Der Lissabon-Vertrag im Abgeordnetenhaus – Rien ne va plus?

Javier Solana mit Karel Schwarzenberg (Foto: ČTK)

Das Tauziehen um den Lissabon-Vertrag nimmt kein Ende. Heute soll dazu eine außerordentliche Sitzung des Abgeordnetenhauses stattfinden. Doch die Situation ist kompliziert. Es sieht nach Remis aus. Radio Prag über die Hintergründe.

Javier Solana mit Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Zwei internationale Verträge sind es, welche die Tschechische Republik und die Internationale Gemeinschaft nicht zur Ruhe kommen lassen: Der EU-Vertrag von Lissabon und der Vertrag über das US-amerikanische Raketenabwehrradar in Tschechien. Das politische Gezank um die Ratifizierung beider Dokumente hat im Abgeordnetenhaus zu einer Pattsituation zwischen Regierung und Opposition geführt. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hat da persönlich mehr Klarheit, wie er am Montag in Brüssel durchblicken ließ.

„Für mich sind der Vertrag von Lissabon und der Vertrag über das amerikanische Radarsystem in Tschechien gleich wichtig. Meiner Meinung nach ist es wichtig für die Sicherheit der Tschechischen Republik, dass beide Verträge angenommen werden.“

Am Dienstag haben die Sozialdemokraten eine außerordentliche Sitzung des Abgeordnetenhauses veranlasst. Das Thema: Der Lissabon-Vertrag. Die Situation in Tschechien ist so einfach wie kompliziert. Die regierenden Bürgerdemokraten (ODS) sind für das Radar, in der Frage des Lissabonvertrags aber gespalten. Die oppositionellen Sozialdemokraten sind für den Lissabonvertrag, aber gegen das Radar. Und die Opposition besitzt ein gewichtiges Druckmittel. Denn eine sichere Parlamentsmehrheit hat die Regierung in beiden Fragen nicht. Die Konstellation bietet also Raum für politische Schachzüge. Und noch eines kommt hinzu: Über allem schwebt wie eine dunkle Wolke die tschechische EU-Ratspräsidentschaft ab Januar. Sollte der Lissabon-Vertrag in diesem Jahr nicht mehr ratifiziert werden - so die Sozialdemokraten - lehnen sie es ab, mit der Regierung einen Frieden für die tschechische EU-Präsidentschaft abzuschließen. Viel steht also auf dem Spiel und rien ne va plus – nichts scheint mehr zu gehen.

Foto: Europäische Kommission
Der Sozialdemokrat Jan Hamáček, Chef des außenpolitischen Ausschusses im Abgeordnetenhaus, versteht nicht, warum Topoláneks Bürgerdemokraten den Lissabon-Vertrag auf die Lange Bank schieben:

„Ich habe die Verzögerung der ODS so verstanden, dass sie in keinem Fall über den Lissabon-Vertrag vor ihrem Kongress abstimmen wollten. Der Kongress ist vorbei. Ich denke, damit ist diese Hürde beseitigt.“

Der Parteitagsbeschluss der ODS legt Folgendes fest: Die Abgeordneten sollen nach bestem Wissen und Gewissen über den Lissabon-Vertrag entscheiden. Und: Der Radar-Vertrag genießt Vorrang. Beim Radar ecken die Konservativen aber auch schon bei ihren kleineren Koalitionspartnern an. Die Christdemokraten und die Grünen sind zwar für den Lissabon-Vertrag. Was das Radar betrifft, wollen sie aber lieber auf den neuen US-Präsidenten Obama warten. Der tritt sein Amt aber erst im Januar an. Nach Beginn der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft.

Rien ne va plus, nichts geht mehr? Das gilt möglicherweise auch nun im Abgeordnetenhaus. Einige Bürgerdemokraten wollen die Lissabon-Sitzung blockieren.