Der Prager Zoo hilft Australien
Auch aus Tschechien kommt Hilfe für die Opfer der verheerenden Buschbrände in Australien. Besonders engagiert ist dabei der Tiergarten der tschechischen Hauptstadt. Dabei geht es aber außerdem um eine langfristige Kooperation mit Down Under.
„Am Freitag habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, wie wir uns nützlich machen könnten. Schon am Montag haben wir auf Facebook einen Aufruf gestartet, dass unsere Fans einen Fonds der Tiergärten im Staat Victoria unterstützen sollen. Dieser finanziert Tierärzte, die in den Krisengebieten Tiere retten.“
Doch dieser Spendenaufruf reichte schon bald nicht mehr. Deshalb entschied sich der Prager Zoo, selbst Geld zu sammeln für die australische Tierwelt:
„Die Leute wollten direkt über den Zoo in Prag helfen. Wir haben in wenigen Stunden ein Unterkonto unseres Fonds ‚Helfen wir ihnen überleben‘ zum Schutz von bedrohten Tierarten eingerichtet. Das fand regen Zuspruch, denn nach nur wenigen Tagen lagen dort rund 1,6 Millionen Kronen. Ich war sehr überrascht vom Erfolg der Sammlung. Insgesamt ermöglicht uns das aber, ganz entscheidend beizutragen zur Rettung der bedrohten Tiere in Australien.“
Außerdem unterstützt der Prager Magistrat die Spendenaktion des Zoos, indem er für jede verkaufte Eintrittskarte drei Kronen an die zentrale Tierparkverwaltung des Staates Victoria spendet.Der Mensch als Problem für das Ökosystem
Die anhaltenden Buschbrände in Australien sind verheerend. Australische Forscher gehen davon aus, dass zwischen einer halben und einer ganzen Milliarde Tiere durch die Feuer getötet wurden. Laut Miroslav Bobek sind diese Zahlen aber mit Vorsicht zu genießen:
„Diese Angaben sind schon ein bisschen forciert von den Medien. Denn jeder will immer genau wissen, wie viele Opfer es bei solchen Katastrophen gibt. Insgesamt sind die Schätzungen nur sehr grob. Ich kann das damit illustrieren, wie schwer es allein ist, die gezüchteten Tiere in unserem Tierpark zu zählen. Da muss man letztlich feststellen, wie viele Jungen beispielsweise die Waldspitzmäuse oder ähnlich winzige Arten haben. Wenn dann noch alle freilebenden Arten auf dem Zoogelände dazukommen, das wird schon zum Problem. In Bezug auf die gewaltige Fläche Australiens gerechnet, ergeben sich natürlich enorme Zahlen – die eigentlich sehr bildlich das Ausmaß der Katastrophe verdeutlichen. Aber die Werte sind halt nicht ganz präzise.“
Ohne Frage seien die derzeitigen Feuer außergewöhnlich stark, so der Zoo-Chef. Er weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die australische Natur ohne die Buschbrände nicht bestehen könnte. Ein Beispiel wären zahlreiche Pflanzen, die erst durch das Feuer keimen, da ihre Samen sonst nicht aus der Frucht ausbrechen können. Auf der anderen Seite seien zahlreiche Tierarten durch die Katastrophe vom Aussterben bedroht, konstatiert Bobek. Das reicht vom Kleinkänguru bis hin zu den Beutelmäusen. Doch die Gründe für die ziemlich aussichtslose Lage liegen laut dem Zoologen nicht allein in den Feuern, sondern im Zusammenleben der Tiere mit den Menschen:„Das Ökosystem dort ist eigentlich auf solche Buschbrände vorbereitet und wird damit fertig. Auch wenn die jetzigen Feuer ein noch nie dagewesenes Ausmaß haben. Warum das so ist, da gibt es ja so einige Theorien und Spekulationen. Für die Natur wird es insgesamt aber immer schwieriger, solche Ereignisse zu verdauen, da ihr Gleichgewicht gestört ist. Als Beispiel können wir die Koalas nehmen. Früher lebten sie überall, wo es Eukalyptusbäume gab. Dann wurden sie aber gejagt – die Felle waren in England sehr beliebt – und ihr Lebensraum wurde massiv verändert. Heute leben einige Populationen isoliert und sie kommunizieren nicht mehr miteinander. Deshalb sagen einige Forscher – obwohl ich das für etwas übertrieben halte –, dass die Koalas in freier Wildbahn faktisch schon ausgestorben sind.“
