Babišs Interessenskonflikt: Brüssel bestraft Tschechien wegen Fehlern bei Agrarsubventionen

Seit 2019 gibt es einen Audit-Bericht der Europäischen Kommission zum mittlerweile ehemaligen tschechischen Premier Andrej Babiš (Partei Ano) und seinen unternehmerischen Tätigkeiten. Mit Spannung war erwartet worden, wie sich dies auf die Beurteilung der Agrarsubventionen in Tschechien auswirkt. Am Montag hat Brüssel nun die Rechnung dafür ausgestellt.

Tschechien muss 85 Millionen Kronen (3,43 Millionen Euro) an Strafe zahlen für Fehler bei den Agrarsubventionen. Dies hat die Europäische Kommission angeordnet. Zu der Summe gehören auch 1,1 Millionen Kronen (444.000 Euro) an Sanktionen, die Andrej Babiš betreffen. Dies bestätigte der tschechische landwirtschaftliche Interventionsfonds am Montag.

„Es wurde die Entscheidung der Europäischen Kommission bekanntgegeben, die sich auf Maßnahmen wegen der seit 2019 laufenden Audit-Ermittlungen bezieht. Zu den Ausgaben, die nicht anerkannt werden, gehören auch Subventionen, die aufgrund des Interessenskonflikts untersucht wurden“, sagte die Sprecherin der Fonds, Luďka Raimondová, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Andrej Babiš | Foto:  ČT24

In ihrem Audit-Bericht kam die Europäische Kommission vor drei Jahren zu dem Schluss: Andrej Babiš steht als tschechischer Premier in einem Interessenskonflikt, weil er sich von dem von ihm gegründeten Konzern Agrofert nicht ausreichend abgenabelt hat. Der Ministerpräsident hat die Leitung der Holding zwar an zwei private Treuhandfonds überantwortet, doch die Juristen in Brüssel urteilten, dass Babiš diese und damit auch Agrofert weiter kontrolliere. Dabei gilt seit 2017, dass im Falle eines Interessenskonflikts keine EU-Subventionen mehr ausgezahlt werden dürfen.

Die Presseagentur ČTK bat Andrej Babiš um eine Stellungnahme zu der Strafzahlung, die Tschechien nun seinetwegen leisten muss. In seiner Antwort leugnete der ehemalige Regierungschef schlichtweg, von der Europäischen Kommission gemeint sein zu können:

Illustrationsfoto: Vendula Břeňkovská,  Tschechischer Rundfunk

„Allgemein gilt, dass ich niemals in einem Interessenskonflikt gestanden habe. Und dazu gibt es in Tschechien auch eine rechtskräftige Entscheidung. Ich war auch nie Gegenstand eines Audit-Berichts über einen Interessenkonflikt, und die europäischen Auditoren haben sich zu keiner Zeit an mich gewandt.“

Allerdings hat der landwirtschaftliche Interventionsfonds genau wegen des Audits und Babišs Interessenkonflikts bereits rund 30 Subventionsprojekte gestoppt. Die Gelder sollten an Tochtergesellschaften des Konzerns Agrofert gehen. Die Höhe der einbehaltenen Zahlungen liegt bei 200 Millionen Kronen, und niemand weiß bisher, was damit geschehen soll.

Agrofert | Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International

Die Frage ist nun, wie die neue tschechische Regierung reagiert. Wird sie die Strafzahlung bei Agrofert eintreiben? Von der Firmenzentrale kommt die Forderung, die Entscheidung aus Brüssel anzufechten.

„Wir sind überzeugt, dass wir in Einklang mit den Regeln in Tschechien und der Europäischen Union gehandelt haben. Unserer Ansicht nach besteht daher kein Grund für eine Rückzahlung der Subventionen. Und wir distanzieren uns auch deutlich davon, dass die Strafen von unserer Holding verursacht worden sein sollen. Wir denken, dass Tschechien gegen diese Entscheidung auf gerichtlichem Weg vorgehen wird“, so Agrofert-Sprecher Pavel Heřmanský.

Tschechien kann innerhalb von zwei Monaten eine Beschwerde beim Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg einlegen. Im September 2018 hatte man zum Beispiel in einem Streitfall damit Erfolg. Es ging um Subventionen von über zwei Millionen Euro für tschechische Winzer.

Tschechisches Landwirtschaftsministerium | Foto:  ČT24

Und auch in diesem Jahr hat sich das Landwirtschaftsministerium bereits an den EU-Gerichtshof gewandt. In diesem Fall steht noch eine viel größere Summe auf dem Spiel. Und zwar eine Strafe von 1,15 Milliarden Kronen (knapp 47 Millionen Euro) wegen Fehlern bei der Auszahlung von Subventionen.

Autoren: Till Janzer , Kateřina Bečková
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