Kritik an Freispruch – Vorwürfe gegen London wegen getötetem Tschechen

Zdeněk Makar (Foto: Metropolitan Police Service)

Als ob die Beziehungen zum Vereinigten Königreich nicht schon schwer genug wären. Jetzt zeichnet sich auch noch eine handfeste diplomatische Krise zwischen Prag und London ab. Im Zentrum steht der Mord an einem Tschechen in der britischen Hauptstadt. Der Täter wurde nämlich freigesprochen.

Zdeněk Makar  (Foto: Metropolitan Police Service)
Zdeněk Makar arbeitet bei einer Catering-Firma im Zentrum Londons. An einem Septemberabend vergangenen Jahres will er sich nach Dienstschluss noch etwas zu essen holen, doch nach Hause kommt er nicht mehr. Er gerät in Streit mit einer Gruppe junger Briten auf Fahrrädern, einer davon nimmt sein Fahrradschloss und schlägt auf Zdeněk Makar ein. Als dieser leblos am Boden liegt, fahren die Täter weg und lassen ihn sterben.

Aufgezeichnet wurde der Fall von einer Überwachungskamera. Doch die Beweise reichten einem Londoner Gericht nicht aus. Für den Haupttäter, einen 29-jährigen Dekorateur, hieß das Urteil: Freispruch. Er habe aus Notwehr gehandelt, so die Richter. In Tschechien wurde dies mit Unverständnis aufgenommen, nun hat sich Außenminister Lubomír Zaorálek eingeschaltet:

Lubomír Zaorálek und Boris Johnson  (Foto: ČTK)
„Der Mord ist auf abscheuliche Weise begangen worden, mit einem Fahrradschloss haben die Täter ihr Opfer erschlagen. Und nun entscheidet ein britisches Gericht, dass die Täter vollkommen unschuldig sind und dass es sich nicht einmal um Totschlag handelt. Das macht mich wirklich wütend.“

Die Entscheidung des Gerichtes komme ihm sehr merkwürdig vor, so der Minister weiter. Gerechtigkeit habe er sich zumindest anders vorgestellt.

Um den Unmut Tschechiens in der Angelegenheit deutlich zu machen, hat Zaorálek am Dienstag die Botschafterin des Vereinigten Königreichs in Prag einbestellt und eine diplomatische Note an London übermittelt. Zudem will der Außenminister den Fall auch mit seinem britischen Amtskollegen, Boris Johnson, beraten. Die Forderung aus Prag ist dabei klar:

Cyril Svoboda  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Auf Grundlage meiner Zweifel in dieser Angelegenheit rufe ich die britische Staatsanwaltschaft auf, alle Mittel der Rechtsordnung anzuwenden, damit der Fall noch vor ein Berufungsgericht kommt.“

Der ehemalige tschechische Außenminister Cyril Svoboda hält das Vorgehen von Zaorálek bei allem Ärger jedoch für gefährlich:

„Niemand darf in die unabhängige Gerichtsbarkeit eines Staates eingreifen. Nicht einmal ein Minister. Das ist in der tschechischen Verfassung so festgeschrieben, und ebenfalls in der britischen. Paradoxerweise kann der Schritt von Außenminister Zaorálek den Fall sogar verschlimmern. Die Richter in Großbritannien könnten zu dem Schluss kommen, dass Tschechien den Fall politisiert und politisch Einfluss auf die Gerichtsentscheidung nehmen will.“

Petr Kolář  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Dieser Mord sei aber schon längst politisch, meint hingegen Petr Kolář. Der ehemalige tschechische Botschafter in den USA und Russland sieht den Tod von Zdeněk Makar auch als Folge des Brexit. In dessen Zuge sei es zu einer Welle von Hassverbrechen gegen Menschen fremder Herkunft in Großbritannien gekommen, so der Diplomat. Das Vorgehen von Lubomír Zaorálek sei daher nachvollziehbar:

„Diplomatisch üblich sind die Schritte des Außenministers zwar nicht. Dieser Fall ist jedoch beispiellos und erfordert ein solches Vorgehen. Hier sind alle Zweifel berechtigt, ob das Urteil des Gerichts wirklich objektiv war. Der Außenminister hat deshalb die diplomatischen Mittel genutzt, die er in so einem Fall zur Verfügung hat.“

Auf die Arbeit der Gerichte hätte Zaorálek so oder so keinen Einfluss, betont Kolář.

Foto: RachelH_ via Foter.com / CC BY
Der Fall Zdeněk Makar hat ebenso in den sozialen Netzwerken für Bestürzung und Empörung gesorgt. Und das sowohl in Tschechien, als auch im Vereinigten Königreich. Mittlerweile wurde auch eine Petition im Netz gestartet, damit sich das britische Justizministerium des Falls annimmt.