Das "Blaue Zimmer" des Komponisten Jaroslav Jezek
An dem Haus in der Kaprova Nr. 10 in der Prager Altstadt befindet sich bereits seit 1956 eine eher unauffällige Büste des Komponisten Jaroslav Jezek, die ein Werk des Bildhauers Vaclav Vokalek ist. In diesem Haus verbrachte Jezek, der eine namhafte Persönlichkeit der tschechischen Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellte, den überwiegenden Teil seines kurzen, aber intensiven schöpferischen Lebens. Die Mehrheit der tschechischen Öffentlichkeit verbindet Jezeks Namen vor allem mit dem legendären "Befreiten Theater", in dem der Komponist die Theaterstücke und Revue-Vorstellungen von Jan Werich und Jiri Voskovec musikalisch gestaltete. Hören Sie jetzt eine Kostprobe aus den Liedern des Befreiten Theaters:
An dem Haus in der Kaprova Nr. 10 in der Prager Altstadt befindet sich bereits seit 1956 eine eher unauffällige Büste des Komponisten Jaroslav Jezek, die ein Werk des Bildhauers Vaclav Vokalek ist. In diesem Haus verbrachte Jezek, der eine namhafte Persönlichkeit der tschechischen Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellte, den überwiegenden Teil seines kurzen, aber intensiven schöpferischen Lebens. Die Mehrheit der tschechischen Öffentlichkeit verbindet Jezeks Namen vor allem mit dem legendären "Befreiten Theater", in dem der Komponist die Theaterstücke und Revue-Vorstellungen von Jan Werich und Jiri Voskovec musikalisch gestaltete. Hören Sie jetzt eine Kostprobe aus den Liedern des Befreiten Theaters:
Jaroslav Jezek schrieb jedoch neben den Orchestralkompositionen und Liedern, die er für das unvergessliche Schauspielerduo Voskovec und Werich komponierte, auch zahlreiche Kompositionen aus dem Bereich der sogenannten "ernsthaften Musik". Er ist Autor eines Klavier- und eines Violinkonzertes, einer Fantasie für Klavier und Orchester, einer sinfonischen Dichtung, eines Bläserquintetts und eines Streichquartetts, einer Klaviersonate, mehrerer Lieder und anderer Musikwerke. Ähnlich wie die Komponisten Pavel Borkovec, Isa Krejci, Alois Haba, Erwin Schulhoff und viele andere gehörte Jezek zur Generation der tschechischen Musikavantgarde der Zwischenkriegszeit, deren bedeutendster Vertreter der heutzutage weltweit anerkannte Komponist Bohuslav Martinu ist.
Jaroslav Jezek wurde am 25. September im Prager Stadtteil Zizkov in der Familie des Schneiders Frantisek Jezek geboren. Seit der Kindheit hatte er geschwächte Augen, nach einer Scharlacherkrankung auch ein geschädigtes Gehör und nicht ganz gesunde Nieren. Jezek besuchte in den Jahren 1912-1921 die Blindenanstalt auf dem Hradschin, wo ihm nicht nur eine grundlegende Allgemeinbildung, sondern auch Musikkenntnisse beigebracht wurden. Auf die Aufnahme zum Studium am Konservatorium bereitete er sich teilweise an der Musikschule "Dvorakeum" und teilweise auch allein vor. Zu jener Zeit wohnte die Familie Jezek schon in der kleinen Zweizimmerwohnung in der Kaprova.
Am Prager Konservatorium, das damals in einem Teil des Emaus-Klosters seinen Sitz hatte, studierte Jezek in den Jahren 1924-1930 zwei Fächer: Komposition bei Karel Boleslav Jirak und bei Josef Suk und Klavier bei Albin Sima. Schon damals weckte er mit seinen originellen Ideen sowohl als Komponist als auch als hervorragender Pianist einige Aufmerksamkeit. Wegen seiner besonderen Fähigkeit zu improvisieren, machte ihn sein Mitschüler Emil Frantisek Burian 1928 mit dem Schauspieler- und Komikerduo Jiri Voskovec und Jan Werich bekannt. Ihr erstes gemeinsames Stück hieß "Premiera Skafandr". In den folgenden zehn Jahren schuf Jezek außer der Musik für das Befreite Theater auch verschiedene Kammer- und Orchestralwerke, die von namhaften tschechischen Interpreten, Dirigenten und Orchestern uraufgeführt wurden. Alle diese Werke entstanden in Jezeks berühmten sogenannten "blauen Zimmer", der heutigen Gedenkstätte des Komponisten.
Der Raum - das blaue Zimmer - hatte ursprünglich einen selbständigen Eingang aus dem Flur und es befand sich dort die Schneiderwerkstätte des Vaters des Komponisten. Die jetzige Einrichtung stammt vom Anfang der Dreißiger Jahrer des 20. Jahrhunderts. Die modernen funktionalistischen Möbeln wurden vom Architekten Frantisek Zelenka entworfen, der ein Freund des Komponisten und Autor von Bühnenentwürfen für das Befreite Theater war. Das einfache, zweckmäßige und auch höchst ästhetisch wirkende Interieur dokumentiert das damalige Niveau der tschechischen Wohnkultur und verrät auch mehr über die Persönlichkeit des Künstlers. Die ungewöhnliche farbige Gestaltung der Wände und der Decke und die verschiedenen Lichtquellen schufen ein Milieu, das auf die kranken Augen nicht störend wirkte. In der Bibliothek des Komponisten findet man viele bedeutende Werke seiner Zeit. Zu den interessantesten Titeln im musikalischen Teil der Bibliothek gehören Partituren mit persönlichen Widmungen von Igor Strawinsky und Darius Milhaud. Zu sehen ist auch eine nicht vollständig erhalten gebliebene Schallplattensammlung.
Im Januar 1939 waren Jaroslav Jezek und seine Freunden gezwungen, in die USA zu emigrieren. Voskovec und Werich passten sich den neuen Bedingungen bald an und gingen ihren eigenen Weg. Des einsamen und nach seiner Heimat sich sehnenden Komponisten nahmen sich seine Landsleute in New York an. Dank ihnen konnte er sich weiter mit Musik beschäftigen. Er unterrichtete Musik, gründete und leitete einen Männer- und einen Frauenchor und komponierte auch. Und er lernte Frantiska (Frances) Becakova kennen, die später seine Frau wurde.
Jaroslav Jezek starb am 1. Januar 1942 in New York, seine Landsleute bestellten ihm ein würdiges Begräbnis. Die Urne mit der Asche des Komponisten wurde 1947 von seiner Witwe Frances Jezkova nach Prag gebracht. Nach einem Trauerakt im Prager Rudolfinum wurde die Urne schließlich in das Familiengrab auf dem Friedhof Olsany gelegt.
Das "Blaue Zimmer" blieb dank der Mutter des Komponisten und später dank seiner Schwester Jarmila Strnadova erhalten. Nach ihrem Tod ging der Nachlass an das Museum für tschechische Musik über, das 1989 die Gedenkstätte von Jaroslav Jezek für die Öffentlichkeit zugänglich machte.
Die Jaroslav Jezek-Gedenkstätte - das sogenannte "Blaue Zimmer" - befindet sich im ersten Stock in der Kaprova 10 in der Altstadt, unweit der U-Bahn-Haltestelle Staromestska. Sie ist nur dienstags von 13 bis 18 Uhr geöffnet.