Corona: Regionale Arbeitsgruppe gegen Grenzschließungs-Chaos
Die Coronakrise bedeutete für die Menschen im tschechisch-deutschen Grenzgebiet einen doppelten Schock. Nicht nur, dass die Gesundheit bedroht war, erstmals seit dem Fall des Eisernen Vorhangs konnte man auch nicht mehr ins andere Land rüber. Das soll nicht noch einmal so passieren, heißt es auch von den politischen Vertretern auf beiden Seiten. Unter anderem aus diesem Grund gründen der Kreis Karlovy Vary / Karlsbad, die Regierung von Oberfranken und die Landesdirektion Sachsen nun eine grenzübergreifende Arbeitsgruppe.
Der Anstoß zu der Arbeitsgruppe kommt vom Kreis-Hauptmann aus Karlsbad, Petr Kubis. Der Ano-Politiker traf sich vergangene Woche mit der Regierungspräsidentin von Oberfranken, Heidrun Piwernetz, und der Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Regina Kraushaar. In den Regionalsendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte Kubis:
„Während des Corona-Shutdowns hat sich gerade gezeigt, wie stark unsere Regionen miteinander verknüpft sind. Zur Coronakrise haben wir beim Treffen festgehalten, dass die tschechischen Maßnahmen nicht rechtzeitig eine Entsprechung in Deutschland gefunden haben. Das hat zu zahlreichen Problemen geführt. Hierzulande gab es bereits eine Maskenpflicht – und auf der anderen Seite der Grenze noch nicht. In der Folge wurden unsere Bürger kritisiert und zum Beispiel aufgefordert, ihren Mund-Nasen-Schutz abzulegen. Deswegen sind die beiden Präsidentinnen und ich übereingekommen, dass wir mehr miteinander reden müssen. Die Kommunikation darf nicht nur über die zentralen Regierungsorgane laufen, sondern muss auch in den Regionen geschehen. Deswegen soll die erwähnte Arbeitsgruppe entstehen.“
Der Kreis Karlsbad, die Regierung Oberfranken und die Landesdirektion Sachsen entsenden dabei je einen Vertreter in die Arbeitsgruppe. Zudem sollen auch die jeweiligen Gesundheitsämter miteinander in Kontakt treten sowie die Krisenstäbe, die etwa bei einer weiteren Coronawelle eingesetzt würden.
Insgesamt soll die Infektionslage jeweils beobachtet werden. Das wollen der Hauptmann und die Präsidentinnen dann direkt miteinander sprechen.
„Grundlegendere Dinge behandeln wir bei einer Videoschalte selbst. Selbstverständlich wollen wir uns jeweils über die Entwicklung informieren. Wir werden nicht erst darauf warten, bis sich die Corona-Lage eventuell dramatisch verschlechtert“, so Kubis.
Bei dem Treffen ging es aber nicht nur um die Infektionszahlen und die Maßnahmen gegen eine Verbreitung des Virus, sondern auch um die Folgen der Krise für den Tourismus. Besonders betroffen ist das Bäderdreieck Karlsbad, Mariánské Lázně / Marienbad und Františkovy Lázně / Franzensbad. Dazu Kreis-Hauptmann Kubis:
„Es hat sich gezeigt, dass einige unserer Kurstädte mit fatalen Folgen zu kämpfen haben, weil die deutschen Besucher und Gäste wegbleiben. Deswegen habe ich meine deutschen Kolleginnen darum gebeten, unsere Region stärker zu unterstützen. Das wurde auch zugesichert.“
Ein weiteres Thema waren die Bayerisch-tschechischen Freundschaftswochen im Jahr 2023. Das Programm soll vor allem in den Grenzstädten Aš / Asch und Selb stattfinden. Während in Oberfranken bereits die Vorbereitungen laufen, klagt die tschechische Seite über Geldmangel. Deswegen will Petr Kubis einen Brief an Premier Andrej Babiš (Partei Ano) schreiben, um ihn auf die Schieflage hinzuweisen.
Last but not least: die Verkehrsverbindungen. Auch da sieht der Kreis-Hauptmann noch viel Bedarf…
„Wir als strukturschwache Region sind nicht nur abhängig von einer Verbindung mit dem Zentrum der Tschechischen Republik, sondern auch mit dem Westen. Deswegen haben wir über einen Zusammenschluss der Autobahnen auf beiden Seiten gesprochen. Und im Bahnverkehr geht es vor allem um die Elektrifizierung. Auch da ist die Situation nicht so, wie wir sie uns vorstellen“, so Kubis.
Gerade die Modernisierung der Bahnstrecken ist bereits seit Jahrzehnten ein Streitpunkt zwischen Tschechien und Deutschland. Politisch aufs Abstellgleis geraten ist besonders die Verbindung von Prag über Cheb / Eger nach Nürnberg.