Business oder Politik: Parlament streitet über Gesetz gegen Interessenkonflikte

Andrej Babiš (Foto: ČTK)

Es ist eine der Gretchenfragen in der Demokratie: Wie stark dürfen Geschäft und Politik miteinander verschränkt sein? Das tschechische Abgeordnetenhaus hat daher nun einen Gesetzesvorschlag zu Interessenskonflikten abgelehnt, der Minister in ihrer Geschäftstätigkeit beschränken soll. Die liberal-populistische Partei Ano stemmt sich indes weiter an dem Gesetzesvorschlag – ihr Parteichef, Vizepremier und Finanzminister Andrej Babiš, ist Eigentümer des tschechischen Agrar-Imperiums Agrofert sowie der wichtigsten Medienhäuser des Landes.

Jaroslav Faltýnek  (Foto: ČTK)
Minister werden in Tschechien auch weiterhin Unternehmen leiten können. Das Abgeordnetenhaus hat einen Vorschlag des Sozialdemokraten Jan Chvojka abgelehnt, nach dem Regierungsmitglieder ihre Funktionen in Unternehmen hätten abgeben müssen. Damit hätten Interessenskonflikte von Politikern klar vermieden werden können. Vor allem die zweitstärkste Regierungskraft, die Partei Ano, wehrt sich gegen den Vorschlag. Offiziell sollte wirtschaftlicher Erfolg in der Politik nicht bestraft werden, hat Partei-Vize Jaroslav Faltýnek bekräftigt:

„Mit diesem Gesetz senden die anderen Parteien der Bevölkerung das Signal aus, dass sie keine erfolgreichen Menschen in der Politik haben möchten. Menschen, die sich bewiesen und hart gearbeitet haben, und die nie auf Kosten der Steuerzahler gelebt haben.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Ein spezifisches Problem für die Partei Ano beruht jedoch auf der Tatsache, dass ihr Parteichef Andrej Babiš gleichzeitig Eigentümer des Landwirtschafts- und Lebensmittelriesen Agrofert ist. Und dass dem Vizepremier und Finanzminister in Personalunion auch noch Mafra, das größte Medienhaus in Tschechien, gehört. Aus diesem Grund sprachen die Abgeordneten spöttisch von einer „Lex Babiš“. Den Ano-Chef beträfe das Gesetz jedoch überhaupt nicht, räumte Antragsteller Jan Chvojka ein. Denn in Kraft treten würde es eh erst ab der kommenden Legislaturperiode.

Babiš selbst hielt sich von den Abstimmungen am Mittwoch fern. Er hätte wichtigeres zu tun, schließlich müsse auch der Haushalt für das kommende Jahr erstellt werden, so der Finanzminister.

Silvio Berlusconi  (Foto: Archiv der Europäischen Volkspartei,  CC BY 2.0)
Beispiele für ähnliche Einschränkungen finden sich auch im Ausland. Wenn man von Negativbeispielen in diesem Sinne absieht, wie etwa dem ehemaligen italienischen Premier Silvio Berlusconi. Streng sind die Regeln dafür bereits in vielen mittel- und osteuropäischen Ländern, wie der Jurist vom Wissenschaftsdienst des tschechischen Parlaments weiß:

„In Österreich zum Beispiel dürfen Firmen, an denen ein Minister gewisse Anteile besitzt, wenn überhaupt nur in sehr beschränktem Maß öffentliche Aufträge wahrnehmen. In Lettland darf ein Beamter wiederum keine Anteile an Unternehmen besitzen, die sich an Staatsaufträgen beteiligen. Eine Ausnahme gibt es, wenn das Unternehmen eine öffentliche Ausschreibung für sich entschieden hat.“

Ein Vorbild könnten auch die sonst wirtschaftsfreundlichen USA sein. So musste der ehemalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg seine Anteile an dem gleichnamigen Medienhaus an einen Treuhandfonds, einen sogenannten „Blind trust“, auslagern. Dies findet auch Nikola Hořejš von der Organisation Rekonstrukce státu richtig:

Martin Plíšek  (Foto: Zpelechova,  CC BY 4.0)
„Das Abgeben der Geschäftstätigkeit in andere Hände ist dabei ein Schritt in eine gute Richtung. Das zeigt den Bürgern, dass sich derjenige Politiker voll und ganz seinem Staatsamt widmen will.“

Ganz positiv war der Abstimmungstag im Abgeordnetenhaus für die liberal-populistische Partei Ano jedoch nicht. Zwei Novellen zu dem Gesetz wurden letztlich doch vom Unterhaus des Parlaments angenommen, auch gegen den Willen der zweitstärksten Regierungspartei. Der eine Vorschlag zu den öffentlichen Aufträgen kam dabei sogar von dem konservativen Oppositionsabgeordneten Martin Plíšek von der Top 09:

„Ein Regierungsmitglied darf in diesem Sinne einfach keine öffentlichen Gelder bekommen. Es soll nicht über den Haushalt des Staates entscheiden können, während seine Firmen dann gerade milliardenschwere Aufträge aus diesem Haushalt schöpfen könnten.“

Der zweite Vorschlag, der das Parlament passierte, betrifft den Medienbesitz durch Minister. Auch dies wird, falls das Gesetz den weiteren Legislativprozess übersteht, nicht mehr möglich sein.