Abgesehen davon gebe es indirekt noch weitere durch den Menschen verursachte Gefahren für die ursprüngliche Fauna in Australien, erklärt Bobek:„Klar haben es die Tiere schwer, da sich ihr Lebensraum so stark gewandelt hat. Das sehen wir ja wie gesagt sehr deutlich bei den Koalas. Wenn die Tiere jetzt aber vor den Bränden fliehen, dann wartet eine ebenso große Gefahr auf sie wie das Feuer selbst – es sind Katzen und Füchse. Diese eingeschleppten Raubtiere dezimieren massiv die Bestände der heimischen Beuteltiere. Durch die Brände wird ihnen die Beute direkt in die Pfoten getrieben und die Jäger haben ein richtiges Festmahl. Insgesamt ist das ein gewaltiges Problem.“
Hilfe für die Retter und den Artenerhalt
Wo aber sollen die Spenden konkret eingesetzt werden? Einerseits soll damit der Tierpark-Fonds des Staates Victoria unterstützt werden. Mit diesem gibt es schon seit langem enge Kontakte, so Bobek. Aber auch den Helfern vor Ort soll unter die Arme gegriffen werden:
„Wir wollen an die sogenannten AARs spenden, was eine Art Rettungsdienst für Tiere ist. Die Organisation ist in ganz Australien aktiv. Ein Teil der Gelder geht also an die unmittelbare Hilfe vor Ort. Leider müssen wir davon ausgehen, dass die Brände noch eine längere Zeit toben werden.“Doch soll den Tieren nicht nur kurzfristig geholfen werden. Miroslav Bobek wünscht sich eine langfristige Zusammenarbeit mit den Kollegen in Australien, um dort einen Beitrag zum Erhalt der einzigartigen Arten zu leisten:
„Über einen längeren Zeitraum hinweg wollen wir einer bestimmten Art helfen, die wir zum Flaggschiff erklären. Derzeit gibt es als Favoriten sieben Tierarten, aus denen wir schon bald eine auswählen wollen. Das soll so ein Symbol sein für die Hilfe, die von der tschechischen Öffentlichkeit in Richtung Australien geht.“
Ein besonderes Augenmerk soll aber auch den Koalas gelten, die ja das Gesicht der derzeitigen Brandkatastrophe geworden sind. Man denke nur an die vielen Fotos von verzweifelten Tierchen, die um ihre Leben ringen. Der Prager Zoo will deshalb die australischen Kollegen bei einer Wiederbelebung der Koala-Bestände unterstützen.
Tasmanische Teufel für Prag
Der Prager Zoo arbeitet bereits jetzt mit den Tiergärten in Down Under zusammen. Miroslav Bobek selbst outet sich als großer Australien-Fan, und das nicht nur wegen der einzigartigen Tierwelt. Dort sei alles irgendwie in Ordnung, meint der Prager Zoodirektor. Daher sollen nun auch die Besucher des Tiergartens an der Moldau ein wenig von der Atmosphäre vom anderen Ende der Welt mitbekommen:„Ich kenne den Staat Victoria sehr gut und auch die Insel Tasmanien. Die Beziehungen mit den Behörden dort sind derzeit besonders intensiv, da wir sehr stark den Schutz der Tasmanischen Teufel fördern. Dieser ist ja das größte Beutelraubtier, seitdem der Beutelwolf ausgerottet wurde. Als zweiter Zoo in Europa überhaupt hatten wir das Glück, Tasmanische Teufel zu bekommen. Sie sind bereits bei uns, wir wollen sie aber erst mit dem Start der neuen Saison Ende März präsentieren. Dann eröffnen wir auch den ‚Darwin-Krater‘ bei uns, also die tasmanisch-australische Ausstellung.“
Der Tasmanische Teufel ist derzeit von einer ansteckenden Tumor-Erkrankung bedroht, weswegen die Behörden auf der Insel für den Arterhalt möglichst viele der angriffslustigen Tiere außer Landes schaffen wollen. Im Zoo Prag entsteht derzeit eine Nachbildung des Darwin-Kraters, eines gigantischen Einschlagsloches im Westen der Insel. Miroslav Bobek wollte sich selbst ein Bild vom Lebensraum des neuen Zoo-Bewohners machen und ist deshalb ganz weit in den Süden gereist. Das sei schließlich recht abenteuerlich geworden, wie der Prager Zoo-Chef zugibt:„Auf irgendeinem Blog haben wir gelesen, wie furchtbar der Abstieg in den Krater sei – überall nur Schlangen, Insekten und Blutegel. Wir standen dann am ersten Tag am Rand der Schlucht und sind wieder zurück in unser Lager. Die Idee, den Krater vom Flugzeug aus zu fotografieren, erwies sich als nicht realisierbar. Am zweiten Tag haben wir uns dann doch heruntergewagt. Es ist ein einmaliges Erlebnis, denn dort herrscht absolute Wildnis. Schlangen haben wir Gott sei Dank keine getroffen und Insekten waren auch nicht viele dort – dafür aber umso mehr Blutegel. Wir haben alles fotografiert und dokumentiert, und wir konnten sogar das Vorkommen von Tasmanischen Teufeln nachweisen. Aber leider nur anhand ihres Kots.“