Der umstrittene Amtsinhaber

Miloš Zeman (Foto: ČTK)
0:00
/
0:00

Staatspräsident Miloš Zeman kämpft um eine zweite Amtszeit. Bestimmte Versprechen konnte er aber nicht einhalten.

Miloš Zeman  (Foto: ČTK)
Er wolle Präsident der „unteren zehn Millionen“ sein – dies ist eines der am häufigsten bemühten Zitate von Miloš Zeman. Im Wahlkampf für seine erste Amtszeit hat er dies mehrfach wiederholt. Politologe Ladislav Cabada von der Metropolitan University in Prag findet aber, dass Zeman sein Versprechen nicht eingehalten hat:

„Seine praktische Politik war ging in eine andere Richtung. Sehr häufig hofierte er die Größen der Wirtschaft in Tschechien.“

Dabei liegen die politischen Anfänge von Zeman im linksgerichteten politischen Spektrum. Während des Prager Frühlings trat er der Kommunistischen Partei bei, wurde aber 1970 – zu Beginn der erneuten repressiven Phase – wieder aus der KPTsch ausgeschlossen.

Zeman hat Wirtschaftswissenschaften studiert und war zu kommunistischen Zeiten bei ökonomischen Planungsbetrieben beschäftigt. Während der Samtenen Revolution engagierte er sich recht bald im Bürgerforum, trat dann der neu gegründeten Sozialdemokratischen Partei bei. Dort erlebte er eine steile Karriere, von 1993 bis 2001 war er Vorsitzender der Partei. Von 1998 bis 2002 stand er als Premier zudem einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung vor. Ladislav Cabada hat seit diesen Zeiten einen Wandel in Zemans politischer Orientierung ausgemacht:

Ladislav Cabada  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Als Parteivorsitzender der Sozialdemokraten hat er mehrfach gesagt, er sei ein liberal orientierter Sozialdemokrat. Ich würde aber behaupten, dass er sich in den vergangenen fünf Jahren zunehmend in Richtung einer nationalkonservativen Position bewegt hat.“

Konkret, so Cabada, ließe sich diese politische Richtung mit den Volkssozialisten des früheren Präsidenten Edvard Beneš aus der Zeit vor und nach dem Krieg vergleichen.

„Typisch sind dabei eine sozial geprägte Politik mit nationalistischer Rhetorik, die sich gegen das Kosmopolitische und Integrationsprozesse richtet.“

Dazu gehören auch rechtspopulistische Positionen, die Zeman vehement und immer wieder vertritt. In Bratislava nahm er beispielsweise vor knapp zwei Jahren an einer Konferenz teil und sagte dort:

Foto: Barbora Němcová
„Die islamischen Immigranten lassen sich nicht in die europäische Kultur integrieren, geschweige denn assimilieren.“

Während seine Anhänger anscheinend genau das hören wollen, hat er auch mit solchen Ansichten sein Land an die politische Peripherie der EU geführt. So wird er im Westen in einem Atemzug genannt mit Kaczyński in Polen oder Orbán in Ungarn. Dabei hatte sich Zeman bei Amtsantritt 2013 noch als „Europa-Föderalisten“ bezeichnet und zusammen mit dem damaligen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso demonstrativ die Europa-Flagge über seinem Amtssitz in Prag gehisst.

„In Brüssel und in den wichtigen Hauptstädten der EU war erwartet worden, dass Tschechien mit Zeman einen neuen Kurs in der europäischen Politik einschlägt. Dass er eine pro-europäische Orientierung zeigt. Schließlich hatte er ja das Wort vom Europaföderalisten benutzt. Doch die Praxis sah anders aus. Ich würde sagen, Tschechien und der tschechischen Präsident gelten momentan – gemeinsam mit Ungarn und Polen – als die ‚Troublemaker‘ in der EU“, urteilt Politologe Cabada.

Illustrationsfoto: Brigitte Werner,  Pixabay / CC0
Aber auch im Land selbst ist Zeman umstritten. Immer wieder führt sein Verhalten zu einem Aufschrei in Teilen der tschechischen Gesellschaft. Ob er im Interview vulgär beziehungsweise ausfällig wird oder Behauptungen aufstellt, deren Beweis er schuldig bleibt – seine Anhänger und seine Gegner finden keinerlei Konsens. Das betrifft auch Zemans Außenpolitik. Im Unterschied zum deutschen Präsidenten prägt das tschechische Staatsoberhaupt traditionell diese nämlich mit. Ladislav Cabada:

„Da lässt sich wirklich von einer Wende reden. Zeman tendiert zur Kooperation mit dem kommunistischen China, mit Putins Russland und mit weiteren antiliberalen politischen Regimes in Mittelasien oder am Kaukasus.“

Diese Hinwendung können viele Menschen hierzulande nicht verstehen – vor allem jene, die die unbedingte Westorientierung aus Václav Havels Zeiten befürworten.

Selbst Ano-Parteichef Andrej Babiš hat im Sommer gesagt, Zeman spalte die tschechische Gesellschaft und gefalle sich auch noch darin. Das hat den heutigen Premier aber übrigens nicht abgehalten, kurz vor der Wahl für Zeman die Werbetrommel zu rühren.