterstreicht Karel Schwarzenberg diese Sichtweise:
„Ich glaube, die konsequente Politik der völligen Offenheit gegenüber Österreich trägt ihre Früchte. Dadurch, dass es eine komplette Information gibt, gibt es auch keine Ängste und Vorurteile mehr, so wie früher.“Zu dieser Offenheit gehört auch, dass Karel Schwarzenberg die Beneš-Dekrete erneut als Unrecht bezeichnet hat. Gleichzeitig betont er aber, dass ihre Aufhebung durch Tschechien nicht in Frage komme, weil dies einen „unabsehbaren Rechtsfolgeprozess“ auslösen würde. Michael Spindelegger setzt auf die 2009 eingesetzte bilaterale Historiker-Kommission, die zur Aufarbeitung der Geschichte auf wissenschaftlichem Niveau beitragen soll.
Am Ausbau des südböhmischen Kernkraftwerks Temelín führe für Tschechien kein Weg vorbei, bekräftigte Schwarzenberg. Es sei für die Energieversorgung des Landes unverzichtbar. Man werde Österreich aber über jeden Schritt in diesem Zusammenhang informieren.„Stärker an einem Strang ziehen“ wollen Österreich und Tschechien in Zukunft in der EU, sagte Österreichs Außenminister Spindelegger. Etwa in der Frage der Erweiterung um die Länder des Westbalkans. Dazu sagte Karel Schwarzenberg gegenüber Radio Prag:
„Wir müssen die Vereinigung Europas abschließen und nicht, knapp bevor ganz Europa vereinigt ist, den Prozess abbrechen. Im Gegenteil, wir sollten ihn beschleunigen.“Womit Karel Schwarzenberg sicher auch dem Vorwurf widerspricht, er habe sich zu einem tschechischen Nationalisten und Antieuropäer gewandelt. Allen negativen Pressestimmen zum Trotz.
Ein ausführliches Interview mit dem tschechischen Außenminister hören Sie am Montag in unserer Sendereihe „Schauplatz“.