Chaos, Notunterkünfte und die Flammen: Hunderte Tschechen auf Rhodos evakuiert
Eigentlich sollte es ein entspannter Sommerurlaub werden. Doch die Touristen im Süden von Rhodos haben am Samstag und Sonntag ihr Leben retten müssen – weil Waldbrände auf der griechischen Insel wüten. Das betraf auch mehrere Hundert Tschechen. Sie berichten von chaotischen Umständen ihrer Evakuierung.
Es ist wohl die größte Evakuierungsaktion, die Rhodos jemals erlebt hat. Wegen der Waldbrände im Süden der Insel mussten bisher bis zu 30.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Auch mehrere Hundert tschechische Urlauber waren mit Reiseagenturen in dem Krisengebiet. Zum Teil mussten sie mit dem Chaos vor Ort und bei den jeweiligen Urlaubsanbietern kämpfen – wie zum Beispiel am Samstag im Fall von Barbora…
„Unsere Reisebegleiterin hat erst mitten in der Nacht auf meine Nachrichten reagiert. Da hatte ich ihr schon mehrfach geschrieben und versucht, sie telefonisch zu erreichen. Als ich bei der Zentrale in Tschechien anrief, wurde mir versichert, dass die Reisebegleiterin sich bei mir wenden werde. Aber nichts geschah.“
Letztlich erfuhr Barbora, dass sie und weitere Urlauber mit dem Bus aus dem Waldbrandgebiet weggebracht werden sollten. Doch es kam anders:
„Beim letzten Gespräch vor Mitternacht hieß es dann, dass alle Straßen geschlossen seien und kein Bus kommen werde. Dann haben wir unsere Sachen gepackt, sind zum Strand gegangen, von wo wir dann übers Meer evakuiert wurden. Erst am Morgen sind wir im Hafen von Rhodos-Stadt angekommen.“
Die Unterbringungskapazitäten für die Urlauber, die in Sicherheit gebracht wurden, reichen in vielen Fällen aber nicht aus. Das musste zum Beispiel Eliška Matzkeová erfahren. Sie berichtete in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, dass sie zunächst drei Stunden bei Lindos gewartet habe, bis überhaupt ein Bus bereitgestellt worden sei. Der habe sie dann zu einem Hotel gebracht. Doch dort habe es kein Zimmer für sie und ihre Mitreisenden gegeben, sondern nur einen Kellerraum für alle.
„Der Raum war nicht klimatisiert, Babys und Kinder haben geweint. Wir bekamen zwar Wasser, aber kein Essen. Jetzt haben sie uns einen Toast gegeben. Dabei haben wir All inclusive gebucht“, so Eliška Matzkeová.
Die tschechischen Reiseagenturen waren teils überfordert mit der Lage. Kateřina Pavlíková ist Sprecherin von Čedok und bekannte am Sonntag:
„Unsere Reisebegleiter vor Ort bekommen einen Anruf nach dem anderen. Sie geben die aktuellen Informationen weiter. Unsere Klienten sind an mehreren Orten, entweder in Evakuierungszentren oder in anderen Hotels. Die Verkehrslage ist schwierig, weil einige Landstraßen gesperrt sind. Zudem bricht teilweise das Handynetz zusammen.“
Längst nicht alle Urlauber konnten im Übrigen ihre Sachen noch vor der Evakuierung packen und mitnehmen. Manche flohen sogar ohne Reisedokumente vor den Flammen. Martin Smolek aus der Konsularabteilung des tschechischen Außenministeriums sagte am Sonntag:
„Der tschechische Honorarkonsul auf Rhodos hat allein heute Vormittag rund 60 Ersatzreisedokumente ausgestellt. Aber es gibt noch mehr Menschen, die ihre Ausweise und Pässe in den Hotels lassen mussten und ohne diese evakuiert wurden. Deswegen haben wir mit den griechischen Behörden abgesprochen, dass die Polizei auf Rhodos solche Dokumente ausstellt, mit denen die Leute die Insel verlassen können.“
Das Außenministerium in Prag hat für die betroffenen Urlauber eine Hotline eingerichtet. Außerdem sind mittlerweile zwei tschechische Konsularbeamte auf Rhodos angekommen, um bei Passangelegenheiten zu helfen und sich mit den griechischen Behörden über die Lage zu beraten. Denn auch am Wochenende sind weitere Urlauber aus Tschechien in Rhodos angekommen. Anders als etwa TUI in Deutschland haben die Reiseagenturen hierzulande keine Reisen storniert, wenn sie in jene Gebiete der Insel führen, die nicht unter den Bränden leiden. Doch beim Außenministerium in Prag wird über Einschränkungen nachgedacht.
„Wir haben auch deswegen unsere Leute nach Rhodos geschickt, damit sie sich mit den griechischen Behörden darüber beraten können, ob und in welchem Umfang wir unsere Reisewarnung noch erweitern sollen. Wir wollen also genaue Informationen haben und uns mit den Reiseagenturen absprechen“, sagt Smolek.
Laut den Schätzungen des Außenministeriums waren rund 4000 bis 5000 Tschechen auf Rhodos im Urlaub, als die Brände außer Kontrolle gerieten.