Bush in Prag: Der US-Präsident polarisiert Anhänger und Gegner auch an der Moldau
Montag, der 4. Juni 2007, kurz nach 20.45 Uhr: Die Air Force One ist auf dem Rollfeld des alten Prager Flughafens zum Stehen gekommen. US-Präsident George W. Bush und seine Gattin Laura betreten die Gangway und winken der kleinen Menge eines auserwählten Begrüßungskomitees zu. Der zweite Besuch des amerikanischen Staatsoberhaupts in Tschechien hat ganz formal begonnen. Doch ist der mächtigste Mann der Welt in der Moldaumetropole auch willkommen?
"Für mich ist bemerkenswert, wie viele Besuche amerikanischer Präsidenten seit 1990 schon bei uns stattgefunden haben. Das zeugt von einer besonderen Freundschaft und Verbundenheit, die die Amerikaner uns gegenüber fühlen und auch ausdrücken."
So wie Schwarzenberg nehmen aber längst nicht alle Tschechen den Besuch des US-Präsidenten wahr. Schon am Abend seiner Ankunft protestierten rund 2000 Demonstranten - vorwiegend Pazifisten und Jungkommunisten - in unmittelbarer Nähe der Sperrzone um die Prager Burg gegen Bushs Weltpolitik. Organisiert wurde die Demo von der Initiative "Ne zakladnam" (Nein zu den Stützpunkten), deren Vertreter ihre ablehnende Haltung zur in Tschechien geplanten Errichtung einer US-Radaranlage zum Ausdruck brachten: "Ich bin hier, um mit den Anderen zu äußern, dass Bush nicht willkommen ist und erst recht nicht die Radaranlage."
Und weshalb? "Bush reist um die Welt und wirbt für seine militante Politik. Das will ich nicht unterstützen, aber unsere Regierung äußert sich leider sehr positiv zu allen Schritten seiner Politik. Für diejenigen, die damit nicht einverstanden sind, ist es daher eine Verpflichtung, ihre der Regierung gegenüber alternative Haltung zum Ausdruck zu bringen."In dieser Haltung inbegriffen ist der Grundgedanke der Initiative, nämlich die Durchführung eines Referendums über die geplante Radaranlage. Darauf verwies auch die Umweltorganisation Greenpeace, als sie am Dienstagmorgen in der Nähe der Prager Karlsbrücke einen Heliumballon steigen ließ mit der Aufschrift "72 Procent say no radar". Dass derzeit 72 Prozent der Tschechen Nein zur Radaranlage sagen, ist das Ergebnis einer jüngst durchgeführten Umfrage. Mit einem weiteren Transparent protestierte Greenpeace zudem gegen die unpopuläre Klimapolitik der Vereinigten Staaten.
Die vorwiegende Berichterstattung über solche und andere antiamerikanische Aktionen in Tschechien hat mittlerweile dazu geführt, dass einigen Politikern hierzulande der Geduldsfaden gerissen ist. "Bei den Amerikanern könnte der falsche Eindruck entstehen, dass es hier keine Menschen gibt, die sich daran erinnern, wer sie einst befreit und später auch nie okkupiert hat", sagte der Countrymusiker Jan Vycital, der gemeinsam mit Verteidigungsministerin Vlasta Parkanova einen eigens für den Bush-Besuch komponierten Pro-Radar-Song intonierte. Präsident Vaclav Klaus wiederum ist froh darüber, dass sich hierzulande alles im Rahmen hält:"Zum Glück sind die Proteste sehr begrenzt gegenüber denen, die sich an vielen anderen Schauplätzen in der Welt abspielen. Das zeugt nach wie vor davon, dass wir ein kultiviertes Land sind und dass wir immer davon ausgehen: Über wichtige Dinge sollte man verhandeln und nicht auf Plätzen seinen Unmut äußern."
In der Tat äußern sich die Tschechen höchst selten sehr zahlreich in der Öffentlichkeit zur Politik oder zum Geschehen in anderen Ländern. Geht es aber um Dinge in eigener Sache, dann sieht man auch in Tschechien die Massen strömen. Der Prager Frühling 1968 und der Herbst 1989 haben es gezeigt. Als Teilnehmer der Großdemos im Dezember 89 auf der Prager Letna-Ebene kriege ich noch heute eine Gänsehaut, wenn ich mich daran erinnere, wie eine Dreiviertelmillion Menschen die tschechoslowakische Nationalhymne gesungen hat...