"Das Winterklavier" - Gertrude Goepferts schwarz-weißer Gedichtband

"Das Winterklavier". So lautet der Name einer Gedichtsammlung, die der tschechische Buchverlag Atlantis seinen Lesern für die langen Abende dieses Winters anbietet. Autorin der Gedichte und gleichzeitig auch der Illustrationen ist Gertrude Goepfert, eine Dichterin tschechischer Herkunft, die fast ihr ganzes Leben im deutschen Exil verbrachte und aus dem Bedarf nach ihrer Muttersprache heraus zu dichten begann. Markéta Maurová hat gemeinsam mit Gertrude Goepfert in der Sammlung geblättert.

Sie haben als Titel Ihres Buches den Namen eines Gedichts gewählt, und zwar das "Winterklavier". Ich habe im Buch zunächst nach diesem Gedicht gesucht und war dann ein bisschen überrascht. Ich habe erwartet, dass ich dort Musik finde, aber die Assoziation mit dem Klavier, das sind wahrscheinlich die Farben, Schwarz und Weiß. Sonst findet man darin Melancholie, versteinerte Träume... Wie wichtig sind für Sie die Träume, die dann irgendwann real werden?

"Ich glaube, eben diese Art Träume entsteht im Winter, wo man sich zu Hause, in der Wärme, kuschelig fühlt, und dann kann man sich frei entfalten, also frei herumfliegen. Sie haben völlig Recht, dass Sie den Kern dieses Gedichtes gefunden haben, das sind die Farben, um das Schwarz-Weiße und die Klaviatur, das hat mich so inspiriert. Im Winter sieht man doch die schwarzen Bäume und die weiße Erde, und die anderen Farben noch dazu. Genauso ist es am Klavier. Und dazu noch die Musik, das schon. Und das sind die Träume, die da herumfliegen."

Eines der Motive, die in den Gedichten sehr häufig vorkommen, das ist die Heimat, das Zuhause, die Erinnerung an die Kindheit. War das für Sie eine bestimmte Art und Weise, die Beziehung zur Heimat zu erhalten?

"Nicht erhalten - sie ist erhalten geblieben - aber wie man sie kundgeben kann, wie man sie öffentlich ausdrücken kann, bekannt geben kann."

Erinnerungen an die Region, wo man die Kindheit verbracht hat, findet man bei vielen Autoren. Auch bei denen, die regelmäßig in diese Gegend zurückkehren können. Aber wenn man ganz woanders lebt, dann muss dieses Verhältnis viel stärker sein.

"Das vielleicht schon, aber mir fehlt immer, wenn ich irgendwo wohne, die Geborgenheit. Die brauche ich überall. Und es muss nicht unbedingt die Heimat sein, in der ich die Kindheit verbracht habe. Ich suche diese Gefühle überall und immer. Und ich bin fähig, auch in New York oder wo ich sonst noch war, zu Hause zu sein, so weit zu suchen, bis diese Gefühle wieder kommen. Es gelingt nicht immer, aber Sie verstehen, was ich meine. Man kann nicht zurückkehren. Man muss die Heimat immer da suchen, wo man ist."

Sie hörten Gertrude Goepfert. Wenn Sie mehr über das Lebensschicksal dieser Dichterin erfahren möchten, dann schalten Sie am Sonntag Radio Prag ein, wo die Autorin in unserem Kultursalon zu Gast sein wird.