Deutsch-tschechische Kooperation in Corona-Zeiten
Die Schlagbäume sind runter, und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ruht. Das könnte man meinen, aber dem ist nicht so. Beim Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds hat man sich einen Überblick verschafft. Dabei ist allerdings auch herausgekommen, dass die Coronakrise bestimmte Menschen und Projekte im tschechisch-deutschen Austausch besonders bedroht. Deswegen wurden Sondermittel bereitgestellt.
„Wir haben uns zunächst sehr darüber gefreut, dass wir bei den üblichen Projekten zur letzten Frist rund 160 neue Anträge bekommen haben. Das zeigt, dass das Interesse, sich auch in Corona-Zeiten zu begegnen und auszutauschen, nicht nachgelassen hat.“
Parallel haben Jelínek und die deutsche Geschäftsführerin Petra Ernstberger aber begonnen, sich Gedanken zu machen, welches die möglichen Folgen der Corona-Pandemie sein könnten…
„…weil wir das Gefühl hatten, es kann während der geschlossenen Grenzen auch das gegenseitige Vertrauen gefährdet sein“, wie Tomáš Jelínek sagt.Deswegen hat der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds eine Sonderförderung beschlossen. Die Gesamtsumme liegt bei 373.000 Euro. Sie richtet sich an all jene in den tschechisch-deutschen Beziehungen, die durch die Corona-Pandemie nun bedroht sind – das kann gesundheitlich sein, wie auch sozial oder finanziell. Herausgekommen sind drei Zielgruppen:
„Klar ist, dass dazu die in Tschechien lebenden Opfer des Nationalsozialismus gehören. Sie sind wegen ihres Alters und den Folgen der NS-Verfolgung sehr gefährdet.“
Des Weiteren zählen dazu die zahlreichen Brückenbauer auf beiden Seiten, die zu großen Teilen freiberuflich tätig sind…„Viele von ihnen sind jetzt in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wegen der geschlossenen Grenzen und der geschlossenen Bühnen und Konzertsäle müssen sie zu Hause sitzen und haben keinen Verdienst.“
Allerdings, so der Geschäftsführer, habe sich bisher niemand direkt an den Zukunftsfonds mit der Bitte um Hilfe gewandt. Ohnehin versuchten zahlreiche Initiativen, sich auf die Lage einzustellen:
„Bei den sozusagen regulären Projekten waren wir begeistert von der Flexibilität der Leute. Sie bemühen sich, die ursprünglichen Vorhaben anzupassen und online zu gehen. Sie streamen vielleicht auch Vorstellungen oder bereiten weitere Projekte per Videokonferenz vor. Es ist wunderbar zu sehen, wie wenige Vorhaben bisher definitiv abgesagt wurden. Die Leute verschieben die Termine und finden auch neue Wege des Austauschs.“
So seien gerade online auch erste neue Kontakte zustande gekommen, betont Jelínek.
Als dritter Bereich sollen Institutionen aus den Grenzgebieten gefördert werden, die sich im sozialen und gesundheitlichen Bereich engagieren. Der tschechische Geschäftsführer nennt ein Beispiel aus Nordböhmen, an der Grenze zu Sachsen:„Evelin Maria Habel leitet im Schluckenauer Zipfel die regionale Caritas. Sie weiß genau, ob es jetzt besser ist, Kinder aus sozial schwachen Familien, Obdachlose oder alleinstehende Mütter zu unterstützen. Wir sind mit solchen Leuten in Kontakt, und sie haben eine Fülle von Ideen.“