Chovanec: Tschechien will Brexit-Verhandlungen auf eigene Faust
Tschechien sollte auf eigene Faust mit Brexit-Verhandlungen beginnen und nicht auf die EU warten. Dies empfiehlt Innenminister Milan Chovanec. Der Sozialdemokrat sagte dies in einer Talkshow des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens am Sonntag.
„Wir werden weiterhin offen für Migranten sein, vor allem Hochqualifizierte und Einwanderer aus Europa. Aber das Signal, das die Öffentlichkeit mit dem Referendum gab, war eindeutig: Nach dem Brexit muss die Zahl von Personen kontrolliert werden, die aus Europa nach Großbritannien kommt. Und das werden wir auch tun.“
Großbritannien will im März den Austritts-Prozess aus der Europäischen Union einleiten. Innerhalb von zwei Jahren sollen neue Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU geschaffen werden. Der tschechische Innenminister, Milan Chovanec, setzt aber auch auf bilaterale Verhandlungen, unabhängig von der EU:„Wir müssen mit einer selbständigen Initiative kommen und nicht abwarten, was Europa tun wird. Denn es könnte lange dauern, bis sich die europäischen Staaten auf einen gemeinsamen Standpunkt einigten.“
Der Sozialdemokrat betonte, dass es darum gehe, die Rechte tschechischer Beschäftigter und Bürger in Großbritannien zu wahren:„Für uns ist es wichtig, dass die tschechischen Bürger in Großbritannien, etwa die tschechischen Studenten, in absehbarer Zeit informiert werden, wie es weiter gehen soll. Sie sollen darauf nicht bis zu einem Jahr warten und in Unsicherheit leben müssen. Daran wird die Regierung arbeiten.“
In ihrem Ansinnen wird die Regierung von der Opposition unterstützt. Der Europaabgeordnete Stanislav Polčák für die Bürgermeister und Unabhängigen:
„Viele Verhandlungen können einen inoffiziellen Charakter haben. Wenn die Tschechische Republik die Interessen ihrer Bürger schützt, hat sie unsere völlige Unterstützung. Es zeigt sich, dass die Entscheidung der Briten gravierende Folgen für den Kontinent haben wird. Diejenigen, die das Gegenteil behauptet haben, haben sich geirrt.“Doch andere EU-Abgeordnete, nämlich Pavel Telička und Petr Ježek für die Regierungspartei Ano, kritisierten am Montag die Aussagen des Innenministers als dumm. Seine Vorstellung, dass Tschechien bessere Bedingungen als Deutschland oder Frankreich aushandeln könnte, sei naiv, hieß es. Telička warnte vor einer Spaltung der Union noch vor den (offiziellen) Gesprächen.
Die konkrete Form des künftigen Verhältnisses zwischen Großbritannien und der EU hänge davon ab, was zwischen der Europäischen Union und dem Inselstaat ausgehandelt werde. Der tschechische Innenminister fürchte keine Einführung der Visumpflicht:„Falls Großbritannien den Zugang für Europäer, einschließlich der Tschechen, auf sein Gebiet strikt beschränkt, kann es nicht der Meinung sein, dass keine reziproken Schritte folgen werden.“
Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) hat bereits angekündigt, dass er Anfang Februar mit den Vorsitzenden der Parlamentsparteien zusammentreffen wolle. Sie sollen einen „nationalen Standpunkt“ für die Verhandlungen Großbritanniens über den EU-Austritt ausarbeiten.