Europäische Kommission nicht zufrieden mit Korruptionsbekämpfung in Tschechien

Andrej Babiš und Ursula von der Leyen

Die Europäische Kommission bemängelt, dass Tschechien nicht genug zur Vermeidung von Korruption auf höchsten politischen Ebenen unternimmt. Dies ist ein Punkt im Jahresbericht, mit dem die EU-Exekutive die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien in allen Mitgliedsländern bewertet.

Věra Jourová | Foto: Gábor Kovács,  Europäisches Parlament,  Wikimedia Commons,  CC BY 2.0

Tschechien macht Fortschritte bei der Reform der Rechtsprechung, so zunächst das Lob aus Brüssel. Neue Kriterien bei der Auswahl von Richtern und zu deren Disziplinarordnung würden zur Unabhängigkeit der Justiz beitragen. Weniger gut sieht es aber beim Thema Politik und Korruption aus. Zu eng seien in Tschechien häufig noch politische und wirtschaftliche Interessen bei einzelnen Akteuren auf höchster Ebene verbunden, heißt es in dem Papier weiter.

„Dies können wir dabei nicht auslassen, denn es ist ein wichtiger Aspekt“,

kommentiert die tschechische EU-Kommissarin Věra Jourová (Partei Ano) dieses Fazit der Überprüfung. Der Jahresbericht zum Stand des Rechtsstaates fällt in ihren Aufgabenbereich. Ins Visier genommen werden dabei freilich auch alle anderen 26 Mitgliedstaaten.

Andrej Babiš | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

Der tschechische Premier Andrej Babiš (Partei Ano) äußerte sich unmittelbar nach Veröffentlichung der Ergebnisse zufrieden. Sie seien für Tschechien „erneut allgemein positiv“ ausgefallen, schreibt er in einem Statement für die Presseagentur ČTK. Die Kommission habe kein systemisches Versagen der hiesigen Politik feststellen können, so Babiš weiter. Zwar würde Bezug genommen auf konkrete Verdachtsfälle von Interessenkonflikten. Dies bestätige aber nur bereits veröffentlichte Auditberichte und würde keine neuen Erkenntnisse anführen, zeigt sich der Regierungschef gelassen.

Tatsächlich erwähnt das Kommissionspapier eine unlängst in Tschechien durchgeführte Nachprüfung zur Verteilung von EU-Fördergeldern, bei denen Beweise für einen Interessenkonflikt gefunden wurden und nun von der Europäischen Staatsanwaltschaft geprüft werden. Dies kann als Verweis auf das EU-Audit beim Konzern Agrofert verstanden werden, und der benannte Konflikt betrifft bekanntlich Premier Babiš persönlich. Die Opposition fühlt sich mit diesem Hinweis in ihren Ansichten bestätigt. Ondřej Benešík (Christdemokraten), Vorsitzender des Parlamentsausschusses für europäische Angelegenheiten, sieht sogar Tschechiens zukünftigen Zugang zu EU-Geldern bedroht. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:

Ursula von der Leyen und Andrej Babiš | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

„Wenn wir EU-Gelder ausschöpfen wollen, auf die wir Anspruch haben, darf der Premier sich nicht in einem Interessenkonflikt befinden. Offensichtlich ist er dies aber. Falls er auch nach den Wahlen im Oktober diese Funktion ausüben wird, muss das für uns hier in Tschechien zum Thema werden.“

Die Europäische Kommission sendet über den aktuellen Bericht hinaus entsprechende Signale. So ist die Auszahlung der insgesamt sieben Milliarden Euro aus dem Corona-Hilfsfond an Schutzmechanismen zur Vermeidung von Korruption geknüpft. Die grundsätzliche Zusage der Gelder hat Ursula von der Leyen am Montag persönlich in Prag verkündet. Dies hält Adam Kalous (Partei Ano) für ein positives Zeichen. Das Mitglied des EU-Ausschusses im Abgeordnetenhaus betonte, dass Tschechien in Sachen Korruption Fortschritte mache:

Foto: European Parliament via Foter.com,  CC BY-NC-ND

„Die tschechische Regierung widmet sich aktiv diesen Fragen und arbeitet mit der Europäischen Kommission zusammen an der Beseitigung des Problems. Die Kommissionschefin hat uns bei ihrem Besuch die Genehmigung des Wiederaufbauplans und von sieben Milliarden Euro verkündet. Wenn hierbei ein gigantischer Interessenkonflikt bestehen würde, hätte die Kommission dem nicht zugestimmt.“

Die Europäische Kommission hat ihren Rechtsstaatsbericht erstmals im vergangenen Jahr vorgelegt. Sie bewertet in allen Mitgliedsländern das jeweilige System der Rechtsprechung, Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption, die Pluralität der Medien sowie Kontrolle und Ausgewogenheit der staatlichen Institutionen. Am schlechtesten kamen in diesem Jahr Polen und Ungarn weg – die beiden Länder, die diese Überprüfung aller EU-Staaten einst eingefordert hatten.

Bisher haben die Ergebnisse keine konkreten Folgen. Die EU-Exekutive plant für Herbst aber die Einführung eines Instrumentes, mit dem Kürzungen von EU-Zuschüssen durchgesetzt werden können im Falle von ernsthaften Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Bei dieser Entscheidung könnte dem Jahresbericht zukünftig eine wichtige Rolle zukommen.

Autoren: Daniela Honigmann , Viktor Daněk , Andrea Kubová , Jan Bílek
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