„Das spanische Prag“ – eine Ausstellung auf der Burg
Die italienischen Einflüsse auf die Prager Architektur und Kunst kennt wahrscheinlich jeder Bewohner von der Moldau-Metropole. Weniger bekannt ist, dass auch die Spanier ihre Spuren in der goldenen Stadt hinterlassen haben. Eine Ausstellung auf der Prager Burg zeigt, wie Spanien einst nicht nur die Politik, sondern auch die Kultur und die Religion in Prag beeinflusst hat. Martina Schneibergová sprach mit dem Kurator der Ausstellung, Pavel Štěpánek. Radio Prag lädt Sie ein auf einen weiteren Spaziergang durch Prag.
Gemälde, Plastiken, Grafiken, Textilien sowie Bücher und Handschriften, die von verschiedenen Institutionen ausgeliehen wurden. All das kann man in der Ausstellung besichtigen, die unter dem Titel „Das spanische Prag“ vor kurzem auf der Prager Burg eröffnet wurde. Sie konnte auch nirgendwo anders installiert werden, als in den ehemaligen Kaiserlichen Pferdeställen. Denn die Ställe wurden einst für spanische Pferde erbaut. Die Hauptidee ist es, die spanischen Einflüsse auf die tschechische Kultur zu dokumentieren, insbesondere auf die bildende Kunst, sagte einleitend der Kurator der Ausstellung Pavel Štěpánek. Denn seinen Worten zufolge hat sich gezeigt, dass es in Böhmen sehr viele Bilder und Plastiken spanischer Heiliger gibt.
„Es ist auf den ersten Blick erstaunlich, aber man muss daran erinnern, dass fast alle Kirchenorden, die im Rahmen der Rekatholisierung sowie zuvor im 16. Jahrhundert nach Böhmen gekommen waren, von den Spaniern entweder gegründet wurden – wie der Jesuitenorden. Oder sie wurden von ihnen reformiert, wie der Augustiner- und der Franziskanerorden.“
Der italienische Einfluss sei, so der Kunsthistoriker, in Prag ganz klar zu sehen, da hier eine Reihe italienischer Architekten gewirkt hatte. Man weiß aber nur von einem spanischen Architekten in Prag. Das religiöse Denken wurde im 17. und 18. Jahrhundert durch das Konzil von Trient beeinflusst. Dies zeugt davon, dass das religiöse Leben damals vor allem von Spaniern und Italienern aufrechterhalten wurde. In der Ausstellung wurden jedoch nicht nur die spanischen Einflüsse aus dieser Zeitepoche dokumentiert. Der Kurator:
„Die Ausstellung ist so zusammengestellt, dass sie die Zeit vom 14. bis zum 18. Jahrhundert umfasst. Im ersten Abschnitt kann man erfahren, wie sich verschiedene Kenntnisse aus Spanien in Europa verbreitet haben. Der Cousin des böhmischen Königs Premysl Ottokar II., der spanische König Alfons X., genannt der Weise, hat eine Übersetzerschule in Toledo eingerichtet. Dort wurde aus arabischen Abschriften viel aus der antiken Kultur übersetzt. In lateinischer Übersetzung wurde das antike Erbe in Europa verbreitet und es hat eine Reihe von führenden mittelalterlichen Persönlichkeiten beeinflusst – wie beispielsweise den heiligen Thomas von Aquin.“
Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts wird in den Böhmischen Ländern die Tradition aufrechterhalten, auf dem St. Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu pilgern. Dies ist der längste Pilgerweg, der über Europa führt. Aus Tschechien sind es – je nach der Route – 2000 bis 3000 Kilometer. Die Tradition, die auch in der Ausstellung beschrieben ist, ist bis heute erhalten geblieben. In den letzten 20 Jahren sind bei uns sechs Bücher erschienen, die die Erfahrungen der Pilger beschreiben, die von Prag nach Compostela gepilgert sind.
