Debatte um Spolana zieht immer weitere Kreise
Das abermalige Entweichen giftigen Chlorgases am vergangenen Freitag hat der Diskussion um die Chemiefabrik Spolana bei Neratovice neue Nahrung gegeben. Hören Sie dazu einen Bericht von Gerald Schubert.
"Das Problem ist wieder, dass Spolana das herunterspielt und nicht mit den Fakten auf den Tisch kommt. Das wirklich größte Problem, das wir mit Spolana haben, ist, dass man immer noch nicht begriffen hat, dass Offenheit mehr bringt als ständiges Herunterspielen."
Vergangenen Freitag entwich aus Spolana zum zweiten Mal giftiges Chlor. Und die Diskussion darüber, wer für vergangene Schritte verantwortlich zu machen und für künftige kompetent sei, und wie vor allem ein krisentaugliches Informationsmanagement einer Chemiefirma auszusehen habe, diese Diskussion hat nun einen weiten Personenkreis erfasst. Das manifestiert sich beispielsweise in einer Auseinandersetzung zwischen dem Prager Oberbürgermeister Igor Nemec und dem Landeshauptmann der Region Mittelböhmen, Petr Bendl. Dabei geht es um die Frage, ob eigentlich die Behörden der Tschechischen Hauptstadt, unweit von Neratovice gelegen, rechtzeitig über mögliche Gefahren informiert wurden. Nemec behauptet nein. Bendl hingegen meint, Prag sei ohnehin zu keinem Zeitpunkt bedroht gewesen, und überdies hätte man sich ja telefonisch erkundigen können.
Die überregionale Politik ist von der Debatte mittlerweile ebenfalls voll erfasst. Innenminister Stanislav Gross hat sich dafür ausgesprochen, dass die Werksleitung abgelöst und Spolana direkt dem Mutterkonzern Unipetrol unterstellt werde. Auch Finanzminister Bohuslav Sobotka ortet in der bisherigen Spolana-Führung ein Versagen des Managements, und die Polizei hat ebenfalls bereits Ermittlungen aufgenommen.
Der nunmehr Verantwortliche, der Direktor des staatlichen Unipetrol-Konzerns Pavel Svarc, zeichnet mittlerweile ein vorsichtig optimistisches Bild von der Lage:
"Die gegenwärtige Situation in Spolana ist stabilisiert, das heißt, dass wir die restlichen Chlorbestände unter Kontrolle haben und die letzte Liquidierung der verbleibenden Reste vorbereiten. Das heißt, dass es zu keinem Entweichen mehr kommt, und dass alle Messungen, einerseits von Emissionen und andererseits in der Nähe des Objekts, im Wesentlichen Null ergeben."Das letzte Wort in der Angelegenheit ist aber sicher noch nicht gesprochen. Denn egal, welche Ergebnisse zukünftige Messungen noch bringen werden - der Streit um Kompetenzen und Verantwortlichkeiten wird gewiss prolongiert. Und wir werden Sie darüber natürlich auf dem Laufenden halten.