Deutsche im Isergebirge nach 1989

Irena Novák und Petra Laurin (Foto: Martina Schneibergová)
0:00
/
0:00

Ein Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Isergebirge vertrieben. Eine Ausstellungsreihe im Prager Haus der Minderheiten dokumentiert seit einiger Zeit das Schicksal derjenigen, die geblieben sind. Nun ist der vierte Teil der Serie zu sehen, der sich mit der Zeit nach der Wende von 1989 befasst. Irena Novák stammt aus Jablonec nad Nisou / Gablonz, sie leitete Jahre lang den Kulturverband der tschechischen Bürger deutscher Nationalität. Sie hat die Ausstellung gemeinsam mit Petra Laurin zusammengestellt. Auch sie stammt aus dem Isergebirge und leitet derzeit das Haus der Deutsch-Tschechischen Verständigung in Rýnovice / Reinowitz. Nach der Vernissage hat Martina Schneibergová mit Petra Laurin und Irena Novák gesprochen.

Foto: Martina Schneibergová

Irena Novák und Petra Laurin  (Foto: Martina Schneibergová)
Frau Novák, Frau Laurin, es wurde soeben eine Ausstellung über die Deutschen im Isergebirge nach der Wende von 1989 eröffnet. Es handelt sich um den vierten Teil einer Serie von Ausstellung zur Geschichte der Deutschen in dieser Region. Worauf haben Sie sich in diesem abschließenden Teil konzentriert, Frau Novák?

„Der vierte Teil dokumentiert die Zeit von der Samtenen Revolution bis in die Gegenwart. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es plötzlich die Möglichkeit, offiziell viele Freundschaften und Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Dies betrifft unter anderem die Partnerschaft zwischen Gablonz und einem Stadtteil von Kaufbeuren, der den Namen Neugablonz trägt.“

Haben die Gemeinden und Städte im Isergebirge auch andere Partnerstädte, Frau Laurin?

Foto: Martina Schneibergová
„Ja, Gablonz pflegt auch mit Bautzen und mit Zwickau Kontakte, wobei die Partnerschaft mit Kaufbeuren die neueste der Partnerschaften ist. Aber Firmen sowie Musik- und Sportvereinen haben schon unter dem kommunistischen Regime miteinander geredet, aber das wurde geheim gehalten.“

Sie leiten das Haus der Deutsch-Tschechischen Verständigung in Reinowitz. Kommen oft Besucher aus den Partnerstädten zu Ihnen?

„Ja, wir sind wirklich eine Begegnungsstätte. Bei uns treffen sich die verbliebenen mit den vertriebenen Deutschen. Zudem organisieren wir zahlreiche Ausstellungen. Es werden bei uns auch Sprachkurse angeboten. Jetzt wird über ein neues Projekt diskutiert, und zwar über die Möglichkeit, eine deutsch-tschechische Schule in Gablonz zu gründen. Dort soll schon ab der ersten Klasse Deutsch gelehrt werden.“

Foto: Martina Schneibergová
An wen richtet sich die Wanderausstellung, Frau Novák?

„Sie wurde für tschechische sowie deutsche Besucher zusammengestellt. Sie ist zweisprachig. Wir werden sie anschließend in Schwäbisch Gmünd zeigen. Die einzelnen Teile der Ausstellung haben wir immer auch beim Sudetendeutschen Tag gezeigt. In Wien war jetzt der dritte Teil der Schau im Haus der Heimat zu sehen.“

Wie groß ist hierzulande und im Ausland das Interesse an Ausstellung?

„Es ist unterschiedlich. Meist kommen Leute, die das Thema kennen und damit etwas zu tun haben. Da die Ausstellung jetzt im Haus der Minderheiten zu sehen ist, wo viele Gäste und Vertreter anderer Minderheiten kommen, werden sie sich bestimmt auch viele andere Menschen anschauen.“

Interessiert sich die jungen Leute überhaupt für die Geschichte der deutschen Minderheit?

„Die jungen Menschen hier entdecken in der Gegenwart, dass diese Geschichte früher nicht erwähnt wurde. Das Interesse ist größer geworden. Aber die Jungen haben heute viel mehr Möglichkeiten, nach Erkenntnissen zu suchen, viel finden sie im Internet. Es wird zweifelsohne auch unter ihnen wieder einige geben, die die Geschichte der Deutschen ansprechen und sich damit tiefer beschäftigen werden.“

Die Ausstellung über das Schicksal der Deutschen im Isergebirge nach 1989 ist im Haus der Minderheiten in Prag bis 10. Januar 2019 zu sehen. Das Haus befindet sich in der Straße Vocelova Nr. 3 nahe der Metro-Haltestelle I.P. Pavlova.

Gibt es neben dem Haus in Reinowitz auch andere Begegnungszentren im Isergebirge, Frau Laurin?

„Ja, es gibt ein ähnliches Begegnungszentrum in Reichenberg. Dazu gehören auch Ortsgruppen aus der Umgebung – aus Grottau, Kratzau und anderen Gemeinden.“