In der Renaissance ist Spanien bereits zur Großmacht geworden, und zu dieser Zeit ist der spanische Einfluss auf das Geschehen in Prag deutlich zu erkennen. Der Kunsthistoriker:
„Spanien hat 1492 die Moslems von seinem Gebiet verdrängt und Granada erobert. Ein halbes Jahr später wurde Amerika entdeckt. Spanien war für die nächsten 150 Jahre die Weltmacht Nr. 1. 1526 wurde Ferdinand I. zum böhmischen Herrscher gewählt. Er war in Spanien geboren und erzogen worden. Denn man hatte damit gerechnet, dass er mal der spanische König gekrönt wird. Es ist deswegen begreiflich, dass er spanische Berater mitgenommen hat, als er den böhmischen Thron bestieg. Er hatte auch einen spanischen Dichter an seiner Seite gehabt, Alfonso de Salínas.“
Ferdinands Enkelsohn, Rudolf II., verbrachte in seiner Jugend acht Jahre in Spanien und übernahm viele spanischen Gewohnheiten. Die Vorliebe für die Alchimie stammt aus Spanien. Er war genauso wie sein Onkel, der spanische König Philipp II., ein passionierter Kunstsammler. Es gibt Kunsthistoriker, die sogar eine Parallele in der Verlegung des Herrschersitzes von Toledo nach Madrid und des Herrschersitzes von Wien nach Prag sehen. Nach Prag kam damit die spanische Mode, die hier etwa 150 Jahre vorherrschte.
Spanisch gekleidet waren übrigens auch die Statthalter, die 1618 aus dem Fenster der Statthalterei auf der Prager Burg gestürzt wurden. Sie hatten damals den Mantel an, der „Bohemio“ genannt wurde, und glaubten, dass sie dank dieses Mantels den Sturz überlebt haben. An der Schlacht am Weißen Berg war Spanien mehrfach beteiligt. Der katholischen Armee hat der spanische Botschafter damals Geld geschenkt. Es gab mehrere spanische Offiziere. Wie kam der spanische Einfluss nach der Rekatholisierung zum Ausdruck?
„In der Kunst wurden damals vor allem Heilige dargestellt, die aus verschiedenen Orden hervorgegangen sind – wie beispielsweise der Begründer des Jesuitenordens, der heilige Ignatius von Loyola. Es ist erwähnenswert, dass im Prager Emaus-Kloster 200 Jahre lang die Mönche aus dem spanischen Montserrat gelebt haben. Diese Tatsache beeinflusste natürlich die Themen der Gemälde und überhaupt die Kunst, die dort damals entstanden ist. Es ist beispielsweise eine Monstranz erhalten geblieben, auf der der heilige Ignazius und der heilige Franz Xaver abgebildet sind.“Das wohl bekannteste Kunstwerk spanischer Abstammung ist das Prager Jesulein. Die Plastik stammt aus Spanien, der Kult des Prager Jesuleins hat sich jedoch erst später in Prag entwickelt, und die Figur ist heutzutage vor allem in Lateinamerika sehr bekannt.
Die Ausstellung „Das spanische Prag“ ist auf der Prager Burg bis zum 28. Juni zu sehen. Im heutigen Spaziergang war im Zusammenhang mit den spanischen Einflüssen auf das Leben in Prag der heilige Ignatius von Loyla erwähnt. Diesem Heiligen ist eine große Kirche im Prager Stadtzentrum geweiht. Falls Sie wissen, wo sich die Kirche befindet, können Sie es uns schreiben, denn so lautet die heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können.
Die richtige Antwort auf die Frage aus der letzten Ausgabe des „Spaziergangs“ im März lautet:
Im Prager Klementinum befindet sich die tschechische Nationalbibliothek. Ein Buch über Prag geht diesmal an Kurt Bräcklein aus Goldkronach. Herzlichen Glückwunsch!