Damon Rose: Blinder Fernsehproduzent mit Sinn für pechschwarzen Humor

Behinderte im Berufsleben: Trotz vieler Hürden, die oft nur schwer zu bewältigen sind, gibt es auch hier Erfolgsgeschichten, Karrieren voller Freude und Engagement. Wie zum Beispiel die von Damon Rose. Ruth Rach hat ihn in London besucht.

Damon Rose holt mich an der Rezeption der BBC ab. Kurze Haare, blaue Augen, gebügeltes Hemd, Jeans, Turnschuhe. Liam, sein Labrador, mustert mich mit mildem Interesse.

Liam braucht dringend Auslauf, sagt Damon. Die meisten Blinden seien alt und hätten dementsprechend Hunde von der Sorte, die höchstens mal gerne um die Ecke zum Einkaufen gehen. Sein Liam hingegen sei ein junger, dynamischer Londoner, der gern mal in den Nachtclub oder Pub mitgehe und sich in Meetings genau so wohl fühle wie im Flugzeug nach Schottland.

Eine vielleicht noch wichtigere Lebenshilfe ist für Damon der Computer. Der ist gerade abgestürzt. Wir sitzen in Damons Büro im zweiten Stock. Adam, IT Experte, versucht das Problem zu lösen. Damons Computer hat eine raffinierte Braille-Tastatur. Eine synthetische Stimme liest ihm vor, was auf dem Bildschirm erscheint. Neben dem Computer steht eine altmodische Braille-Maschine - sein Kugelschreiber, sagt Damon. Das Ding hat er noch aus der Schulzeit. Daneben liegen Kassetten, Videos, Auszeichnungen: Damon Rose, Persönlichkeit des Jahres. Beste Berichterstattung zum Thema Behinderte.

Seit Juni produziert Damon eine BBC-Webseite für Behinderte. Schon ihr Name sagt: Sie will anders sein als die üblichen Behinderten-Webseiten. Ouch, heißt sie. Denn autsch, das sagt man, wenn man auf der Straße angerempelt wird. Oder wenn einen die Leute herablassend behandeln, weil man behindert ist.

"Ouch ist ironisch, eigenwillig, frech", sagt Damon. Ouch wolle bewusst nicht informieren, sondern die Behinderten-Kultur feiern. Mit Satiren, persönlichen Berichten, Meinungsspalten, Pinnwänden.

So richtig austoben kann sich Damon Rose mit Blindkiss.com, einem Internetradio namens Blinder Kuss, das er in seiner Freizeit moderiert. Blindkiss.com will die Klischees über Blinde über den Haufen werfen, so Damon Rose. Blinde würden oft mit Samthandschuhen angepackt. Oder als mystische Wesen betrachtet, mit übersinnlichen Eigenschaften. Oder als Mitleid erregende Opfer. Und manchmal, fast am schlimmsten, als Helden.

Mit 14 ist Damon blind geworden. Es passierte ganz plötzlich. Mehr will er dazu nicht sagen. Danach kam er ins Internat. Nach dem Internat studierte Damon Kommunikationswissenschaft. Drei Jahre suchte er nach dem passenden Job, schrieb Gedichte, Werbespots, Drehbücher. Dann kam der Durchbruch. Die BBC gab ihm einen Ausbildungsplatz als Fernsehregisseur - unter hunderten von Bewerbern. Damon produzierte Kurzfilme über Behinderte.

So schwer sei das Filmemachen auch wieder nicht, meint er. Ein Film beginne ohnehin im Kopf, wenn man sich die Szene vorstellt. Als Kind, bevor Damon blind wurde, hat er praktisch jede freie Stunde vor dem Fernseher verbracht. Da hat er seine ersten Erfahrungen gesammelt. Am Drehort lässt sich Damon vom Kameramann sagen, was er durch die Linse sieht. Danach entscheidet er.

Und Damons Pläne? Eine Kampagne für mehr Bücher in Braille. Ein Roman über die Behindertenszene. Und eine Fernsehkomödie. Viele Leute könnten sich gar nicht vorstellen, dass Behinderte Sinn für Humor haben. Dabei machen Damon die pechschwarzen schockierenden Sätze ganz besonders an.

Autor: Ruth Rach
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