Kritik und Glückwünsche für Boris Johnson

Boris Johnson (Foto: ČTK / AP Photo / Frank Augstein)

Großbritannien bekommt einen neuen Premierminister. Wir fassen die Reaktionen in Tschechien auf die Wahl des ehemaligen Londoner Bürgermeisters Boris Johnson zum Chef der Conservative Party zusammen.

Boris Johnson  (Foto: ČTK / AP Photo / Frank Augstein)

Foto: Pete Linforth,  Pixabay / CC0
„Wir werden das Land mit neuer Energie erfüllen. Wir kriegen den Brexit hin. Und es wird ein neuer Geist des ‚wir schaffen das‘ durch das Land gehen.“

Das versprach der designierte Premierminister Boris Johnson in seiner Siegesrede, nachdem die Delegierten ihn zum Chef der britischen Tories erklärt hatten. Er wolle den EU-Austritt seines Landes bis zum 31. Oktober abschließen, versprach er dabei. Darf man früheren Aussagen Johnsons glauben, dann könnte das Vereinigte Königreich die EU unter seiner Regierung auch gern ohne Einigung verlassen.

Tschechiens Premier Andrej Babiš beglückwünschte den künftigen britischen Regierungschef. Er halte Johnson für einen energischen und charismatischen Politiker, so Babiš. Der Ano-Parteichef meinte, es gebe noch genug Zeit dafür, dass Großbritannien und die Europäische Union sich auf Bedingungen des EU-Austritts einigen würden: In Bezug auf Johnsons Versprechen, einen harten Brexit durchzusetzen, sagte Babiš:

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Václav Pancer)
„Wir werden sehen, ob er seine Rhetorik noch verändert oder nicht. Ob er bei seiner positiven Meinung zum Brexit bleibt, nachdem er sich mit allen Details der Austrittsverhandlungen bekannt gemacht hat.“

Andrej Babiš selbst hofft auf einen Sinneswandel bei dem Skandal-Politiker:

„Der Brexit ohne Abkommen wäre natürlich schlecht. Vertragliche Einigungen sind immer besser. Die Frage ist nur, welche Form des Abkommens für Großbritannien beim EU-Austritt geeignet wäre. Denn es gibt verschiedene Modelle wie etwa das norwegische oder das Schweizer Modell. Ich bevorzuge eindeutig einen weichen Brexit.“

Tomáš Petříček  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der tschechische Außenminister Tomáš Petříček (Sozialdemokraten) gratulierte Johnson ebenfalls zu seinem Erfolg. Er erwarte baldige Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU, so Petříček. Nach der Wahl Johnsons hält er aber die Möglichkeit eines harten Brexits für wahrscheinlicher:

„Dennoch glaube ich immer noch, dass beide Seiten an einer Abmachung interessiert sind. Denn die Folgen für die Wirtschaft und die Menschen beiderseits der Grenze sind einschneidend.“

Petříček erwartet, dass die britische Seite trotz alledem verhandlungsbereit ist:

Foto: duncan c,  Flicker,  CC BY-NC 2.0
„Das britische Parlament hat die Möglichkeit eines EU-Austritts ohne Abkommen wiederholt abgelehnt. Boris Johnson wird sich damit auseinandersetzen müssen.“

Gratulationen und kritische Stimmen kamen auch von weiteren Politikern in Tschechien. Der Parteivorsitzende der Bürgerdemokraten, Petr Fiala, glaubt an eine weiterhin enge Zusammenarbeit zwischen seiner Partei und den Tories. Der Chef der Partei Top 09, Jiří Pospíšil, hofft darauf, dass Johnson als Premier in Bezug auf den Brexit mehr Verantwortung zeigt, als es bisher der Fall war. Kritik an der Wahl von Johnson äußerten zudem Vertreter der Piraten-Partei, der Christdemokraten und der Kommunisten.

Boris Johnson wurde am Dienstag zum Nachfolger von Theresa May an der Spitze der regierenden Conservative Party bestimmt. Damit wird Johnson auch neuer britischer Premierminister. May war zurückgetreten, da sie den Vertrag zum Austritt Großbritanniens aus der EU nicht vor dem britischen Unterhaus verteidigen konnte.