Komplexe Hilfe: In Tschechien eröffnet erstes Zentrum für Opfer sexualisierter Gewalt

Feierliche Eröffnung des PORT-Zentrums

In Tschechien öffnet am Montag das erste komplexe Hilfszentrum für Opfer sexualisierter Gewalt seine Türen. Es bietet mehr als nur eine sichere Unterkunft.

Die Zimmer sind in angenehmen Pastellfarben gehalten und modern eingerichtet. In Břevnov im Westen Prags nimmt am Montag das Hilfszentrum Port seinen Betrieb auf. Der Name ist das englische Wort für Hafen. Hier sollen Opfer von sexualisierter Gewalt künftig einen Anlaufpunkt finden.

Betrieben wird Port von der NGO proFem, und deren Leiterin Jitka Poláková zeigt ein Zimmer, in dem etwa eine Frau mit bis zu drei Kindern unterkommen kann:

„Es gibt Betten, einen Tisch und Stühle sowie eine komplette Küchenzeile einschließlich einer Waschmaschine und einem Induktionsherd. Außerdem gehört ein kleines, voll ausgestattetes Badezimmer mit Dusche und Toilette dazu. Alles ist so eingerichtet, dass hier auch ein Baby leben könnte.“

Poláková fügt an, dass das Quartier als erste unmittelbare Hilfe gedacht sei für jene, die nicht mehr nach Hause können oder wollen. Bis zu sieben Tag lang könne jemand bleiben, um sich etwas zu sammeln.

Die neue Einrichtung ist die erste dieser Art in Tschechien. Außer einer Unterkunft befindet sich in dem Zentrum eine Arztpraxis, in der etwa Geschlechtskrankheiten behandelt oder auch genetische Proben als mögliches Beweismaterial genommen werden können. Dazu Poláková:

Jitka Poláková | Foto: LinkedIn

„Wir haben Wert darauf gelegt, dass es hier nicht unbedingt wie in einer klassischen Praxis aussieht. Dennoch werden die hygienischen Bedingungen erfüllt. Ende Januar kommt ein gynäkologischer Stuhl hinzu. Außerdem kann man hier duschen, und es werden Unterwäsche oder auch Zahnbürsten zur Verfügung gestellt. All das soll dazu beitragen, dass die Klienten sich ein wenig zurechtmachen können.“

Daneben gibt es im Port auch einen Raum für eventuelle Befragungen durch die Polizei.

Die Türen des Zentrums stehen offen für jeden Menschen ab 16 Jahre – männlich oder weiblich –, der Opfer von sexualisierter Belästigung oder Gewalt geworden ist. Poláková betont, dass es zum allergrößten Teil Frauen sind, die Übergriffe dieser Art erleben. Allerdings würden bis zu 80 Prozent der Opfer Hilfsangebote wie das Zentrum Port bisher nicht in Anspruch nehmen. Die NGO-Chefin verweist auf eine Umfrage von proFem, an der 5000 Frauen teilgenommen haben:

„Den Statistiken zufolge gibt jede zweite Frau an, Opfer sexualisierter Gewalt oder von Belästigung geworden zu sein. Laut unserer neuesten Studie, deren Ergebnisse wir demnächst präsentieren werden, haben 20 Prozent der Frauen schon einmal Erfahrungen mit Vergewaltigungen gemacht. Unsere Zielgruppe ist also wirklich groß. Wir hoffen, dass Port als Pilotprojekt wirkt und auf seiner Grundlage weitere Hilfszentren in ganz Tschechien entstehen.“

Dass dazu ein Bedarf besteht, meint auch die Regierungsbeauftragte für Menschenrechte, Klára Šimáčková Laurenčíková:

Klára Šimáčková Laurenčíková | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Im vergangenen Jahr wurden der Polizei über 900 Vergewaltigungen gemeldet. Und 2022 gab es in unserem Land leider sogar 42 Morde aus Beziehungsgründen. Diese Fakten müssen wir sehr ernst nehmen. Es ist wichtig, den Themen Gewaltprävention und Zugang zu Hilfsangeboten die nötige Aufmerksamkeit zu widmen.“

Der Betrieb des Hilfszentrums Port kostet nach Polákovás Angaben jährlich 18 Millionen Kronen (730.000 Euro). Das Geld für dieses Jahr stehe proFem noch nicht vollständig zur Verfügung, so die Leiterin. Darum würden die einzelnen Dienstleistungen erst nach und nach angeboten.

Autoren: Daniela Honigmann , Karolína Burdová | Quelle: Český rozhlas Plus
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