Der Martinswein ist (schon) da!
Die ersten Weine des Jahres kommen am Freitag in die Läden. Damit startet der Verkauf des sogenannten Martinsweins nicht wie traditionell am Martinstag, sondern bereits drei Tage früher. Das hat viel mit Marketing zu tun, aber auch mit dem Klima.
„Darüber gab es im Vorfeld hitzige Diskussionen. Der Weinfonds, der die Schutzmarke ‚Martinswein‘ vergibt, war ursprünglich gegen einen früheren Termin. Viele Verbraucher, Gastwirte und Winzer haben aber damit argumentiert, dass der Martinstag erst am Montag sei, viele Weinfeste aber schon für das Wochenende geplant wären. Deshalb hat sich der Weinfonds dazu entschlossen, den Verkauf der Martinsweine ausnahmsweise schon ab 8. November zu ermöglichen.“
Der Martinswein ist, wie Sommelier Babisz bereits angedeutet hat, ein besonderes Siegel des staatlichen Weinfonds. In diesem Jahr haben dieses 366 Tropfen von 77 Winzern erhalten. Insgesamt gehen so über zwei Millionen Flaschen des pubertierenden Weines, wie es einmal ein anderer tschechischer Sommelier ausgedrückt hatte, am Freitag in den Verkauf. Dabei ist das frühere Verkaufsdatum nicht nur ein bloßer Marketing-Gag. Denn die Winzer waren wegen des guten Wetters schon etwas früher fertig mit ihren Tropfen als in den Vorjahren. Ist deshalb auch mit einem sehr guten Jahrgang 2019 zu rechnen?„Die Erträge waren mit die niedrigsten in den vergangenen zehn Jahren. Im Vergleich zum sehr starken vergangenen Jahr wurden rund 25 bis 30 Prozent weniger Trauben gelesen. Nichtsdestotrotz waren der September und Oktober wichtig für die Winzer, und da war das Wetter ideal. Die Trauben konnten also zu einer sehr guten Qualität heranreifen. Deshalb wird der jetzige Jahrgang sehr interessant werden. Die Winzer vergleichen ihn sogar mit dem Jahrgang 2013, der wirklich der beste war in den vergangenen zehn Jahren.“
Den Martinswein sollte man übrigens bis allerspätestens Ostern ausgetrunken haben. Denn nur bis dahin behält er seine typische Frische. Manche geben ihm sogar nur Zeit bis Silvester. Besonders gut schmecken die jeweiligen Rosé-Weine natürlich zur Martinsgans. Diese wird wohl bei den meisten Tschechen als Festessen am Sonntag auf dem Tisch stehen.Doch zurück zum Klima. Denn die höheren Durchschnittstemperaturen in den vergangenen Jahren verführen zur Frage, ob das nicht auch den Weinbau hierzulande verändern könnte. Derzeit werden in Tschechien vor allem weiße Rebsorten gezogen, insbesondere Müller Thurgau und Grüner Veltliner. Dass es in Zukunft vielleicht auch verstärkt mit einem Merlot klappt, hält Marek Babisz nicht für unwahrscheinlich:
„Man muss sich mal anschauen, in welchem Zeitraum die Weinlese vor 10, 15 Jahren stattgefunden hat. Damals fing man Mitte September an, und Schluss war dann Ende November. Heutzutage fällt der Startschuss hingegen schon Ende August, und fertig ist man ungefähr Mitte Oktober. Die Verschiebung ist also deutlich. Da man die Weinreben für mindestens 30 Jahre einsetzt, überlegen viele Winzer derzeit, welche Sorten sie als nächstes anbauen wollen. Nicht wenige tendieren mittlerweile tatsächlich eher zu roten Sorten, da die klimatischen Bedingungen hierzulande das immer mehr ermöglichen.“