EU-Reformkrise: Für Premier Topolánek kein Hindernis für Erweiterung
Am Montag hat der tschechische Premier Mirek Topolánek seine Sommertour durch einzelne Ministerien fortgesetzt, bei der er sich – wie es offiziell heißt –über die Umsetzung des Regierungsprogramms in die Praxis erkundigt. Diesmal war das Außenministerium dran und damit auch das Treffen mit zwei Kabinettsmitgliedern – Außenminister Karel Schwarzenberg und Vizepremier Alexandr Vondra, zuständig für europäische Angelegenheiten. Beim anschließenden Treffen mit Journalisten ging Topolánek unter anderem auch auf aktuellpolitische Themen ein.
„Die EU-Erweiterung hängt nicht direkt mit dem Lissabon-Vertrag zusammen. Bereits im Vertrag von Nizza war der Beitritt Bulgariens und Rumäniens vorgesehen. Es wäre also möglich, diesen Vertrag formal um ein Dokument zu ergänzen, auf dessen Grundlage zum Beispiel Kroatien der EU beitreten könnte. Das ist ja das nächste Land, um das es geht. Wo es drei Kinder gibt, passt auch ein viertes hinzu.“
Anders gesagt: Wo 27 Staaten funktionierten, wenn auch mit Komplikationen, könnten auch 28 funktionieren, meinte der tschechische Premier. Damit wandte er sich gegen den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, also den derzeitigen EU-Ratspräsidenten. Sarkozy hatte gesagt, für die Erweiterung sei die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags durch alle 27 EU-Staaten erforderlich. Von der französischen Seite – so Topolánek wörtlich – sei dies, wenn nicht direkt eine Erpressung, dann aber eine starke Druckausübung.
Gleichzeitig aber bezeichnete der Regierungschef die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags genauso wie die Billigung des kürzlich unterzeichneten tschechisch-amerikanischen Vertrags über die Radarabwehranlage als Priorität der tschechischen Außenpolitik. Topolánek wies auch den Vorwurf der Opposition zurück, er wolle beide Dokumente in einem Deal „Lissabon gegen Radar“ miteinander verbinden.„Ich wiederhole, ich habe nie die Ratifizierung des Lissabon- und des Radar-Vertrags miteinander verknüpft. Ich habe nur konstatiert, dass ein Teil der bürgerdemokratischen Abgeordneten und Senatoren im Falle der Nicht-Ratifizierung des Radar-Vertrags Probleme bei der Abstimmung über den Lissabon-Vertrag haben könnte.“
Er selbst sei an der Ratifizierung beider Dokumente interessiert, betonte Topolánek. Bevor der Lissabon-Vertrag jedoch ins Parlament kommt, wird im September noch das Verfassungsgericht in Brünn sein Urteil zu dem Dokument bekannt geben. Abgeordnete von Topoláneks Partei, den Bürgerdemokraten, hatten das Gericht angerufen, um die Kompatibilität des Vertrages mit der tschechischen Verfassung zu prüfen.